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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von denen Kranckheiten
Kinder-Kranckheiten grossen Theils daher geleitet.
Er schreibt davon also: [o] Es ist was grausames
zu sehen, daß eine Frau, die mit allen Vollkommen-
heiten des Leibes von der Natur begabet, vermögend
ist, ihr unschuldiges, zartes und hülfloses Kind gleich
nach ihrer Entbindung von sich zu thun und es einer
Amme zu übergeben, die (unter 10 tausend nicht ei-
ne) weder bey guter Gesundheit noch in guten Um-
ständen, die weder dem Leibe noch der Seele nach
die nöthige Vollkommenheiten, die weder Ehre noch
guten Nahmen, weder Liebe noch Erbarmen gegen
das arme Geschöpfe hat, deren Absichten mehr auf
das Geld als das Kind gerichtet, daher ihre gantze
Sorgfalt nach der Grösse des Geldes und nach der
Kraft der Geschencke proportioniret ist. Solche
Ammen sind wie die Erde beym Aesopus, die eine
Pflantze von fremdem Grunde nicht annehmen und
ernähren wolte, bloß aus der Ursache, weil die Pflan-
tze nicht durch sie hervor gebracht. Und wie ein
fremdes Kind eben so wenig von der Art und Na-
tur einer Amme ist als eine Pflantze von der Art
eines unterschiedenen Bodens, wie kan man glauben,
daß ein solch Kind sortkommen soll? oder wenn es
ja fortkommt, muß es nicht die groben Eigenschaften
und Säfte der Amme einsaugen, so wie eine Pflan-
tze auf unterschiedenem Grunde, oder wie ein Pfropf-
reiß auf einem fremdem Stamme? Gibt es nicht
die Erfahrung, daß ein Lamm, so an einer Ziege sau-
get, gar sehr seine Art verändert, so gar daß seine
Haut und Wolle Ziegen-artig wird? Eben so hat
man durch die tägliche Erfahrung gnugsam ange-
mercket, was eine Amme bey einem Kinde vermöge,

indem
[o] the Spectator. Tom. 3. Num. 246.

Von denen Kranckheiten
Kinder-Kranckheiten groſſen Theils daher geleitet.
Er ſchreibt davon alſo: [o] Es iſt was grauſames
zu ſehen, daß eine Frau, die mit allen Vollkommen-
heiten des Leibes von der Natur begabet, vermoͤgend
iſt, ihr unſchuldiges, zartes und huͤlfloſes Kind gleich
nach ihrer Entbindung von ſich zu thun und es einer
Amme zu uͤbergeben, die (unter 10 tauſend nicht ei-
ne) weder bey guter Geſundheit noch in guten Um-
ſtaͤnden, die weder dem Leibe noch der Seele nach
die noͤthige Vollkommenheiten, die weder Ehre noch
guten Nahmen, weder Liebe noch Erbarmen gegen
das arme Geſchoͤpfe hat, deren Abſichten mehr auf
das Geld als das Kind gerichtet, daher ihre gantze
Sorgfalt nach der Groͤſſe des Geldes und nach der
Kraft der Geſchencke proportioniret iſt. Solche
Ammen ſind wie die Erde beym Aeſopus, die eine
Pflantze von fremdem Grunde nicht annehmen und
ernaͤhren wolte, bloß aus der Urſache, weil die Pflan-
tze nicht durch ſie hervor gebracht. Und wie ein
fremdes Kind eben ſo wenig von der Art und Na-
tur einer Amme iſt als eine Pflantze von der Art
eines unterſchiedenen Bodens, wie kan man glauben,
daß ein ſolch Kind ſortkommen ſoll? oder wenn es
ja fortkommt, muß es nicht die groben Eigenſchaften
und Saͤfte der Amme einſaugen, ſo wie eine Pflan-
tze auf unterſchiedenem Grunde, oder wie ein Pfropf-
reiß auf einem fremdem Stamme? Gibt es nicht
die Erfahrung, daß ein Lamm, ſo an einer Ziege ſau-
get, gar ſehr ſeine Art veraͤndert, ſo gar daß ſeine
Haut und Wolle Ziegen-artig wird? Eben ſo hat
man durch die taͤgliche Erfahrung gnugſam ange-
mercket, was eine Amme bey einem Kinde vermoͤge,

indem
[o] the Spectator. Tom. 3. Num. 246.
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[284/0332] Von denen Kranckheiten Kinder-Kranckheiten groſſen Theils daher geleitet. Er ſchreibt davon alſo: [o] Es iſt was grauſames zu ſehen, daß eine Frau, die mit allen Vollkommen- heiten des Leibes von der Natur begabet, vermoͤgend iſt, ihr unſchuldiges, zartes und huͤlfloſes Kind gleich nach ihrer Entbindung von ſich zu thun und es einer Amme zu uͤbergeben, die (unter 10 tauſend nicht ei- ne) weder bey guter Geſundheit noch in guten Um- ſtaͤnden, die weder dem Leibe noch der Seele nach die noͤthige Vollkommenheiten, die weder Ehre noch guten Nahmen, weder Liebe noch Erbarmen gegen das arme Geſchoͤpfe hat, deren Abſichten mehr auf das Geld als das Kind gerichtet, daher ihre gantze Sorgfalt nach der Groͤſſe des Geldes und nach der Kraft der Geſchencke proportioniret iſt. Solche Ammen ſind wie die Erde beym Aeſopus, die eine Pflantze von fremdem Grunde nicht annehmen und ernaͤhren wolte, bloß aus der Urſache, weil die Pflan- tze nicht durch ſie hervor gebracht. Und wie ein fremdes Kind eben ſo wenig von der Art und Na- tur einer Amme iſt als eine Pflantze von der Art eines unterſchiedenen Bodens, wie kan man glauben, daß ein ſolch Kind ſortkommen ſoll? oder wenn es ja fortkommt, muß es nicht die groben Eigenſchaften und Saͤfte der Amme einſaugen, ſo wie eine Pflan- tze auf unterſchiedenem Grunde, oder wie ein Pfropf- reiß auf einem fremdem Stamme? Gibt es nicht die Erfahrung, daß ein Lamm, ſo an einer Ziege ſau- get, gar ſehr ſeine Art veraͤndert, ſo gar daß ſeine Haut und Wolle Ziegen-artig wird? Eben ſo hat man durch die taͤgliche Erfahrung gnugſam ange- mercket, was eine Amme bey einem Kinde vermoͤge, indem [o] the Spectator. Tom. 3. Num. 246.

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/332>, abgerufen am 24.11.2024.