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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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Frau von Ellissen lächelte, stieg eilig die Treppe hinauf und verfügte sich in ihr Zimmer. Dort trat sie geradenwegs ans Fenster, das in den Park ging, lehnte sich hinaus und zog sich gleich wieder zurück. Dem Fenster gegenüber wiegte sich ein junger Mann in einem Rocking-chair und sah dem blauen Rauch seiner Zigarette nach. Mit dem Ende seines leichten Spazierstockes, den er in der Mitte gefaßt hielt, schlug er einen unregelmäßigen Takt, den sein Fuß ab und zu verstärkte, als ob er ein unsichtbares Orchester leitete.

Die junge Frau nahm ihren Hut ab und strich mit der Bürste über ihr braunes Haar, das oben auf dem Kopf zu einem lockeren Knoten gewunden war. Sie hatte ihren Mantel abgeworfen: in tadelloser Linie zeichnete sich ihre leicht gewölbte Büste unter einem dünnen schwarzweißen Batistkleid ab. Der weiße Hals leuchtete in seinem kernigen Fleisch. Sie nahm einen Sonnenschirm und ging in den Park hinab.

Bald darauf erschien sie an der Biegung einer Allee. Der junge Mann erblickte sie und sprang mit freudigem Eifer auf. Aber er ließ sie zu sich herankommen ohne sich zu rühren, ein bewunderndes Lächeln auf dem Antlitz.

Frau von Ellissen lächelte, stieg eilig die Treppe hinauf und verfügte sich in ihr Zimmer. Dort trat sie geradenwegs ans Fenster, das in den Park ging, lehnte sich hinaus und zog sich gleich wieder zurück. Dem Fenster gegenüber wiegte sich ein junger Mann in einem Rocking-chair und sah dem blauen Rauch seiner Zigarette nach. Mit dem Ende seines leichten Spazierstockes, den er in der Mitte gefaßt hielt, schlug er einen unregelmäßigen Takt, den sein Fuß ab und zu verstärkte, als ob er ein unsichtbares Orchester leitete.

Die junge Frau nahm ihren Hut ab und strich mit der Bürste über ihr braunes Haar, das oben auf dem Kopf zu einem lockeren Knoten gewunden war. Sie hatte ihren Mantel abgeworfen: in tadelloser Linie zeichnete sich ihre leicht gewölbte Büste unter einem dünnen schwarzweißen Batistkleid ab. Der weiße Hals leuchtete in seinem kernigen Fleisch. Sie nahm einen Sonnenschirm und ging in den Park hinab.

Bald darauf erschien sie an der Biegung einer Allee. Der junge Mann erblickte sie und sprang mit freudigem Eifer auf. Aber er ließ sie zu sich herankommen ohne sich zu rühren, ein bewunderndes Lächeln auf dem Antlitz.

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[18/0019] Frau von Ellissen lächelte, stieg eilig die Treppe hinauf und verfügte sich in ihr Zimmer. Dort trat sie geradenwegs ans Fenster, das in den Park ging, lehnte sich hinaus und zog sich gleich wieder zurück. Dem Fenster gegenüber wiegte sich ein junger Mann in einem Rocking-chair und sah dem blauen Rauch seiner Zigarette nach. Mit dem Ende seines leichten Spazierstockes, den er in der Mitte gefaßt hielt, schlug er einen unregelmäßigen Takt, den sein Fuß ab und zu verstärkte, als ob er ein unsichtbares Orchester leitete. Die junge Frau nahm ihren Hut ab und strich mit der Bürste über ihr braunes Haar, das oben auf dem Kopf zu einem lockeren Knoten gewunden war. Sie hatte ihren Mantel abgeworfen: in tadelloser Linie zeichnete sich ihre leicht gewölbte Büste unter einem dünnen schwarzweißen Batistkleid ab. Der weiße Hals leuchtete in seinem kernigen Fleisch. Sie nahm einen Sonnenschirm und ging in den Park hinab. Bald darauf erschien sie an der Biegung einer Allee. Der junge Mann erblickte sie und sprang mit freudigem Eifer auf. Aber er ließ sie zu sich herankommen ohne sich zu rühren, ein bewunderndes Lächeln auf dem Antlitz.

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/19>, abgerufen am 03.12.2024.