Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Von dem Leiden Jesu selbst.
davon in dem Pallaste des Landpflegers zugegen war. Man
riß ihm das weisse Kleid, von welchem er von dem Hero-
des zurückgekommen war, vom Leibe, und band ihn na-
ckend an eine Säule. Hierauf peitschten sie ihn mit Geis-
seln, die von Riemen zusammengeflochten waren, so lange,
bis sie eine sichtbare Abnahme seiner Kräfte an ihn bemerck-
ten.

Praktische Anmerkungen.

1. Wir müssen es mit der Wahrheit und dem Gewissen red-
lich meinen, und es nie mit Gott und der Welt zugleich zu halten
suchen.

2. Hier sank Jesus zur tiefsten Stufe der Knechtschaft herab,
damit er uns zu der Freyheit der Kinder Gottes verhelfen möchte.

3. Ach, ich sollte die Sünden nicht verabscheuen, da ich sehe,
welche peinliche Schmach sie meinem Erlöser zugezogen?

4. Durch meine Sünden ist Jesus verwundet, und durch
meine Missethaten zerschlagen; und ich bin durch seine Striemen
heil worden.

5. Das heilige Betragen Jesu in dieser harten Prüfungsstunde
ermuntre mich, ihm unter allen unverschuldeten Leiden hierinn
ähnlich zu werden.

33. Verspottung und Mißhandlung Jesu unter den
Händen der Kriegsknechte.

Der Anblick des durch die Geisselung entkräfteten und
zerfleischten Leibes Jesu, rührte die Soldaten so wenig, daß
sie vielmehr auf die Vermehrung seiner Quaal und Schmach
dachten. Sie legten ihm einen Officiermantel von Schar-
lachfarbe um, weil diß die gewöhnliche Tracht der Könige
und Feldherrn war. Sie flochten eine Krone von Dor-
nen und setzten sie ihm auf sein Haupt. In die rechte
Hand gaben sie ihm ein Rohr, welches den königlichen
Scepter vorstellen sollte. Um die Beschimpfung auf das

äus-
R 4

Von dem Leiden Jeſu ſelbſt.
davon in dem Pallaſte des Landpflegers zugegen war. Man
riß ihm das weiſſe Kleid, von welchem er von dem Hero-
des zurückgekommen war, vom Leibe, und band ihn na-
ckend an eine Säule. Hierauf peitſchten ſie ihn mit Geiſ-
ſeln, die von Riemen zuſammengeflochten waren, ſo lange,
bis ſie eine ſichtbare Abnahme ſeiner Kräfte an ihn bemerck-
ten.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Wir müſſen es mit der Wahrheit und dem Gewiſſen red-
lich meinen, und es nie mit Gott und der Welt zugleich zu halten
ſuchen.

2. Hier ſank Jeſus zur tiefſten Stufe der Knechtſchaft herab,
damit er uns zu der Freyheit der Kinder Gottes verhelfen möchte.

3. Ach, ich ſollte die Sünden nicht verabſcheuen, da ich ſehe,
welche peinliche Schmach ſie meinem Erlöſer zugezogen?

4. Durch meine Sünden iſt Jeſus verwundet, und durch
meine Miſſethaten zerſchlagen; und ich bin durch ſeine Striemen
heil worden.

5. Das heilige Betragen Jeſu in dieſer harten Prüfungsſtunde
ermuntre mich, ihm unter allen unverſchuldeten Leiden hierinn
ähnlich zu werden.

33. Verſpottung und Mißhandlung Jeſu unter den
Händen der Kriegsknechte.

Der Anblick des durch die Geiſſelung entkräfteten und
zerfleiſchten Leibes Jeſu, rührte die Soldaten ſo wenig, daß
ſie vielmehr auf die Vermehrung ſeiner Quaal und Schmach
dachten. Sie legten ihm einen Officiermantel von Schar-
lachfarbe um, weil diß die gewöhnliche Tracht der Könige
und Feldherrn war. Sie flochten eine Krone von Dor-
nen und ſetzten ſie ihm auf ſein Haupt. In die rechte
Hand gaben ſie ihm ein Rohr, welches den königlichen
Scepter vorſtellen ſollte. Um die Beſchimpfung auf das

äuſ-
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0285" n="263"/><fw place="top" type="header">Von dem Leiden Je&#x017F;u &#x017F;elb&#x017F;t.</fw><lb/>
davon in dem Palla&#x017F;te des Landpflegers zugegen war. Man<lb/>
riß ihm das wei&#x017F;&#x017F;e Kleid, von welchem er von dem Hero-<lb/>
des zurückgekommen war, vom Leibe, und band ihn na-<lb/>
ckend an eine Säule. Hierauf peit&#x017F;chten &#x017F;ie ihn mit Gei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eln, die von Riemen zu&#x017F;ammengeflochten waren, &#x017F;o lange,<lb/>
bis &#x017F;ie eine &#x017F;ichtbare Abnahme &#x017F;einer Kräfte an ihn bemerck-<lb/>
ten.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#fr">Prakti&#x017F;che Anmerkungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Wir mü&#x017F;&#x017F;en es mit der Wahrheit und dem Gewi&#x017F;&#x017F;en red-<lb/>
lich meinen, und es nie mit Gott und der Welt zugleich zu halten<lb/>
&#x017F;uchen.</p><lb/>
              <p>2. Hier &#x017F;ank Je&#x017F;us zur tief&#x017F;ten Stufe der Knecht&#x017F;chaft herab,<lb/>
damit er uns zu der Freyheit der Kinder Gottes verhelfen möchte.</p><lb/>
              <p>3. Ach, ich &#x017F;ollte die Sünden nicht verab&#x017F;cheuen, da ich &#x017F;ehe,<lb/>
welche peinliche Schmach &#x017F;ie meinem Erlö&#x017F;er zugezogen?</p><lb/>
              <p>4. Durch meine Sünden i&#x017F;t Je&#x017F;us verwundet, und durch<lb/>
meine Mi&#x017F;&#x017F;ethaten zer&#x017F;chlagen; und ich bin durch &#x017F;eine Striemen<lb/>
heil worden.</p><lb/>
              <p>5. Das heilige Betragen Je&#x017F;u in die&#x017F;er harten Prüfungs&#x017F;tunde<lb/>
ermuntre mich, ihm unter allen unver&#x017F;chuldeten Leiden hierinn<lb/>
ähnlich zu werden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>33. Ver&#x017F;pottung und Mißhandlung Je&#x017F;u unter den<lb/>
Händen der Kriegsknechte.</head><lb/>
            <p>Der Anblick des durch die Gei&#x017F;&#x017F;elung entkräfteten und<lb/>
zerflei&#x017F;chten Leibes Je&#x017F;u, rührte die Soldaten &#x017F;o wenig, daß<lb/>
&#x017F;ie vielmehr auf die Vermehrung &#x017F;einer Quaal und Schmach<lb/>
dachten. Sie legten ihm einen Officiermantel von Schar-<lb/>
lachfarbe um, weil diß die gewöhnliche Tracht der Könige<lb/>
und Feldherrn war. Sie flochten eine Krone von Dor-<lb/>
nen und &#x017F;etzten &#x017F;ie ihm auf &#x017F;ein Haupt. In die rechte<lb/>
Hand gaben &#x017F;ie ihm ein Rohr, welches den königlichen<lb/>
Scepter vor&#x017F;tellen &#x017F;ollte. Um die Be&#x017F;chimpfung auf das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">äu&#x017F;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0285] Von dem Leiden Jeſu ſelbſt. davon in dem Pallaſte des Landpflegers zugegen war. Man riß ihm das weiſſe Kleid, von welchem er von dem Hero- des zurückgekommen war, vom Leibe, und band ihn na- ckend an eine Säule. Hierauf peitſchten ſie ihn mit Geiſ- ſeln, die von Riemen zuſammengeflochten waren, ſo lange, bis ſie eine ſichtbare Abnahme ſeiner Kräfte an ihn bemerck- ten. Praktiſche Anmerkungen. 1. Wir müſſen es mit der Wahrheit und dem Gewiſſen red- lich meinen, und es nie mit Gott und der Welt zugleich zu halten ſuchen. 2. Hier ſank Jeſus zur tiefſten Stufe der Knechtſchaft herab, damit er uns zu der Freyheit der Kinder Gottes verhelfen möchte. 3. Ach, ich ſollte die Sünden nicht verabſcheuen, da ich ſehe, welche peinliche Schmach ſie meinem Erlöſer zugezogen? 4. Durch meine Sünden iſt Jeſus verwundet, und durch meine Miſſethaten zerſchlagen; und ich bin durch ſeine Striemen heil worden. 5. Das heilige Betragen Jeſu in dieſer harten Prüfungsſtunde ermuntre mich, ihm unter allen unverſchuldeten Leiden hierinn ähnlich zu werden. 33. Verſpottung und Mißhandlung Jeſu unter den Händen der Kriegsknechte. Der Anblick des durch die Geiſſelung entkräfteten und zerfleiſchten Leibes Jeſu, rührte die Soldaten ſo wenig, daß ſie vielmehr auf die Vermehrung ſeiner Quaal und Schmach dachten. Sie legten ihm einen Officiermantel von Schar- lachfarbe um, weil diß die gewöhnliche Tracht der Könige und Feldherrn war. Sie flochten eine Krone von Dor- nen und ſetzten ſie ihm auf ſein Haupt. In die rechte Hand gaben ſie ihm ein Rohr, welches den königlichen Scepter vorſtellen ſollte. Um die Beſchimpfung auf das äuſ- R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/285
Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/285>, abgerufen am 27.09.2024.