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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Begräbniß Jesu.
dem die ganze Erde eigenthümlich gehörte, nicht so viel Er-
de, als sein erblaßter Körper einnahm, wie sein Eigenthum
ansehen konnte? War es nicht Niedrigkeit, daß sein Leich-
nam erst von Pilato losgebeten werden mußte? Allein
ich sehe ihn doch mitten in seiner grossen Niedrigkeit ver-
herrlichet. Sein Grab war ihm von seinen Feinden un-
ter den Gottlosen bestimmt. Allein Gott lenkte es also,
daß er in seinem Tode unter den Reichen seyn mußte.
Und seine Freunde und Feinde mußten zur Beförderung
seiner Ehre im Grabe beschäftiget seyn. Gott erweckte ei-
nen Mann, der aus ganz uneigennützigen Absichten die
Beerdigung Jesu liebreich besorgte, und die Feinde muß-
ten durch ihre Sorgfalt, die sie anwendeten, die Gewiß-
heit seiner Auferstehung und seines Todes bestätigen. Denn
da er nicht am Kreuze hängen blieb, auch nicht eher da-
von abgenommen wurde, bis man seine Seite durchstochen
hatte, so läßt sich an der Zuverläßigkeit seines Todes im ge-
ringsten nicht zweifeln. Und da er sein Grab nicht auf
einem freyen, ofnem Platz erhielt, sondern in einem ver-
wahrten Garten; da sein Leib in ein neues ausgehauenes
Grab, das mit einem schweren Steine bedeckt, und mit ei-
ner starken Wache versehen ward, gelegt wurde; so wur-
den alle Einwendungen, welche man gegen seine Auferste-
hung vorbringen konnte, dadurch entkräftet.

Und da ich auch über lang oder kurz dis Schicksal zu
befürchten habe, daß man meinen erblaßten Leib in das
Grab legen wird, so kann ich das Grab Jesu zu meiner
Beruhigung betrachten. Wie mein Heiland nach langer
Arbeit endlich ruhete, so werde ich auch endlich im Schoos
der Erde von allen ausgestandenen Mühseligkeiten ausruhen.
Und auch hier wird mein Leib keinem blinden Zufalle un-
terworfen seyn. Ich werde in Frieden schlafen; denn

der
N 2

Begräbniß Jeſu.
dem die ganze Erde eigenthümlich gehörte, nicht ſo viel Er-
de, als ſein erblaßter Körper einnahm, wie ſein Eigenthum
anſehen konnte? War es nicht Niedrigkeit, daß ſein Leich-
nam erſt von Pilato losgebeten werden mußte? Allein
ich ſehe ihn doch mitten in ſeiner groſſen Niedrigkeit ver-
herrlichet. Sein Grab war ihm von ſeinen Feinden un-
ter den Gottloſen beſtimmt. Allein Gott lenkte es alſo,
daß er in ſeinem Tode unter den Reichen ſeyn mußte.
Und ſeine Freunde und Feinde mußten zur Beförderung
ſeiner Ehre im Grabe beſchäftiget ſeyn. Gott erweckte ei-
nen Mann, der aus ganz uneigennützigen Abſichten die
Beerdigung Jeſu liebreich beſorgte, und die Feinde muß-
ten durch ihre Sorgfalt, die ſie anwendeten, die Gewiß-
heit ſeiner Auferſtehung und ſeines Todes beſtätigen. Denn
da er nicht am Kreuze hängen blieb, auch nicht eher da-
von abgenommen wurde, bis man ſeine Seite durchſtochen
hatte, ſo läßt ſich an der Zuverläßigkeit ſeines Todes im ge-
ringſten nicht zweifeln. Und da er ſein Grab nicht auf
einem freyen, ofnem Platz erhielt, ſondern in einem ver-
wahrten Garten; da ſein Leib in ein neues ausgehauenes
Grab, das mit einem ſchweren Steine bedeckt, und mit ei-
ner ſtarken Wache verſehen ward, gelegt wurde; ſo wur-
den alle Einwendungen, welche man gegen ſeine Auferſte-
hung vorbringen konnte, dadurch entkräftet.

Und da ich auch über lang oder kurz dis Schickſal zu
befürchten habe, daß man meinen erblaßten Leib in das
Grab legen wird, ſo kann ich das Grab Jeſu zu meiner
Beruhigung betrachten. Wie mein Heiland nach langer
Arbeit endlich ruhete, ſo werde ich auch endlich im Schoos
der Erde von allen ausgeſtandenen Mühſeligkeiten ausruhen.
Und auch hier wird mein Leib keinem blinden Zufalle un-
terworfen ſeyn. Ich werde in Frieden ſchlafen; denn

der
N 2
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[195/0217] Begräbniß Jeſu. dem die ganze Erde eigenthümlich gehörte, nicht ſo viel Er- de, als ſein erblaßter Körper einnahm, wie ſein Eigenthum anſehen konnte? War es nicht Niedrigkeit, daß ſein Leich- nam erſt von Pilato losgebeten werden mußte? Allein ich ſehe ihn doch mitten in ſeiner groſſen Niedrigkeit ver- herrlichet. Sein Grab war ihm von ſeinen Feinden un- ter den Gottloſen beſtimmt. Allein Gott lenkte es alſo, daß er in ſeinem Tode unter den Reichen ſeyn mußte. Und ſeine Freunde und Feinde mußten zur Beförderung ſeiner Ehre im Grabe beſchäftiget ſeyn. Gott erweckte ei- nen Mann, der aus ganz uneigennützigen Abſichten die Beerdigung Jeſu liebreich beſorgte, und die Feinde muß- ten durch ihre Sorgfalt, die ſie anwendeten, die Gewiß- heit ſeiner Auferſtehung und ſeines Todes beſtätigen. Denn da er nicht am Kreuze hängen blieb, auch nicht eher da- von abgenommen wurde, bis man ſeine Seite durchſtochen hatte, ſo läßt ſich an der Zuverläßigkeit ſeines Todes im ge- ringſten nicht zweifeln. Und da er ſein Grab nicht auf einem freyen, ofnem Platz erhielt, ſondern in einem ver- wahrten Garten; da ſein Leib in ein neues ausgehauenes Grab, das mit einem ſchweren Steine bedeckt, und mit ei- ner ſtarken Wache verſehen ward, gelegt wurde; ſo wur- den alle Einwendungen, welche man gegen ſeine Auferſte- hung vorbringen konnte, dadurch entkräftet. Und da ich auch über lang oder kurz dis Schickſal zu befürchten habe, daß man meinen erblaßten Leib in das Grab legen wird, ſo kann ich das Grab Jeſu zu meiner Beruhigung betrachten. Wie mein Heiland nach langer Arbeit endlich ruhete, ſo werde ich auch endlich im Schoos der Erde von allen ausgeſtandenen Mühſeligkeiten ausruhen. Und auch hier wird mein Leib keinem blinden Zufalle un- terworfen ſeyn. Ich werde in Frieden ſchlafen; denn der N 2

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/217>, abgerufen am 26.11.2024.