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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von der Fruchtbarkeit
dieser thörichte Einwurf zu einem Beweiß, wie Leu-
te, die sonst Verstand haben, sich in so wichtigen
Dingen verstossen können. In andern Dingen ist
man behutsam, bey denen Wahrheiten der Reli-
gion, die von der grösten Wichtigkeit, zeiget sich die
gröste Leichtsinnigkeit. Gewiß, darinn bestehet gar
nicht die Freyheit zu dencken, wenn man sich durch
einen jeden Schein läst einnehmen. Das ist nicht
Vernunft, sondern Thorheit. So elend dieser Ein-
wurf, so schwach sind auch gar sehr viele andere,
womit sich eitele und sich noch wohl klug dünckende
Gemüther zu ihrem Verderben schleppen. Unsin-
nige Wünsche und lasterhafte Neigungen sind die
Quellen und einzigen Stützen vieler Irrthümer.
Das Vierte Capitel.
Von der Fruchtbarkeit und derselben
Unterscheid und Ursachen.
§. 33.

DIe Fruchtbarkeit, wovon hier die Rede ist, be-
ziehet sich auf die Ehen, und wird aus der Zahl
der Kinder, die aus denen Ehen kommen, erkannt
und beurtheilet. Sie ist grösser oder kleiner, nach-
dem die Ehen viel oder wenig Kinder geben. Hier
soll anjetzo von der Fruchtbarkeit gantzer Städte und
Länder gehandelt werden. In einer grossen Menge
Ehen gibt es viele, die gantz unfruchtbahr sind.
Wolte man die Sache genau suchen, müsten diese
billig gantz ausgeschlossen werden, weil man als-
denn wissen könte, wie viel Kinder die Ehen, eine in
die andere gerechnet, gemeiniglich zu geben pflegten.

Da
Von der Fruchtbarkeit
dieſer thoͤrichte Einwurf zu einem Beweiß, wie Leu-
te, die ſonſt Verſtand haben, ſich in ſo wichtigen
Dingen verſtoſſen koͤnnen. In andern Dingen iſt
man behutſam, bey denen Wahrheiten der Reli-
gion, die von der groͤſten Wichtigkeit, zeiget ſich die
groͤſte Leichtſinnigkeit. Gewiß, darinn beſtehet gar
nicht die Freyheit zu dencken, wenn man ſich durch
einen jeden Schein laͤſt einnehmen. Das iſt nicht
Vernunft, ſondern Thorheit. So elend dieſer Ein-
wurf, ſo ſchwach ſind auch gar ſehr viele andere,
womit ſich eitele und ſich noch wohl klug duͤnckende
Gemuͤther zu ihrem Verderben ſchleppen. Unſin-
nige Wuͤnſche und laſterhafte Neigungen ſind die
Quellen und einzigen Stuͤtzen vieler Irrthuͤmer.
Das Vierte Capitel.
Von der Fruchtbarkeit und derſelben
Unterſcheid und Urſachen.
§. 33.

DIe Fruchtbarkeit, wovon hier die Rede iſt, be-
ziehet ſich auf die Ehen, und wird aus der Zahl
der Kinder, die aus denen Ehen kommen, erkannt
und beurtheilet. Sie iſt groͤſſer oder kleiner, nach-
dem die Ehen viel oder wenig Kinder geben. Hier
ſoll anjetzo von der Fruchtbarkeit gantzer Staͤdte und
Laͤnder gehandelt werden. In einer groſſen Menge
Ehen gibt es viele, die gantz unfruchtbahr ſind.
Wolte man die Sache genau ſuchen, muͤſten dieſe
billig gantz ausgeſchloſſen werden, weil man als-
denn wiſſen koͤnte, wie viel Kinder die Ehen, eine in
die andere gerechnet, gemeiniglich zu geben pflegten.

Da
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[104/0150] Von der Fruchtbarkeit dieſer thoͤrichte Einwurf zu einem Beweiß, wie Leu- te, die ſonſt Verſtand haben, ſich in ſo wichtigen Dingen verſtoſſen koͤnnen. In andern Dingen iſt man behutſam, bey denen Wahrheiten der Reli- gion, die von der groͤſten Wichtigkeit, zeiget ſich die groͤſte Leichtſinnigkeit. Gewiß, darinn beſtehet gar nicht die Freyheit zu dencken, wenn man ſich durch einen jeden Schein laͤſt einnehmen. Das iſt nicht Vernunft, ſondern Thorheit. So elend dieſer Ein- wurf, ſo ſchwach ſind auch gar ſehr viele andere, womit ſich eitele und ſich noch wohl klug duͤnckende Gemuͤther zu ihrem Verderben ſchleppen. Unſin- nige Wuͤnſche und laſterhafte Neigungen ſind die Quellen und einzigen Stuͤtzen vieler Irrthuͤmer. Das Vierte Capitel. Von der Fruchtbarkeit und derſelben Unterſcheid und Urſachen. §. 33. DIe Fruchtbarkeit, wovon hier die Rede iſt, be- ziehet ſich auf die Ehen, und wird aus der Zahl der Kinder, die aus denen Ehen kommen, erkannt und beurtheilet. Sie iſt groͤſſer oder kleiner, nach- dem die Ehen viel oder wenig Kinder geben. Hier ſoll anjetzo von der Fruchtbarkeit gantzer Staͤdte und Laͤnder gehandelt werden. In einer groſſen Menge Ehen gibt es viele, die gantz unfruchtbahr ſind. Wolte man die Sache genau ſuchen, muͤſten dieſe billig gantz ausgeſchloſſen werden, weil man als- denn wiſſen koͤnte, wie viel Kinder die Ehen, eine in die andere gerechnet, gemeiniglich zu geben pflegten. Da

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/150>, abgerufen am 23.11.2024.