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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von denen Hindernissen der Vermehrung
Amsterdam, Hamburg etc. finden sich die tödtlichen La-
ster mehr bey dem gantz gemeinem Mann und rohem
Schiff Volck, als bey ehrbaren Bürgern und ge-
schäfftigen Kaufleuten. Von Berlin muß ich frey ge-
stehen, daß die Lebens-Art sich seit einiger Zeit scheinet
sehr verschlimmert zu haben, und daß die Laster, so
das Leben verkürtzen, gar sehr die Oberhand gewon-
nen. Dieses beweise ich mit denen Hur-Kindern.
Beym Anfang dieses Jahrhunderts, 1698-1703.
waren jährlich etwan 100 bis 120. Hur-Kinder. Um
die Jahre 1717-1721. waren ihrer in der mittlern
Zahl an die 200. Im Jahr 1729. waren 304,
und 1732. gar 380. Wenn ich nun auch setze,
daß Berlin seit 1700. an Einwohnern sich verdop-
pelt, so würden auch die Hur-Kinder sich nur ver-
doppelt haben, wenn Hurerey nicht weit geschwin-
der gewachsen wäre. So aber ist der Wachsthum
des Volckes in denen Jahren höchstens wie 1 zu 2,
der Wachsthum der Hur-Kinder aber, und also
auch des Lasters der Hurerey, ist wenigstens wie 1
zu 3. Soll man nun nicht mit Recht vermuthen,
daß so wie dieses also auch andere Laster und Un-
ordnungen sich in Proportion der Menschen sehr ge-
mehret, und wenigstens auf die Helffte gestiegen?
Wie die Tugenden, so hängen auch die Laster wie
eine Kette aneinander. Hieraus läßt sich nun auch
ohnschwehr erklären, woher es komme, daß seit 1726.
mehrentheils mehr Leute gestorben als gebohren.
Es liessen sich aus dem, was von diesen Ursachen
beygebracht, verschiedene nützliche Folgerungen her-
leiten, ich lasse sie aber hier weg, weil sich dazu
vielleicht hernach wohl Gelegenheit finden wird.
Ich gehe weiter zur Untersuchung der Frage,

ob

Von denen Hinderniſſen der Vermehrung
Amſterdam, Hamburg ꝛc. finden ſich die toͤdtlichen La-
ſter mehr bey dem gantz gemeinem Mann und rohem
Schiff Volck, als bey ehrbaren Buͤrgern und ge-
ſchaͤfftigen Kaufleuten. Von Berlin muß ich frey ge-
ſtehen, daß die Lebens-Art ſich ſeit einiger Zeit ſcheinet
ſehr verſchlimmert zu haben, und daß die Laſter, ſo
das Leben verkuͤrtzen, gar ſehr die Oberhand gewon-
nen. Dieſes beweiſe ich mit denen Hur-Kindern.
Beym Anfang dieſes Jahrhunderts, 1698-1703.
waren jaͤhrlich etwan 100 bis 120. Hur-Kinder. Um
die Jahre 1717-1721. waren ihrer in der mittlern
Zahl an die 200. Im Jahr 1729. waren 304,
und 1732. gar 380. Wenn ich nun auch ſetze,
daß Berlin ſeit 1700. an Einwohnern ſich verdop-
pelt, ſo wuͤrden auch die Hur-Kinder ſich nur ver-
doppelt haben, wenn Hurerey nicht weit geſchwin-
der gewachſen waͤre. So aber iſt der Wachsthum
des Volckes in denen Jahren hoͤchſtens wie 1 zu 2,
der Wachsthum der Hur-Kinder aber, und alſo
auch des Laſters der Hurerey, iſt wenigſtens wie 1
zu 3. Soll man nun nicht mit Recht vermuthen,
daß ſo wie dieſes alſo auch andere Laſter und Un-
ordnungen ſich in Proportion der Menſchen ſehr ge-
mehret, und wenigſtens auf die Helffte geſtiegen?
Wie die Tugenden, ſo haͤngen auch die Laſter wie
eine Kette aneinander. Hieraus laͤßt ſich nun auch
ohnſchwehr erklaͤren, woher es komme, daß ſeit 1726.
mehrentheils mehr Leute geſtorben als gebohren.
Es lieſſen ſich aus dem, was von dieſen Urſachen
beygebracht, verſchiedene nuͤtzliche Folgerungen her-
leiten, ich laſſe ſie aber hier weg, weil ſich dazu
vielleicht hernach wohl Gelegenheit finden wird.
Ich gehe weiter zur Unterſuchung der Frage,

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[66/0112] Von denen Hinderniſſen der Vermehrung Amſterdam, Hamburg ꝛc. finden ſich die toͤdtlichen La- ſter mehr bey dem gantz gemeinem Mann und rohem Schiff Volck, als bey ehrbaren Buͤrgern und ge- ſchaͤfftigen Kaufleuten. Von Berlin muß ich frey ge- ſtehen, daß die Lebens-Art ſich ſeit einiger Zeit ſcheinet ſehr verſchlimmert zu haben, und daß die Laſter, ſo das Leben verkuͤrtzen, gar ſehr die Oberhand gewon- nen. Dieſes beweiſe ich mit denen Hur-Kindern. Beym Anfang dieſes Jahrhunderts, 1698-1703. waren jaͤhrlich etwan 100 bis 120. Hur-Kinder. Um die Jahre 1717-1721. waren ihrer in der mittlern Zahl an die 200. Im Jahr 1729. waren 304, und 1732. gar 380. Wenn ich nun auch ſetze, daß Berlin ſeit 1700. an Einwohnern ſich verdop- pelt, ſo wuͤrden auch die Hur-Kinder ſich nur ver- doppelt haben, wenn Hurerey nicht weit geſchwin- der gewachſen waͤre. So aber iſt der Wachsthum des Volckes in denen Jahren hoͤchſtens wie 1 zu 2, der Wachsthum der Hur-Kinder aber, und alſo auch des Laſters der Hurerey, iſt wenigſtens wie 1 zu 3. Soll man nun nicht mit Recht vermuthen, daß ſo wie dieſes alſo auch andere Laſter und Un- ordnungen ſich in Proportion der Menſchen ſehr ge- mehret, und wenigſtens auf die Helffte geſtiegen? Wie die Tugenden, ſo haͤngen auch die Laſter wie eine Kette aneinander. Hieraus laͤßt ſich nun auch ohnſchwehr erklaͤren, woher es komme, daß ſeit 1726. mehrentheils mehr Leute geſtorben als gebohren. Es lieſſen ſich aus dem, was von dieſen Urſachen beygebracht, verſchiedene nuͤtzliche Folgerungen her- leiten, ich laſſe ſie aber hier weg, weil ſich dazu vielleicht hernach wohl Gelegenheit finden wird. Ich gehe weiter zur Unterſuchung der Frage, ob

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/112>, abgerufen am 09.11.2024.