die Grausamkeit durch die Gewohnheit und Mode privilegiret, und die Natur läßt sich durch die Gewohnheit austreiben.
2.) Von der Englischen Kranckheit oder Ra- chitide glaubt Graunt, [p] daß sie erst um das Jahr 1630 bekandt geworden, in der Todten-Liste stehen im Jahr 1634 zuerst 14 todte an Rickets, nach her ist die Zahl sehr gewachsen.
3.) Die Pocken sind nicht eine der geringsten Ursachen des Todes der Kinder. Zu wünschen wä- re, daß die Africaner [q] diese Waare behalten hätten, die so vielen Leben, Gesundheit und Schön- heit raubet. In Indien ist es eine rechte Pest, die jung und alt, und einen Menschen öfters befällt. Nettleton rechnet unter hundert, so die Pocken ha- ben, 22 todte, und Cotesworth unter 6 einen, wenn sie auch gleich gelinde wären. [r] Herr D. Kund- mann aber meldet, daß solches nur allein in London so seyn müsse, weil ihm zu Anfang des Jahres 1732, da sie sehr übel zu Breßlau gehauset, von 40 nur 2 gestorben, und einer ist noch im regimine verwahrloset. Dis macht mich curieus die Sache zu untersuchen, da ich sie in der Tabelle nicht mit berechnet, weil die Pocken epidemisch, und bald grossen bald geringern Schaden thun. Ich finde aber daß in Breßlau, wenigstens in denen Jahren die ich oben zum Grunde geleget, und die Herr D. Kundmann selbst drucken lassen, in Proportion mehr an denen Pocken sterben als in London. Denn
in
[p]Annot. c. 3. §. 19. seq.
[q]Kundm. Rar. p. 1286. Cel. b. Stahlii Diss. de variolis & morbillis §. 4.
[r]id. l. c.
Von denen Kranckheiten
die Grauſamkeit durch die Gewohnheit und Mode privilegiret, und die Natur laͤßt ſich durch die Gewohnheit austreiben.
2.) Von der Engliſchen Kranckheit oder Ra- chitide glaubt Graunt, [p] daß ſie erſt um das Jahr 1630 bekandt geworden, in der Todten-Liſte ſtehen im Jahr 1634 zuerſt 14 todte an Rickets, nach her iſt die Zahl ſehr gewachſen.
3.) Die Pocken ſind nicht eine der geringſten Urſachen des Todes der Kinder. Zu wuͤnſchen waͤ- re, daß die Africaner [q] dieſe Waare behalten haͤtten, die ſo vielen Leben, Geſundheit und Schoͤn- heit raubet. In Indien iſt es eine rechte Peſt, die jung und alt, und einen Menſchen oͤfters befaͤllt. Nettleton rechnet unter hundert, ſo die Pocken ha- ben, 22 todte, und Cotesworth unter 6 einen, wenn ſie auch gleich gelinde waͤren. [r] Herr D. Kund- mann aber meldet, daß ſolches nur allein in London ſo ſeyn muͤſſe, weil ihm zu Anfang des Jahres 1732, da ſie ſehr uͤbel zu Breßlau gehauſet, von 40 nur 2 geſtorben, und einer iſt noch im regimine verwahrloſet. Dis macht mich curieus die Sache zu unterſuchen, da ich ſie in der Tabelle nicht mit berechnet, weil die Pocken epidemiſch, und bald groſſen bald geringern Schaden thun. Ich finde aber daß in Breßlau, wenigſtens in denen Jahren die ich oben zum Grunde geleget, und die Herr D. Kundmann ſelbſt drucken laſſen, in Proportion mehr an denen Pocken ſterben als in London. Denn
in
[p]Annot. c. 3. §. 19. ſeq.
[q]Kundm. Rar. p. 1286. Cel. b. Stahlii Diſſ. de variolis & morbillis §. 4.
[r]id. l. c.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0336"n="288"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von denen Kranckheiten</hi></fw><lb/>
die <hirendition="#fr">Grauſamkeit durch die Gewohnheit und<lb/>
Mode privilegiret, und die Natur laͤßt ſich<lb/>
durch die Gewohnheit austreiben.</hi></p><lb/><p>2.) Von der Engliſchen Kranckheit oder Ra-<lb/>
chitide glaubt Graunt, <noteplace="foot"n="[p]"><hirendition="#aq">Annot. c. 3. §. 19. ſeq.</hi></note> daß ſie erſt um das Jahr<lb/>
1630 bekandt geworden, in der Todten-Liſte ſtehen<lb/>
im Jahr 1634 zuerſt 14 todte an Rickets, nach her<lb/>
iſt die Zahl ſehr gewachſen.</p><lb/><p>3.) Die Pocken ſind nicht eine der geringſten<lb/>
Urſachen des Todes der Kinder. Zu wuͤnſchen waͤ-<lb/>
re, daß die Africaner <noteplace="foot"n="[q]"><hirendition="#aq">Kundm. Rar. p. 1286. Cel. b. Stahlii Diſſ. de variolis &<lb/>
morbillis</hi> §. 4.</note> dieſe Waare behalten<lb/>
haͤtten, die ſo vielen Leben, Geſundheit und Schoͤn-<lb/>
heit raubet. In Indien iſt es eine rechte Peſt, die<lb/>
jung und alt, und einen Menſchen oͤfters befaͤllt.<lb/>
Nettleton rechnet unter hundert, ſo die Pocken ha-<lb/>
ben, 22 todte, und Cotesworth unter 6 einen, wenn<lb/>ſie auch gleich gelinde waͤren. <noteplace="foot"n="[r]"><hirendition="#aq">id. l. c.</hi></note> Herr D. Kund-<lb/>
mann aber meldet, daß ſolches nur allein in London<lb/>ſo ſeyn muͤſſe, weil ihm zu Anfang des Jahres<lb/>
1732, da ſie ſehr uͤbel zu Breßlau gehauſet, von<lb/>
40 nur 2 geſtorben, und einer iſt noch im <hirendition="#aq">regimine</hi><lb/>
verwahrloſet. Dis macht mich curieus die Sache<lb/>
zu unterſuchen, da ich ſie in der Tabelle nicht mit<lb/>
berechnet, weil die Pocken epidemiſch, und bald<lb/>
groſſen bald geringern Schaden thun. Ich finde<lb/>
aber daß in Breßlau, wenigſtens in denen Jahren die<lb/>
ich oben zum Grunde geleget, und die Herr D.<lb/>
Kundmann ſelbſt drucken laſſen, in Proportion mehr<lb/>
an denen Pocken ſterben als in London. Denn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0336]
Von denen Kranckheiten
die Grauſamkeit durch die Gewohnheit und
Mode privilegiret, und die Natur laͤßt ſich
durch die Gewohnheit austreiben.
2.) Von der Engliſchen Kranckheit oder Ra-
chitide glaubt Graunt, [p] daß ſie erſt um das Jahr
1630 bekandt geworden, in der Todten-Liſte ſtehen
im Jahr 1634 zuerſt 14 todte an Rickets, nach her
iſt die Zahl ſehr gewachſen.
3.) Die Pocken ſind nicht eine der geringſten
Urſachen des Todes der Kinder. Zu wuͤnſchen waͤ-
re, daß die Africaner [q] dieſe Waare behalten
haͤtten, die ſo vielen Leben, Geſundheit und Schoͤn-
heit raubet. In Indien iſt es eine rechte Peſt, die
jung und alt, und einen Menſchen oͤfters befaͤllt.
Nettleton rechnet unter hundert, ſo die Pocken ha-
ben, 22 todte, und Cotesworth unter 6 einen, wenn
ſie auch gleich gelinde waͤren. [r] Herr D. Kund-
mann aber meldet, daß ſolches nur allein in London
ſo ſeyn muͤſſe, weil ihm zu Anfang des Jahres
1732, da ſie ſehr uͤbel zu Breßlau gehauſet, von
40 nur 2 geſtorben, und einer iſt noch im regimine
verwahrloſet. Dis macht mich curieus die Sache
zu unterſuchen, da ich ſie in der Tabelle nicht mit
berechnet, weil die Pocken epidemiſch, und bald
groſſen bald geringern Schaden thun. Ich finde
aber daß in Breßlau, wenigſtens in denen Jahren die
ich oben zum Grunde geleget, und die Herr D.
Kundmann ſelbſt drucken laſſen, in Proportion mehr
an denen Pocken ſterben als in London. Denn
in
[p] Annot. c. 3. §. 19. ſeq.
[q] Kundm. Rar. p. 1286. Cel. b. Stahlii Diſſ. de variolis &
morbillis §. 4.
[r] id. l. c.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/336>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.