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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"O, liebe Miß, sprechen Sie mir nicht vom Wohlwollen des Lebens - ich darf nicht klagen. Und doch, ich leide, leide entsetzlich!"

"Bedenken Sie," sagte das alte Fräulein gradheraus, "um wieviel schrecklicher Ihr Leid wäre, wenn Sie diesen jungen Mann anders geliebt hätten? Dann wäre nicht ihr Herz allein zerrissen, sondern Ihr ganzes Sein."

"Und wenn ich mich vergessen hätte, ihm mein ganzes Sein geboten!"

"Mira! nein - das glaub' ich nicht. Gott hat Sie beschützt, denn trotz aller, übrigens so natürlichen, Versuchungen, sind Sie ohne Fehl geblieben. Welche Befriedigung müssen Sie in dieser Stunde empfinden, die unabwendbar schlagen mußte! Sie würden sich demjenigen, der Ihnen allzusehr angehört hätte, aus Anstand und aus Achtung für sich selbst, verpflichtet sehen! Vergessen Sie nicht, Sie waren die Gattin von Stellas Vater! Danken Sie Gott, teuere Ungläubige, der Sie zärtlich aber keusch werden ließ, und bereiten Sie ruhig selber, mit ihren eigenen Händen, diese Heirat vor, die die beste Lösung der Frage bietet."

"Werde ich den Mut dazu haben?" murmelte Frau von Ellissen.

„O, liebe Miß, sprechen Sie mir nicht vom Wohlwollen des Lebens – ich darf nicht klagen. Und doch, ich leide, leide entsetzlich!“

„Bedenken Sie,“ sagte das alte Fräulein gradheraus, „um wieviel schrecklicher Ihr Leid wäre, wenn Sie diesen jungen Mann anders geliebt hätten? Dann wäre nicht ihr Herz allein zerrissen, sondern Ihr ganzes Sein.“

„Und wenn ich mich vergessen hätte, ihm mein ganzes Sein geboten!“

„Mira! nein – das glaub’ ich nicht. Gott hat Sie beschützt, denn trotz aller, übrigens so natürlichen, Versuchungen, sind Sie ohne Fehl geblieben. Welche Befriedigung müssen Sie in dieser Stunde empfinden, die unabwendbar schlagen mußte! Sie würden sich demjenigen, der Ihnen allzusehr angehört hätte, aus Anstand und aus Achtung für sich selbst, verpflichtet sehen! Vergessen Sie nicht, Sie waren die Gattin von Stellas Vater! Danken Sie Gott, teuere Ungläubige, der Sie zärtlich aber keusch werden ließ, und bereiten Sie ruhig selber, mit ihren eigenen Händen, diese Heirat vor, die die beste Lösung der Frage bietet.“

„Werde ich den Mut dazu haben?“ murmelte Frau von Ellissen.

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[142/0143] „O, liebe Miß, sprechen Sie mir nicht vom Wohlwollen des Lebens – ich darf nicht klagen. Und doch, ich leide, leide entsetzlich!“ „Bedenken Sie,“ sagte das alte Fräulein gradheraus, „um wieviel schrecklicher Ihr Leid wäre, wenn Sie diesen jungen Mann anders geliebt hätten? Dann wäre nicht ihr Herz allein zerrissen, sondern Ihr ganzes Sein.“ „Und wenn ich mich vergessen hätte, ihm mein ganzes Sein geboten!“ „Mira! nein – das glaub’ ich nicht. Gott hat Sie beschützt, denn trotz aller, übrigens so natürlichen, Versuchungen, sind Sie ohne Fehl geblieben. Welche Befriedigung müssen Sie in dieser Stunde empfinden, die unabwendbar schlagen mußte! Sie würden sich demjenigen, der Ihnen allzusehr angehört hätte, aus Anstand und aus Achtung für sich selbst, verpflichtet sehen! Vergessen Sie nicht, Sie waren die Gattin von Stellas Vater! Danken Sie Gott, teuere Ungläubige, der Sie zärtlich aber keusch werden ließ, und bereiten Sie ruhig selber, mit ihren eigenen Händen, diese Heirat vor, die die beste Lösung der Frage bietet.“ „Werde ich den Mut dazu haben?“ murmelte Frau von Ellissen.

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/143>, abgerufen am 23.11.2024.