Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierte Betrachtung.
Herrn suche, den man im Unglück zu seinem Trost zu
haben wünscht. Dann werde ich erkennen, daß ein zu
Gott gerichtetes Herz, das seiner Liebe gewiß seyn kann,
die beste Erquickung unter den Leiden sey. Nun so will
ich dann von meinem Erlöser die Kunst lernen, bey al-
len, auch den unangenehmsten Verhängnissen getrost zu
seyn. Das Gebet und der stille Umgang mit Gott soll
mein beständiges Tagewerk bleiben. Dann mag mir auch
ein Leidenskelch gereicht werden, vor dessen Bitterkeit sich
meine Natur entsetzet; ich will ihn aus den Händen
meines Vaters mit stiller Gelassenheit annehmen, und
mit meinem Heiland sprechen: Sollte ich den Kelch
nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?

Ja, Vater! ich will ihn trinken. Nicht mein, sondern
dein Wille geschehe.



Vierte Betrachtung.
Betragen Jesu gegen seine Jünger
unter seinem Seelenleiden.
Marc. 14, 37-42.
Jesus kam, und fand seine Jünger schlafend, und sprach zu
Petro: Simon, schläfest du? Vermöchtest du nicht ei-
ne Stunde zu wachen? Wachet und betet, daß ihr nicht
in Versuchung fallet. Der Geist ist willig, aber das
Fleisch ist schwach. Und gieng wieder hin, und betete, und
sprach dieselben Worte. Und kam wieder, und fand sie
abermal schlafend (denn ihre Augen waren voll Schlafs)
und wußten nicht, was sie ihm antworteten. Und er kam
zum drittenmal, und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun
schla-

Vierte Betrachtung.
Herrn ſuche, den man im Unglück zu ſeinem Troſt zu
haben wünſcht. Dann werde ich erkennen, daß ein zu
Gott gerichtetes Herz, das ſeiner Liebe gewiß ſeyn kann,
die beſte Erquickung unter den Leiden ſey. Nun ſo will
ich dann von meinem Erlöſer die Kunſt lernen, bey al-
len, auch den unangenehmſten Verhängniſſen getroſt zu
ſeyn. Das Gebet und der ſtille Umgang mit Gott ſoll
mein beſtändiges Tagewerk bleiben. Dann mag mir auch
ein Leidenskelch gereicht werden, vor deſſen Bitterkeit ſich
meine Natur entſetzet; ich will ihn aus den Händen
meines Vaters mit ſtiller Gelaſſenheit annehmen, und
mit meinem Heiland ſprechen: Sollte ich den Kelch
nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?

Ja, Vater! ich will ihn trinken. Nicht mein, ſondern
dein Wille geſchehe.



Vierte Betrachtung.
Betragen Jeſu gegen ſeine Jünger
unter ſeinem Seelenleiden.
Marc. 14, 37-42.
Jeſus kam, und fand ſeine Jünger ſchlafend, und ſprach zu
Petro: Simon, ſchläfeſt du? Vermöchteſt du nicht ei-
ne Stunde zu wachen? Wachet und betet, daß ihr nicht
in Verſuchung fallet. Der Geiſt iſt willig, aber das
Fleiſch iſt ſchwach. Und gieng wieder hin, und betete, und
ſprach dieſelben Worte. Und kam wieder, und fand ſie
abermal ſchlafend (denn ihre Augen waren voll Schlafs)
und wußten nicht, was ſie ihm antworteten. Und er kam
zum drittenmal, und ſprach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun
ſchla-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0048" n="26"/><fw place="top" type="header">Vierte Betrachtung.</fw><lb/>
Herrn &#x017F;uche, den man im Unglück zu &#x017F;einem Tro&#x017F;t zu<lb/>
haben wün&#x017F;cht. Dann werde ich erkennen, daß ein zu<lb/>
Gott gerichtetes Herz, das &#x017F;einer Liebe gewiß &#x017F;eyn kann,<lb/>
die be&#x017F;te Erquickung unter den Leiden &#x017F;ey. Nun &#x017F;o will<lb/>
ich dann von meinem Erlö&#x017F;er die Kun&#x017F;t lernen, bey al-<lb/>
len, auch den unangenehm&#x017F;ten Verhängni&#x017F;&#x017F;en getro&#x017F;t zu<lb/>
&#x017F;eyn. Das Gebet und der &#x017F;tille Umgang mit Gott &#x017F;oll<lb/>
mein be&#x017F;tändiges Tagewerk bleiben. Dann mag mir auch<lb/>
ein Leidenskelch gereicht werden, vor de&#x017F;&#x017F;en Bitterkeit &#x017F;ich<lb/>
meine Natur ent&#x017F;etzet; ich will ihn aus den Händen<lb/>
meines Vaters mit &#x017F;tiller Gela&#x017F;&#x017F;enheit annehmen, und<lb/>
mit meinem Heiland &#x017F;prechen: <hi rendition="#fr">Sollte ich den Kelch<lb/>
nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?</hi><lb/>
Ja, Vater! ich will ihn trinken. Nicht mein, &#x017F;ondern<lb/>
dein Wille ge&#x017F;chehe.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Vierte Betrachtung.<lb/>
Betragen Je&#x017F;u gegen &#x017F;eine Jünger<lb/>
unter &#x017F;einem Seelenleiden.</head><lb/>
          <cit>
            <quote><hi rendition="#fr">Marc.</hi> 14, 37-42.<lb/>
Je&#x017F;us kam, und fand &#x017F;eine Jünger &#x017F;chlafend, und &#x017F;prach zu<lb/>
Petro: Simon, &#x017F;chläfe&#x017F;t du? Vermöchte&#x017F;t du nicht ei-<lb/>
ne Stunde zu wachen? Wachet und betet, daß ihr nicht<lb/>
in Ver&#x017F;uchung fallet. Der Gei&#x017F;t i&#x017F;t willig, aber das<lb/>
Flei&#x017F;ch i&#x017F;t &#x017F;chwach. Und gieng wieder hin, und betete, und<lb/>
&#x017F;prach die&#x017F;elben Worte. Und kam wieder, und fand &#x017F;ie<lb/>
abermal &#x017F;chlafend (denn ihre Augen waren voll Schlafs)<lb/>
und wußten nicht, was &#x017F;ie ihm antworteten. Und er kam<lb/>
zum drittenmal, und &#x017F;prach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chla-</fw><lb/></quote>
          </cit>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0048] Vierte Betrachtung. Herrn ſuche, den man im Unglück zu ſeinem Troſt zu haben wünſcht. Dann werde ich erkennen, daß ein zu Gott gerichtetes Herz, das ſeiner Liebe gewiß ſeyn kann, die beſte Erquickung unter den Leiden ſey. Nun ſo will ich dann von meinem Erlöſer die Kunſt lernen, bey al- len, auch den unangenehmſten Verhängniſſen getroſt zu ſeyn. Das Gebet und der ſtille Umgang mit Gott ſoll mein beſtändiges Tagewerk bleiben. Dann mag mir auch ein Leidenskelch gereicht werden, vor deſſen Bitterkeit ſich meine Natur entſetzet; ich will ihn aus den Händen meines Vaters mit ſtiller Gelaſſenheit annehmen, und mit meinem Heiland ſprechen: Sollte ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat? Ja, Vater! ich will ihn trinken. Nicht mein, ſondern dein Wille geſchehe. Vierte Betrachtung. Betragen Jeſu gegen ſeine Jünger unter ſeinem Seelenleiden. Marc. 14, 37-42. Jeſus kam, und fand ſeine Jünger ſchlafend, und ſprach zu Petro: Simon, ſchläfeſt du? Vermöchteſt du nicht ei- ne Stunde zu wachen? Wachet und betet, daß ihr nicht in Verſuchung fallet. Der Geiſt iſt willig, aber das Fleiſch iſt ſchwach. Und gieng wieder hin, und betete, und ſprach dieſelben Worte. Und kam wieder, und fand ſie abermal ſchlafend (denn ihre Augen waren voll Schlafs) und wußten nicht, was ſie ihm antworteten. Und er kam zum drittenmal, und ſprach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun ſchla-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/48
Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/48>, abgerufen am 21.11.2024.