werde ich in meiner Angst nicht verspottet werden Ach! laß mich an dich denken, mein Heiland, in meinem letz- ten peinlichen Durste laß mich an dich denken, und bey jedem Tropfen Erquickung, der mir eingeflößt wird, die Güte preisen, deren du mich im Tode würdigest.
Aber ich stelle mir vor, daß noch ein heftigerer Durst, als der Durst nach irdischem Labsal, meine Seele im To- de erfüllen wird. Ich mag in gesunden Tagen noch so leichtsinnig, noch so unbekümmert um meine Seele gewe- sen seyn, so weis ich doch, daß ich im Tode ernsthafter und vernünftiger denken werde. Wenigstens ist es mein sehn- lichster Wunsch, daß ich alsdann, wenn mich keine irdi- sche Erquickung mehr stärken wird, alsdann, wenn ich das Eitle und Leere in allen weltlichen Vergnügungen einsehen werde, wenn nun die ganze Welt mit allem Labsal zu un- zulänglich zur Sättigung meines Geistes seyn wird, alsdann wünsche ich, daß ich mit allen Begierden meines Her- zens nach den Gütern der Gnade und den Erquickungen der Ewigkeit dürsten möge Und dann, mein Heiland, laß mich nicht unbegnadiget, nicht unerquickt bleiben. Gieb mir alsdann was Grosses und Ewiges zu meiner Sätti- gung, und stille das unendliche Verlangen meiner Seele durch den Genuß jener im Himmel für mich aufbehalte- nen Seligkeiten. Ja dahin, dahin wird sich mein Geist sehnen, wenn er in der Welt nicht mehr Ruhe findet. Da- hin wird mein Glaube blicken, wenn vor meinen Augen alle irdischen Gegenständen verschwinden werden. Da, da wünsche ich zu seyn, wo ich ewig Gottes Angesicht schauen werde.
Vielleicht, wenn ich dem Tode nahe seyn werde, wird noch ein andres Verlangen in meiner Seele entstehen. Ich werde wünschen, daß mein Gatte, oder meine Kin- der, oder meine Freunde, oder diejenigen, die ich durch mei-
nen
Neun und dreyßigſte Betrachtung.
werde ich in meiner Angſt nicht verſpottet werden Ach! laß mich an dich denken, mein Heiland, in meinem letz- ten peinlichen Durſte laß mich an dich denken, und bey jedem Tropfen Erquickung, der mir eingeflößt wird, die Güte preiſen, deren du mich im Tode würdigeſt.
Aber ich ſtelle mir vor, daß noch ein heftigerer Durſt, als der Durſt nach irdiſchem Labſal, meine Seele im To- de erfüllen wird. Ich mag in geſunden Tagen noch ſo leichtſinnig, noch ſo unbekümmert um meine Seele gewe- ſen ſeyn, ſo weis ich doch, daß ich im Tode ernſthafter und vernünftiger denken werde. Wenigſtens iſt es mein ſehn- lichſter Wunſch, daß ich alsdann, wenn mich keine irdi- ſche Erquickung mehr ſtärken wird, alsdann, wenn ich das Eitle und Leere in allen weltlichen Vergnügungen einſehen werde, wenn nun die ganze Welt mit allem Labſal zu un- zulänglich zur Sättigung meines Geiſtes ſeyn wird, alsdann wünſche ich, daß ich mit allen Begierden meines Her- zens nach den Gütern der Gnade und den Erquickungen der Ewigkeit dürſten möge Und dann, mein Heiland, laß mich nicht unbegnadiget, nicht unerquickt bleiben. Gieb mir alsdann was Groſſes und Ewiges zu meiner Sätti- gung, und ſtille das unendliche Verlangen meiner Seele durch den Genuß jener im Himmel für mich aufbehalte- nen Seligkeiten. Ja dahin, dahin wird ſich mein Geiſt ſehnen, wenn er in der Welt nicht mehr Ruhe findet. Da- hin wird mein Glaube blicken, wenn vor meinen Augen alle irdiſchen Gegenſtänden verſchwinden werden. Da, da wünſche ich zu ſeyn, wo ich ewig Gottes Angeſicht ſchauen werde.
Vielleicht, wenn ich dem Tode nahe ſeyn werde, wird noch ein andres Verlangen in meiner Seele entſtehen. Ich werde wünſchen, daß mein Gatte, oder meine Kin- der, oder meine Freunde, oder diejenigen, die ich durch mei-
nen
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Neun und dreyßigſte Betrachtung.
werde ich in meiner Angſt nicht verſpottet werden Ach!
laß mich an dich denken, mein Heiland, in meinem letz-
ten peinlichen Durſte laß mich an dich denken, und bey
jedem Tropfen Erquickung, der mir eingeflößt wird, die
Güte preiſen, deren du mich im Tode würdigeſt.
Aber ich ſtelle mir vor, daß noch ein heftigerer Durſt,
als der Durſt nach irdiſchem Labſal, meine Seele im To-
de erfüllen wird. Ich mag in geſunden Tagen noch ſo
leichtſinnig, noch ſo unbekümmert um meine Seele gewe-
ſen ſeyn, ſo weis ich doch, daß ich im Tode ernſthafter und
vernünftiger denken werde. Wenigſtens iſt es mein ſehn-
lichſter Wunſch, daß ich alsdann, wenn mich keine irdi-
ſche Erquickung mehr ſtärken wird, alsdann, wenn ich das
Eitle und Leere in allen weltlichen Vergnügungen einſehen
werde, wenn nun die ganze Welt mit allem Labſal zu un-
zulänglich zur Sättigung meines Geiſtes ſeyn wird, alsdann
wünſche ich, daß ich mit allen Begierden meines Her-
zens nach den Gütern der Gnade und den Erquickungen
der Ewigkeit dürſten möge Und dann, mein Heiland,
laß mich nicht unbegnadiget, nicht unerquickt bleiben. Gieb
mir alsdann was Groſſes und Ewiges zu meiner Sätti-
gung, und ſtille das unendliche Verlangen meiner Seele
durch den Genuß jener im Himmel für mich aufbehalte-
nen Seligkeiten. Ja dahin, dahin wird ſich mein Geiſt
ſehnen, wenn er in der Welt nicht mehr Ruhe findet. Da-
hin wird mein Glaube blicken, wenn vor meinen Augen
alle irdiſchen Gegenſtänden verſchwinden werden. Da,
da wünſche ich zu ſeyn, wo ich ewig Gottes Angeſicht
ſchauen werde.
Vielleicht, wenn ich dem Tode nahe ſeyn werde, wird
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/200>, abgerufen am 18.06.2024.
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