Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905
"Du willst also mit Fred nicht sprechen?" wiederholte Stella, deren Zorn wuchs." Nun gut! Klage nur dich an, wenn ich etwas nach euren Gebräuchen Unpassendes begehe -. Ich werde selbst mit ihm reden!" "Ich verbiete es dir," rief Frau von Ellissen. "Und ich verteidige mein Recht auf Glück," entgegnete das junge Mädchen. "Stella, nimm dich in acht. Denk doch erst darüber nach." "Ganz richtig! damit mir ihn eine andere wegnimmt, oder er sich eine Kugel vor den Kopf schießt. Du hörst doch, daß er fortwill! Ich werde großmütiger sein als du und ich werde mich selbst anbieten. Finde dich drein." Dann drehte sie sich frech um sich selbst und ging ohne ein Wort in ihr Zimmer. Es gab kein Zögern mehr. Gut, sie würde es ihm hinwerfen, das elende zerrissene Herz. Aber vor den schrecklichen Worten, die sie dem in sie verliebten Fred zu sagen hatte, versagten ihr die Gedanken; ihr Körper sträubte sich, sobald sie den entsetzlichen, entwaffnenden Schwindel nahen fühlte, der jeden Widerstand gegen die Tränen dessen, den man liebt und der einen begehrt, lähmt. „Du willst also mit Fred nicht sprechen?“ wiederholte Stella, deren Zorn wuchs.„ Nun gut! Klage nur dich an, wenn ich etwas nach euren Gebräuchen Unpassendes begehe –. Ich werde selbst mit ihm reden!“ „Ich verbiete es dir,“ rief Frau von Ellissen. „Und ich verteidige mein Recht auf Glück,“ entgegnete das junge Mädchen. „Stella, nimm dich in acht. Denk doch erst darüber nach.“ „Ganz richtig! damit mir ihn eine andere wegnimmt, oder er sich eine Kugel vor den Kopf schießt. Du hörst doch, daß er fortwill! Ich werde großmütiger sein als du und ich werde mich selbst anbieten. Finde dich drein.“ Dann drehte sie sich frech um sich selbst und ging ohne ein Wort in ihr Zimmer. Es gab kein Zögern mehr. Gut, sie würde es ihm hinwerfen, das elende zerrissene Herz. Aber vor den schrecklichen Worten, die sie dem in sie verliebten Fred zu sagen hatte, versagten ihr die Gedanken; ihr Körper sträubte sich, sobald sie den entsetzlichen, entwaffnenden Schwindel nahen fühlte, der jeden Widerstand gegen die Tränen dessen, den man liebt und der einen begehrt, lähmt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0123" n="122"/> <p>„Du willst also mit Fred nicht sprechen?“ wiederholte Stella, deren Zorn wuchs.„ Nun gut! Klage nur dich an, wenn ich etwas nach euren Gebräuchen Unpassendes begehe –. Ich werde selbst mit ihm reden!“</p> <p>„Ich verbiete es dir,“ rief Frau von Ellissen.</p> <p>„Und ich verteidige mein Recht auf Glück,“ entgegnete das junge Mädchen.</p> <p>„Stella, nimm dich in acht. Denk doch erst darüber nach.“</p> <p>„Ganz richtig! damit mir ihn eine andere wegnimmt, oder er sich eine Kugel vor den Kopf schießt. Du hörst doch, daß er fortwill! Ich werde großmütiger sein als du und ich werde mich selbst anbieten. Finde dich drein.“</p> <p>Dann drehte sie sich frech um sich selbst und ging ohne ein Wort in ihr Zimmer.</p> <p>Es gab kein Zögern mehr. Gut, sie würde es ihm hinwerfen, das elende zerrissene Herz. Aber vor den schrecklichen Worten, die sie dem in sie verliebten Fred zu sagen hatte, versagten ihr die Gedanken; ihr Körper sträubte sich, sobald sie den entsetzlichen, entwaffnenden Schwindel nahen fühlte, der jeden Widerstand gegen die Tränen dessen, den man liebt und der einen begehrt, lähmt.</p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0123]
„Du willst also mit Fred nicht sprechen?“ wiederholte Stella, deren Zorn wuchs.„ Nun gut! Klage nur dich an, wenn ich etwas nach euren Gebräuchen Unpassendes begehe –. Ich werde selbst mit ihm reden!“
„Ich verbiete es dir,“ rief Frau von Ellissen.
„Und ich verteidige mein Recht auf Glück,“ entgegnete das junge Mädchen.
„Stella, nimm dich in acht. Denk doch erst darüber nach.“
„Ganz richtig! damit mir ihn eine andere wegnimmt, oder er sich eine Kugel vor den Kopf schießt. Du hörst doch, daß er fortwill! Ich werde großmütiger sein als du und ich werde mich selbst anbieten. Finde dich drein.“
Dann drehte sie sich frech um sich selbst und ging ohne ein Wort in ihr Zimmer.
Es gab kein Zögern mehr. Gut, sie würde es ihm hinwerfen, das elende zerrissene Herz. Aber vor den schrecklichen Worten, die sie dem in sie verliebten Fred zu sagen hatte, versagten ihr die Gedanken; ihr Körper sträubte sich, sobald sie den entsetzlichen, entwaffnenden Schwindel nahen fühlte, der jeden Widerstand gegen die Tränen dessen, den man liebt und der einen begehrt, lähmt.
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| Zitationshilfe: | Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/123>, abgerufen am 23.11.2024. |
