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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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vor dem Leiden Jesu.
gebrandwarkten Gewissen, welches sich von Zeit zu Zeit in dem
Herzen seiner Feinde empörte.

5. Die Menschenfurcht findet sich hauptsächlich bey der Aus-
übung lasterhafter Handlungen. Wer recht thut, fürchtet sich
nicht.

6. Gottes Gedanken sind nicht Menschen Gedanken. Nach
der Absicht der Feinde Jesu sollte seine Hinrichtung nicht auf das
Osterfest geschehen. Aber diese Zeit war gerade von Gott dazu
ausersehen. Schon hierdurch sollte auf entferntere Weise dem
Evangelio ein Weg gebahnet werden.

3. Salbung Jesu.

Unter den lehrreichsten Unterredungen hatte Jesus
mit seinen Jüngern Bethanien, einen kleinen Flecken, der
ohngefähr eine Stunde von Jerusalem ablag, erreichet.
Er trat in dem Hause Simons ab, welchen er ehemals vom
Aussatze gereiniget hatte, um bey ihm die letzte Abend-
mahlzeit zu geniessen. Während der Mahlzeit kam eine
Frauensperson in das Zimmer, mit einer Flasche, darinn
ein Pfund ungefälschten Nardenbalsams war. Mit ehr-
erbietiger Liebe näherte sie sich Jesu, und goß den Balsam
auf sein Haupt, und salbte damit seine Füsse, die sie sodann
mit den Haaren ihres Hauptes abtrocknete.

Praktische Anmerkungen.

1. Bethanien war ein merkwürdiger Ort, da so rechtschaffene
Personen, wie Simon, und Lazarus, und Maria und Martha
waren, darinn wohnten. Nach diesem Maasstabe ist jedes
Städtchen, jeder Flecken, jedes Dorf, worinn fromme Leute
leben, mancher grossen und lasterhaften Stadt vorzuziehen.

2. Wer Jesum und seine Glieder mit Aufrichtigkeit und In-
brunst liebt, wird nichts für zu schätzbar halten, welches er nicht
gerne aufopferte.

3. Jesus fand bis auf die letzten Stunden seines Lebens sein
Vergnügen in einem frommen gesellschaftlichen Umgange; aber
er suchte ihn jederzeit nutzbar zu machen.

4. Al-
N 5

vor dem Leiden Jeſu.
gebrandwarkten Gewiſſen, welches ſich von Zeit zu Zeit in dem
Herzen ſeiner Feinde empörte.

5. Die Menſchenfurcht findet ſich hauptſächlich bey der Aus-
übung laſterhafter Handlungen. Wer recht thut, fürchtet ſich
nicht.

6. Gottes Gedanken ſind nicht Menſchen Gedanken. Nach
der Abſicht der Feinde Jeſu ſollte ſeine Hinrichtung nicht auf das
Oſterfeſt geſchehen. Aber dieſe Zeit war gerade von Gott dazu
auserſehen. Schon hierdurch ſollte auf entferntere Weiſe dem
Evangelio ein Weg gebahnet werden.

3. Salbung Jeſu.

Unter den lehrreichſten Unterredungen hatte Jeſus
mit ſeinen Jüngern Bethanien, einen kleinen Flecken, der
ohngefähr eine Stunde von Jeruſalem ablag, erreichet.
Er trat in dem Hauſe Simons ab, welchen er ehemals vom
Auſſatze gereiniget hatte, um bey ihm die letzte Abend-
mahlzeit zu genieſſen. Während der Mahlzeit kam eine
Frauensperſon in das Zimmer, mit einer Flaſche, darinn
ein Pfund ungefälſchten Nardenbalſams war. Mit ehr-
erbietiger Liebe näherte ſie ſich Jeſu, und goß den Balſam
auf ſein Haupt, und ſalbte damit ſeine Füſſe, die ſie ſodann
mit den Haaren ihres Hauptes abtrocknete.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Bethanien war ein merkwürdiger Ort, da ſo rechtſchaffene
Perſonen, wie Simon, und Lazarus, und Maria und Martha
waren, darinn wohnten. Nach dieſem Maasſtabe iſt jedes
Städtchen, jeder Flecken, jedes Dorf, worinn fromme Leute
leben, mancher groſſen und laſterhaften Stadt vorzuziehen.

2. Wer Jeſum und ſeine Glieder mit Aufrichtigkeit und In-
brunſt liebt, wird nichts für zu ſchätzbar halten, welches er nicht
gerne aufopferte.

3. Jeſus fand bis auf die letzten Stunden ſeines Lebens ſein
Vergnügen in einem frommen geſellſchaftlichen Umgange; aber
er ſuchte ihn jederzeit nutzbar zu machen.

4. Al-
N 5
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[201/0223] vor dem Leiden Jeſu. gebrandwarkten Gewiſſen, welches ſich von Zeit zu Zeit in dem Herzen ſeiner Feinde empörte. 5. Die Menſchenfurcht findet ſich hauptſächlich bey der Aus- übung laſterhafter Handlungen. Wer recht thut, fürchtet ſich nicht. 6. Gottes Gedanken ſind nicht Menſchen Gedanken. Nach der Abſicht der Feinde Jeſu ſollte ſeine Hinrichtung nicht auf das Oſterfeſt geſchehen. Aber dieſe Zeit war gerade von Gott dazu auserſehen. Schon hierdurch ſollte auf entferntere Weiſe dem Evangelio ein Weg gebahnet werden. 3. Salbung Jeſu. Unter den lehrreichſten Unterredungen hatte Jeſus mit ſeinen Jüngern Bethanien, einen kleinen Flecken, der ohngefähr eine Stunde von Jeruſalem ablag, erreichet. Er trat in dem Hauſe Simons ab, welchen er ehemals vom Auſſatze gereiniget hatte, um bey ihm die letzte Abend- mahlzeit zu genieſſen. Während der Mahlzeit kam eine Frauensperſon in das Zimmer, mit einer Flaſche, darinn ein Pfund ungefälſchten Nardenbalſams war. Mit ehr- erbietiger Liebe näherte ſie ſich Jeſu, und goß den Balſam auf ſein Haupt, und ſalbte damit ſeine Füſſe, die ſie ſodann mit den Haaren ihres Hauptes abtrocknete. Praktiſche Anmerkungen. 1. Bethanien war ein merkwürdiger Ort, da ſo rechtſchaffene Perſonen, wie Simon, und Lazarus, und Maria und Martha waren, darinn wohnten. Nach dieſem Maasſtabe iſt jedes Städtchen, jeder Flecken, jedes Dorf, worinn fromme Leute leben, mancher groſſen und laſterhaften Stadt vorzuziehen. 2. Wer Jeſum und ſeine Glieder mit Aufrichtigkeit und In- brunſt liebt, wird nichts für zu ſchätzbar halten, welches er nicht gerne aufopferte. 3. Jeſus fand bis auf die letzten Stunden ſeines Lebens ſein Vergnügen in einem frommen geſellſchaftlichen Umgange; aber er ſuchte ihn jederzeit nutzbar zu machen. 4. Al- N 5

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/223>, abgerufen am 25.11.2024.