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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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auserlesener Paßionslieder.
[Spaltenumbruch] nach dir, mein Heiland, blicken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.

48. Mel. Nun ruhen alle etc.

O Welt sieh hier dein Leben am
Stamm des Kreuzes schwe-
ben! Dein Heil sinkt in den Tod.
Der grosse Fürst der Ehren läßt
willig sich beschweren mit Banden,
Schlägen, Hohn und Spott.

2. Tritt her und schau mit Fleiße.
mit Blut und Todesschweiße ist
ganz sein Leib bedeckt: und unnenn-
bare Schmerzen fühlt er in seinem
Herzen, da er den Kelch des Zor-
nes schmeckt.

3. Wer hat dich so geschlagen,
und dieses Heer von Plagen, Herr,
wider dich erregt? Du bist ja nicht
ein Sünder, wie wir und unsre
Kinder! wie sind dir Strafen auf-
erlegt?

4. Ich, ich und meine Sünden,
der sich so viele finden, als Sandes
an dem Meer; die haben dich ge-
schlagen, die brachten diese Plagen
auf dich, und dieses Marterheer.

5. Ich bins, ich sollte büssen in
ewgen Finsternissen, was nun dein
Tod versühnt: die Geißeln und die
Banden, und was du ausgestanden,
das alles, Herr, hab ich verdient.

6. Du nimmst auf deinen Rücken
die Lasten, die mich drücken, wie ein
Gebürge schwer! Du wirst ein Fluch;
dagegen erwirbst du mir den See-
gen, und o wie Gnadenreich
ist er!

7. Du setzest dich zum Bürgen, ja
läßest dich selbst würgen für mich
und meine Schuld: für mich läßt
du dich krönen mit Dornen, die dich
höhnen, und leidest alles mit Ge-
duld.

8. Für mich ihn zu erlegen eilst
du dem Tod entgegen mit grossem
[Spaltenumbruch] Heldenmuth. Du stirbst, daß ich
nicht sterbe, noch ewiglich verder-
be; o unerhörte Liebesglut!

9. Wie bin ich dir verbunden,
durch den ich Heil gefunden! Ich
bin dein Eigenthum. Mich dank-
bar zu erweisen, soll Seel und Leib
dich preisen; dir zu gehorchen sey
mein Ruhm.

10. Es soll dein Tod und Leiden, bis
Leib und Seele scheiden, mich trö-
sten und erfreun. Es soll von mei-
nen Pflichten mich täglich unterrich-
ten, und Kraft zur Tugend mir
verleyhn.

11. Wie strenge Gott Verbrechen
an denen einst wird rächen, die
seine Huld verschmähn; wie
schwer sie ihrer Sünden Vergeltung
werden finden, will ich aus deinem
Leiden sehn.

12. Dein Beyspiel soll mich leh-
ren den Rath des Höchsten ehren,
und thun, was er gebeut. Nicht mei-
nen eignen Willen, nur seinen zu
erfüllen ist meine Pflicht und Se-
ligkeit.

13. Nach dir will ich mich üben,
die Feinde selbst zu lieben, nach dir,
der für sie bat. Ich will des Le-
bens Plagen getrost und willig tra-
gen, und thun, wie mein Erlöser
that.

14. Nie will ich wiederschelten;
nie Spott, mit Spott vergelten;
nie, wenn ich leide, dräun; wie du,
gelassen dulden; dem Nächsien sei-
ne Schulden, wie du, von Her-
zensgtund verzeihn.

15. Ich will aus Kreuze schla-
gen mein Fleisch, und den entsagen
was dir, Herr, nicht gefällt; was
deine Augen hassen, das will ich
fliehn und lassen, gefiel es auch
der ganzen Welt.

49. Mel.
X 2

auserleſener Paßionslieder.
[Spaltenumbruch] nach dir, mein Heiland, blicken.
Wer ſo ſtirbt, der ſtirbt wohl.

48. Mel. Nun ruhen alle ꝛc.

O Welt ſieh hier dein Leben am
Stamm des Kreuzes ſchwe-
ben! Dein Heil ſinkt in den Tod.
Der groſſe Fürſt der Ehren läßt
willig ſich beſchweren mit Banden,
Schlägen, Hohn und Spott.

2. Tritt her und ſchau mit Fleiße.
mit Blut und Todesſchweiße iſt
ganz ſein Leib bedeckt: und unnenn-
bare Schmerzen fühlt er in ſeinem
Herzen, da er den Kelch des Zor-
nes ſchmeckt.

3. Wer hat dich ſo geſchlagen,
und dieſes Heer von Plagen, Herr,
wider dich erregt? Du biſt ja nicht
ein Sünder, wie wir und unſre
Kinder! wie ſind dir Strafen auf-
erlegt?

4. Ich, ich und meine Sünden,
der ſich ſo viele finden, als Sandes
an dem Meer; die haben dich ge-
ſchlagen, die brachten dieſe Plagen
auf dich, und dieſes Marterheer.

5. Ich bins, ich ſollte büſſen in
ewgen Finſterniſſen, was nun dein
Tod verſühnt: die Geißeln und die
Banden, und was du ausgeſtanden,
das alles, Herr, hab ich verdient.

6. Du nimmſt auf deinen Rücken
die Laſten, die mich drücken, wie ein
Gebürge ſchwer! Du wirſt ein Fluch;
dagegen erwirbſt du mir den See-
gen, und o wie Gnadenreich
iſt er!

7. Du ſetzeſt dich zum Bürgen, ja
läßeſt dich ſelbſt würgen für mich
und meine Schuld: für mich läßt
du dich krönen mit Dornen, die dich
höhnen, und leideſt alles mit Ge-
duld.

8. Für mich ihn zu erlegen eilſt
du dem Tod entgegen mit groſſem
[Spaltenumbruch] Heldenmuth. Du ſtirbſt, daß ich
nicht ſterbe, noch ewiglich verder-
be; o unerhörte Liebesglut!

9. Wie bin ich dir verbunden,
durch den ich Heil gefunden! Ich
bin dein Eigenthum. Mich dank-
bar zu erweiſen, ſoll Seel und Leib
dich preiſen; dir zu gehorchen ſey
mein Ruhm.

10. Es ſoll dein Tod und Leiden, bis
Leib und Seele ſcheiden, mich trö-
ſten und erfreun. Es ſoll von mei-
nen Pflichten mich täglich unterrich-
ten, und Kraft zur Tugend mir
verleyhn.

11. Wie ſtrenge Gott Verbrechen
an denen einſt wird rächen, die
ſeine Huld verſchmähn; wie
ſchwer ſie ihrer Sünden Vergeltung
werden finden, will ich aus deinem
Leiden ſehn.

12. Dein Beyſpiel ſoll mich leh-
ren den Rath des Höchſten ehren,
und thun, was er gebeut. Nicht mei-
nen eignen Willen, nur ſeinen zu
erfüllen iſt meine Pflicht und Se-
ligkeit.

13. Nach dir will ich mich üben,
die Feinde ſelbſt zu lieben, nach dir,
der für ſie bat. Ich will des Le-
bens Plagen getroſt und willig tra-
gen, und thun, wie mein Erlöſer
that.

14. Nie will ich wiederſchelten;
nie Spott, mit Spott vergelten;
nie, wenn ich leide, dräun; wie du,
gelaſſen dulden; dem Nächſien ſei-
ne Schulden, wie du, von Her-
zensgtund verzeihn.

15. Ich will aus Kreuze ſchla-
gen mein Fleiſch, und den entſagen
was dir, Herr, nicht gefällt; was
deine Augen haſſen, das will ich
fliehn und laſſen, gefiel es auch
der ganzen Welt.

49. Mel.
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[323/0345] auserleſener Paßionslieder. nach dir, mein Heiland, blicken. Wer ſo ſtirbt, der ſtirbt wohl. 48. Mel. Nun ruhen alle ꝛc. O Welt ſieh hier dein Leben am Stamm des Kreuzes ſchwe- ben! Dein Heil ſinkt in den Tod. Der groſſe Fürſt der Ehren läßt willig ſich beſchweren mit Banden, Schlägen, Hohn und Spott. 2. Tritt her und ſchau mit Fleiße. mit Blut und Todesſchweiße iſt ganz ſein Leib bedeckt: und unnenn- bare Schmerzen fühlt er in ſeinem Herzen, da er den Kelch des Zor- nes ſchmeckt. 3. Wer hat dich ſo geſchlagen, und dieſes Heer von Plagen, Herr, wider dich erregt? Du biſt ja nicht ein Sünder, wie wir und unſre Kinder! wie ſind dir Strafen auf- erlegt? 4. Ich, ich und meine Sünden, der ſich ſo viele finden, als Sandes an dem Meer; die haben dich ge- ſchlagen, die brachten dieſe Plagen auf dich, und dieſes Marterheer. 5. Ich bins, ich ſollte büſſen in ewgen Finſterniſſen, was nun dein Tod verſühnt: die Geißeln und die Banden, und was du ausgeſtanden, das alles, Herr, hab ich verdient. 6. Du nimmſt auf deinen Rücken die Laſten, die mich drücken, wie ein Gebürge ſchwer! Du wirſt ein Fluch; dagegen erwirbſt du mir den See- gen, und o wie Gnadenreich iſt er! 7. Du ſetzeſt dich zum Bürgen, ja läßeſt dich ſelbſt würgen für mich und meine Schuld: für mich läßt du dich krönen mit Dornen, die dich höhnen, und leideſt alles mit Ge- duld. 8. Für mich ihn zu erlegen eilſt du dem Tod entgegen mit groſſem Heldenmuth. Du ſtirbſt, daß ich nicht ſterbe, noch ewiglich verder- be; o unerhörte Liebesglut! 9. Wie bin ich dir verbunden, durch den ich Heil gefunden! Ich bin dein Eigenthum. Mich dank- bar zu erweiſen, ſoll Seel und Leib dich preiſen; dir zu gehorchen ſey mein Ruhm. 10. Es ſoll dein Tod und Leiden, bis Leib und Seele ſcheiden, mich trö- ſten und erfreun. Es ſoll von mei- nen Pflichten mich täglich unterrich- ten, und Kraft zur Tugend mir verleyhn. 11. Wie ſtrenge Gott Verbrechen an denen einſt wird rächen, die ſeine Huld verſchmähn; wie ſchwer ſie ihrer Sünden Vergeltung werden finden, will ich aus deinem Leiden ſehn. 12. Dein Beyſpiel ſoll mich leh- ren den Rath des Höchſten ehren, und thun, was er gebeut. Nicht mei- nen eignen Willen, nur ſeinen zu erfüllen iſt meine Pflicht und Se- ligkeit. 13. Nach dir will ich mich üben, die Feinde ſelbſt zu lieben, nach dir, der für ſie bat. Ich will des Le- bens Plagen getroſt und willig tra- gen, und thun, wie mein Erlöſer that. 14. Nie will ich wiederſchelten; nie Spott, mit Spott vergelten; nie, wenn ich leide, dräun; wie du, gelaſſen dulden; dem Nächſien ſei- ne Schulden, wie du, von Her- zensgtund verzeihn. 15. Ich will aus Kreuze ſchla- gen mein Fleiſch, und den entſagen was dir, Herr, nicht gefällt; was deine Augen haſſen, das will ich fliehn und laſſen, gefiel es auch der ganzen Welt. 49. Mel. X 2

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/345>, abgerufen am 27.11.2024.