Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwey und vierzigste Betrachtung.
und überzeugender Beweis, daß er über den Tod den Sieg
davon getragen habe, und nun wirklich in sein Reich einge-
hen werde. Die Christen konnten aus diesem merkwürdi-
gen Beweise der Macht Christi leicht den Schluß machen,
wie stark und mächtig ihr Erlöser, und wie fähig er sey,
alle seine und ihre Feinde zu überwinden. Hier war ein
lebhaftes Sinnbild, was Jesus in der allgemeinen Aufer-
stehung am jüngsten Tage an allen denen thun wird, die im
Staube der Erden schlafen. Alsdann wird Jesus herab-
fahren vom Himmel, begleitet von Myriaden heiliger En-
gel, begürtet mit Allmacht, bekleidet mit unaussprechlichem
Glanze. Durch ein mächtiges Erdbeben wird er die Welt
erschürtern, die Felfen zerreissen und die Gräber aller Söh-
ne und Töchter Adams aufthun. Nicht nur die Grab-
mähler um Jerusalem, sondern auch die Gräber aller Or-
ten, sollen alsdann plötzlich geöfnet, und die Leiber derer, so
darinn schliefen, aus ihrem langen und tiefen Schlafe er-
weckt werden. Das Meer und die Erde sollen ihre Tod-
ten hergeben, und ein jeder Berg und jede Insel von ihren
Stellen versetzt werden. So wird auf meine künftige Auf-
erweckung auch zugleich der Eingang ins neue Jerusalem,
in die Stadt Gottes, die vom Himmel kommt, erfolgen.
So werde ich mich mit denen zusammen finden, mit wel-
chen ich unter einer Erde geschlafen habe. So werden wir
uns dort kennen, und uns als Freunde erscheinen. So
werde ich nur deshalb aufwachen, um lauter solche neue
und stärkende Wahrheiten zu hören, solche neue und gros-
se Werke zu sehen, als diese Heilige nach ihrer Art sahen,
da sie das vollendete Opfer Jesu erblickten. Dort werde
ich ihn sehen, wie er ist, nicht mehr als einen todten Leich-
nam, sondern in seiner verklärten Gottesgestalt. Und da-
her soll meine künftige Auferstehung meine Ruhe, mein
Trost, meine Hofnung in dieser Welt seyn.

Dir

Zwey und vierzigſte Betrachtung.
und überzeugender Beweis, daß er über den Tod den Sieg
davon getragen habe, und nun wirklich in ſein Reich einge-
hen werde. Die Chriſten konnten aus dieſem merkwürdi-
gen Beweiſe der Macht Chriſti leicht den Schluß machen,
wie ſtark und mächtig ihr Erlöſer, und wie fähig er ſey,
alle ſeine und ihre Feinde zu überwinden. Hier war ein
lebhaftes Sinnbild, was Jeſus in der allgemeinen Aufer-
ſtehung am jüngſten Tage an allen denen thun wird, die im
Staube der Erden ſchlafen. Alsdann wird Jeſus herab-
fahren vom Himmel, begleitet von Myriaden heiliger En-
gel, begürtet mit Allmacht, bekleidet mit unausſprechlichem
Glanze. Durch ein mächtiges Erdbeben wird er die Welt
erſchürtern, die Felfen zerreiſſen und die Gräber aller Söh-
ne und Töchter Adams aufthun. Nicht nur die Grab-
mähler um Jeruſalem, ſondern auch die Gräber aller Or-
ten, ſollen alsdann plötzlich geöfnet, und die Leiber derer, ſo
darinn ſchliefen, aus ihrem langen und tiefen Schlafe er-
weckt werden. Das Meer und die Erde ſollen ihre Tod-
ten hergeben, und ein jeder Berg und jede Inſel von ihren
Stellen verſetzt werden. So wird auf meine künftige Auf-
erweckung auch zugleich der Eingang ins neue Jeruſalem,
in die Stadt Gottes, die vom Himmel kommt, erfolgen.
So werde ich mich mit denen zuſammen finden, mit wel-
chen ich unter einer Erde geſchlafen habe. So werden wir
uns dort kennen, und uns als Freunde erſcheinen. So
werde ich nur deshalb aufwachen, um lauter ſolche neue
und ſtärkende Wahrheiten zu hören, ſolche neue und groſ-
ſe Werke zu ſehen, als dieſe Heilige nach ihrer Art ſahen,
da ſie das vollendete Opfer Jeſu erblickten. Dort werde
ich ihn ſehen, wie er iſt, nicht mehr als einen todten Leich-
nam, ſondern in ſeiner verklärten Gottesgeſtalt. Und da-
her ſoll meine künftige Auferſtehung meine Ruhe, mein
Troſt, meine Hofnung in dieſer Welt ſeyn.

Dir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="190"/><fw place="top" type="header">Zwey und vierzig&#x017F;te Betrachtung.</fw><lb/>
und überzeugender Beweis, daß er über den Tod den Sieg<lb/>
davon getragen habe, und nun wirklich in &#x017F;ein Reich einge-<lb/>
hen werde. Die Chri&#x017F;ten konnten aus die&#x017F;em merkwürdi-<lb/>
gen Bewei&#x017F;e der Macht Chri&#x017F;ti leicht den Schluß machen,<lb/>
wie &#x017F;tark und mächtig ihr Erlö&#x017F;er, und wie fähig er &#x017F;ey,<lb/>
alle &#x017F;eine und ihre Feinde zu überwinden. Hier war ein<lb/>
lebhaftes Sinnbild, was Je&#x017F;us in der allgemeinen Aufer-<lb/>
&#x017F;tehung am jüng&#x017F;ten Tage an allen denen thun wird, die im<lb/>
Staube der Erden &#x017F;chlafen. Alsdann wird Je&#x017F;us herab-<lb/>
fahren vom Himmel, begleitet von Myriaden heiliger En-<lb/>
gel, begürtet mit Allmacht, bekleidet mit unaus&#x017F;prechlichem<lb/>
Glanze. Durch ein mächtiges Erdbeben wird er die Welt<lb/>
er&#x017F;chürtern, die Felfen zerrei&#x017F;&#x017F;en und die Gräber aller Söh-<lb/>
ne und Töchter Adams aufthun. Nicht nur die Grab-<lb/>
mähler um Jeru&#x017F;alem, &#x017F;ondern auch die Gräber aller Or-<lb/>
ten, &#x017F;ollen alsdann plötzlich geöfnet, und die Leiber derer, &#x017F;o<lb/>
darinn &#x017F;chliefen, aus ihrem langen und tiefen Schlafe er-<lb/>
weckt werden. Das Meer und die Erde &#x017F;ollen ihre Tod-<lb/>
ten hergeben, und ein jeder Berg und jede In&#x017F;el von ihren<lb/>
Stellen ver&#x017F;etzt werden. So wird auf meine künftige Auf-<lb/>
erweckung auch zugleich der Eingang ins neue Jeru&#x017F;alem,<lb/>
in die Stadt Gottes, die vom Himmel kommt, erfolgen.<lb/>
So werde ich mich mit denen zu&#x017F;ammen finden, mit wel-<lb/>
chen ich unter einer Erde ge&#x017F;chlafen habe. So werden wir<lb/>
uns dort kennen, und uns als Freunde er&#x017F;cheinen. So<lb/>
werde ich nur deshalb aufwachen, um lauter &#x017F;olche neue<lb/>
und &#x017F;tärkende Wahrheiten zu hören, &#x017F;olche neue und gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e Werke zu &#x017F;ehen, als die&#x017F;e Heilige nach ihrer Art &#x017F;ahen,<lb/>
da &#x017F;ie das vollendete Opfer Je&#x017F;u erblickten. Dort werde<lb/>
ich ihn &#x017F;ehen, wie er i&#x017F;t, nicht mehr als einen todten Leich-<lb/>
nam, &#x017F;ondern in &#x017F;einer verklärten Gottesge&#x017F;talt. Und da-<lb/>
her &#x017F;oll meine künftige Aufer&#x017F;tehung meine Ruhe, mein<lb/>
Tro&#x017F;t, meine Hofnung in die&#x017F;er Welt &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Dir</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0212] Zwey und vierzigſte Betrachtung. und überzeugender Beweis, daß er über den Tod den Sieg davon getragen habe, und nun wirklich in ſein Reich einge- hen werde. Die Chriſten konnten aus dieſem merkwürdi- gen Beweiſe der Macht Chriſti leicht den Schluß machen, wie ſtark und mächtig ihr Erlöſer, und wie fähig er ſey, alle ſeine und ihre Feinde zu überwinden. Hier war ein lebhaftes Sinnbild, was Jeſus in der allgemeinen Aufer- ſtehung am jüngſten Tage an allen denen thun wird, die im Staube der Erden ſchlafen. Alsdann wird Jeſus herab- fahren vom Himmel, begleitet von Myriaden heiliger En- gel, begürtet mit Allmacht, bekleidet mit unausſprechlichem Glanze. Durch ein mächtiges Erdbeben wird er die Welt erſchürtern, die Felfen zerreiſſen und die Gräber aller Söh- ne und Töchter Adams aufthun. Nicht nur die Grab- mähler um Jeruſalem, ſondern auch die Gräber aller Or- ten, ſollen alsdann plötzlich geöfnet, und die Leiber derer, ſo darinn ſchliefen, aus ihrem langen und tiefen Schlafe er- weckt werden. Das Meer und die Erde ſollen ihre Tod- ten hergeben, und ein jeder Berg und jede Inſel von ihren Stellen verſetzt werden. So wird auf meine künftige Auf- erweckung auch zugleich der Eingang ins neue Jeruſalem, in die Stadt Gottes, die vom Himmel kommt, erfolgen. So werde ich mich mit denen zuſammen finden, mit wel- chen ich unter einer Erde geſchlafen habe. So werden wir uns dort kennen, und uns als Freunde erſcheinen. So werde ich nur deshalb aufwachen, um lauter ſolche neue und ſtärkende Wahrheiten zu hören, ſolche neue und groſ- ſe Werke zu ſehen, als dieſe Heilige nach ihrer Art ſahen, da ſie das vollendete Opfer Jeſu erblickten. Dort werde ich ihn ſehen, wie er iſt, nicht mehr als einen todten Leich- nam, ſondern in ſeiner verklärten Gottesgeſtalt. Und da- her ſoll meine künftige Auferſtehung meine Ruhe, mein Troſt, meine Hofnung in dieſer Welt ſeyn. Dir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/212
Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/212>, abgerufen am 18.06.2024.