Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

nach dem verschiedenem Alter.
ches wiederräth, welches ich denen Politicis über-
lasse.

§. 87.

Herr Halley schließt endlich noch aus seiner
Tabelle dieses, daß es unbillig sey, sich über die
Kürtze unsers Lebens zu beklagen und zu glauben,
es geschehe einem Unrecht, wenn man nicht ein ho-
hes Alter erreichet. Aus dem vorigen erhellet ja, daß
die eine Helfte der gebohrnen vor dem siebenten
Jahre, ja noch eher (§. 71.) schon wieder hinweg
gestorben. Anstatt des Murrens über dem frühzei-
tigem Tod soll man also GOtt vielmehr für seine
Gnade dancken, der uns manche Periodos des Le-
bens überleben lassen, zu welchen die eine Helfte von
dem gautzen Stamm des menschlichen Geschlechtes
nicht gelanget. Zu dieser Reflexion füge ich noch
diese hinzu, die ein jeder bey Betrachtung der An-
zahl der sterbenden, ehe sie ein gesetztes und männli-
ches Alter erreichen, billig machen soll: Da es der
göttlichen Vorsehung gefallen, den Zugang zum
Leben mit so vielen Schwierigkeiten zu umgeben,
und so viele wieder fort müssen, ehe sie zu dem Al-
ter und Stande kommen, GOtt und ihrem Nechstem
recht zu dienen; so muß GOtt, dessen Weißheit
nichts ohne hinreichenden Grund wehlet, besondere
Absichten gehabt haben, warum er dich zum Leben
bestimmet. Hiedurch muß sich ein Mensch weiter
ermuntern lassen, die allgemeinen und besondern
Absichten seines GOttes nach Möglichkeit zu errei-
chen. Da er sich unter vielen gleichsam als vom
Tode erkauft anzusehen, so läßt er sich dieses dazu
dienen, daß er wieder alle Zeit und Gelegenheit aus-

kauffet,
Q 2

nach dem verſchiedenem Alter.
ches wiederraͤth, welches ich denen Politicis uͤber-
laſſe.

§. 87.

Herr Halley ſchließt endlich noch aus ſeiner
Tabelle dieſes, daß es unbillig ſey, ſich uͤber die
Kuͤrtze unſers Lebens zu beklagen und zu glauben,
es geſchehe einem Unrecht, wenn man nicht ein ho-
hes Alter erreichet. Aus dem vorigen erhellet ja, daß
die eine Helfte der gebohrnen vor dem ſiebenten
Jahre, ja noch eher (§. 71.) ſchon wieder hinweg
geſtorben. Anſtatt des Murrens uͤber dem fruͤhzei-
tigem Tod ſoll man alſo GOtt vielmehr fuͤr ſeine
Gnade dancken, der uns manche Periodos des Le-
bens uͤberleben laſſen, zu welchen die eine Helfte von
dem gautzen Stamm des menſchlichen Geſchlechtes
nicht gelanget. Zu dieſer Reflexion fuͤge ich noch
dieſe hinzu, die ein jeder bey Betrachtung der An-
zahl der ſterbenden, ehe ſie ein geſetztes und maͤnnli-
ches Alter erreichen, billig machen ſoll: Da es der
goͤttlichen Vorſehung gefallen, den Zugang zum
Leben mit ſo vielen Schwierigkeiten zu umgeben,
und ſo viele wieder fort muͤſſen, ehe ſie zu dem Al-
ter und Stande kommen, GOtt und ihrem Nechſtem
recht zu dienen; ſo muß GOtt, deſſen Weißheit
nichts ohne hinreichenden Grund wehlet, beſondere
Abſichten gehabt haben, warum er dich zum Leben
beſtimmet. Hiedurch muß ſich ein Menſch weiter
ermuntern laſſen, die allgemeinen und beſondern
Abſichten ſeines GOttes nach Moͤglichkeit zu errei-
chen. Da er ſich unter vielen gleichſam als vom
Tode erkauft anzuſehen, ſo laͤßt er ſich dieſes dazu
dienen, daß er wieder alle Zeit und Gelegenheit aus-

kauffet,
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0291" n="243"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach dem ver&#x017F;chiedenem Alter.</hi></fw><lb/>
ches wiederra&#x0364;th, welches ich denen Politicis u&#x0364;ber-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 87.</head><lb/>
          <p>Herr Halley &#x017F;chließt endlich noch aus &#x017F;einer<lb/>
Tabelle die&#x017F;es, daß es unbillig &#x017F;ey, &#x017F;ich u&#x0364;ber die<lb/>
Ku&#x0364;rtze un&#x017F;ers Lebens zu beklagen und zu glauben,<lb/>
es ge&#x017F;chehe einem Unrecht, wenn man nicht ein ho-<lb/>
hes Alter erreichet. Aus dem vorigen erhellet ja, daß<lb/>
die eine Helfte der gebohrnen vor dem &#x017F;iebenten<lb/>
Jahre, ja noch eher (§. 71.) &#x017F;chon wieder hinweg<lb/>
ge&#x017F;torben. An&#x017F;tatt des Murrens u&#x0364;ber dem fru&#x0364;hzei-<lb/>
tigem Tod &#x017F;oll man al&#x017F;o GOtt vielmehr fu&#x0364;r &#x017F;eine<lb/>
Gnade dancken, der uns manche Periodos des Le-<lb/>
bens u&#x0364;berleben la&#x017F;&#x017F;en, zu welchen die eine Helfte von<lb/>
dem gautzen Stamm des men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechtes<lb/>
nicht gelanget. Zu die&#x017F;er Reflexion fu&#x0364;ge ich noch<lb/>
die&#x017F;e hinzu, die ein jeder bey Betrachtung der An-<lb/>
zahl der &#x017F;terbenden, ehe &#x017F;ie ein ge&#x017F;etztes und ma&#x0364;nnli-<lb/>
ches Alter erreichen, billig machen &#x017F;oll: Da es der<lb/>
go&#x0364;ttlichen Vor&#x017F;ehung gefallen, den Zugang zum<lb/>
Leben mit &#x017F;o vielen Schwierigkeiten zu umgeben,<lb/>
und &#x017F;o viele wieder fort mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ehe &#x017F;ie zu dem Al-<lb/>
ter und Stande kommen, GOtt und ihrem Nech&#x017F;tem<lb/>
recht zu dienen; &#x017F;o muß GOtt, de&#x017F;&#x017F;en Weißheit<lb/>
nichts ohne hinreichenden Grund wehlet, be&#x017F;ondere<lb/>
Ab&#x017F;ichten gehabt haben, warum er dich zum Leben<lb/>
be&#x017F;timmet. Hiedurch muß &#x017F;ich ein Men&#x017F;ch weiter<lb/>
ermuntern la&#x017F;&#x017F;en, die allgemeinen und be&#x017F;ondern<lb/>
Ab&#x017F;ichten &#x017F;eines GOttes nach Mo&#x0364;glichkeit zu errei-<lb/>
chen. Da er &#x017F;ich unter vielen gleich&#x017F;am als vom<lb/>
Tode erkauft anzu&#x017F;ehen, &#x017F;o la&#x0364;ßt er &#x017F;ich die&#x017F;es dazu<lb/>
dienen, daß er wieder alle Zeit und Gelegenheit aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">kauffet,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0291] nach dem verſchiedenem Alter. ches wiederraͤth, welches ich denen Politicis uͤber- laſſe. §. 87. Herr Halley ſchließt endlich noch aus ſeiner Tabelle dieſes, daß es unbillig ſey, ſich uͤber die Kuͤrtze unſers Lebens zu beklagen und zu glauben, es geſchehe einem Unrecht, wenn man nicht ein ho- hes Alter erreichet. Aus dem vorigen erhellet ja, daß die eine Helfte der gebohrnen vor dem ſiebenten Jahre, ja noch eher (§. 71.) ſchon wieder hinweg geſtorben. Anſtatt des Murrens uͤber dem fruͤhzei- tigem Tod ſoll man alſo GOtt vielmehr fuͤr ſeine Gnade dancken, der uns manche Periodos des Le- bens uͤberleben laſſen, zu welchen die eine Helfte von dem gautzen Stamm des menſchlichen Geſchlechtes nicht gelanget. Zu dieſer Reflexion fuͤge ich noch dieſe hinzu, die ein jeder bey Betrachtung der An- zahl der ſterbenden, ehe ſie ein geſetztes und maͤnnli- ches Alter erreichen, billig machen ſoll: Da es der goͤttlichen Vorſehung gefallen, den Zugang zum Leben mit ſo vielen Schwierigkeiten zu umgeben, und ſo viele wieder fort muͤſſen, ehe ſie zu dem Al- ter und Stande kommen, GOtt und ihrem Nechſtem recht zu dienen; ſo muß GOtt, deſſen Weißheit nichts ohne hinreichenden Grund wehlet, beſondere Abſichten gehabt haben, warum er dich zum Leben beſtimmet. Hiedurch muß ſich ein Menſch weiter ermuntern laſſen, die allgemeinen und beſondern Abſichten ſeines GOttes nach Moͤglichkeit zu errei- chen. Da er ſich unter vielen gleichſam als vom Tode erkauft anzuſehen, ſo laͤßt er ſich dieſes dazu dienen, daß er wieder alle Zeit und Gelegenheit aus- kauffet, Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/291
Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/291>, abgerufen am 24.11.2024.