Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

des Menschlichen Geschlechts.
ein Augen-Zeuge gewesen wäre. Nach seinem Be-
richt haben die Spanier daselbst mehr als 10. Kö-
nigreiche gäntzlich ruiniret, deren ein jedes grösser
und volckreicher gewesen als Spanien selbst. Er
meldet, daß America vorher eines der volckreich-
sten Theile der Welt gewesen, es wären aber inner-
halb 40. Jahren an die 12. Millionen Menschen,
bloß durch die erschrecklichsten Grausamkeiten hin-
gerichtet, und innerhalb der gantzen Zeit, daß man
also tyrannisiret, habe sich die Anzahl aller in dem
Spanischen Gebiethe umgekommenen Americaner,
auf 50 Millionen Menschen belauffen, daher er sich
auch gedrungen gefunden, seinem Könige dieses al-
les ernstlich vorzustellen, und auf Einhalt dieses
Mordgeistes zu dringen. Es ist gewiß, daß Spa-
nien diesen Schandfleck niemahls weder bey denen
Americanern, noch bey andern Völckern auslöschen
werde. Doch ich komme wieder zu meinem Zweck.
Es ist Wunder, daß Europa und sonderlich Teutsch-
land, sich von seinen schweren Kriegen, so bald im-
mer wieder erholen können. Was haben nicht die
Creutz-Züge, die schweren Kriege mit denen Tür-
cken, Frantzosen und andern, weggenommen? ja
was haben nicht bloß die Religions-Kriege in Spa-
nien, Franckreich, Engelland, Teutschland, und an-
derswo für Blut gekostet?

Damit man desto mehr von der Schädlichkeit
des Krieges überzeuget werde, welchen derselbe so
wohl in Ansehung der Menschen, als auch in Anse-
hung der Einkünffte eines Staats verursachet: so
hoffe, es werde dem geneigten Leser nicht zuwider
seyn, wenn ich die Gedancken des scharfsinnigen Ver-
fassers des so genannten Spectators hier einrücke,

[u]
II. Cap. C

des Menſchlichen Geſchlechts.
ein Augen-Zeuge geweſen waͤre. Nach ſeinem Be-
richt haben die Spanier daſelbſt mehr als 10. Koͤ-
nigreiche gaͤntzlich ruiniret, deren ein jedes groͤſſer
und volckreicher geweſen als Spanien ſelbſt. Er
meldet, daß America vorher eines der volckreich-
ſten Theile der Welt geweſen, es waͤren aber inner-
halb 40. Jahren an die 12. Millionen Menſchen,
bloß durch die erſchrecklichſten Grauſamkeiten hin-
gerichtet, und innerhalb der gantzen Zeit, daß man
alſo tyranniſiret, habe ſich die Anzahl aller in dem
Spaniſchen Gebiethe umgekommenen Americaner,
auf 50 Millionen Menſchen belauffen, daher er ſich
auch gedrungen gefunden, ſeinem Koͤnige dieſes al-
les ernſtlich vorzuſtellen, und auf Einhalt dieſes
Mordgeiſtes zu dringen. Es iſt gewiß, daß Spa-
nien dieſen Schandfleck niemahls weder bey denen
Americanern, noch bey andern Voͤlckern ausloͤſchen
werde. Doch ich komme wieder zu meinem Zweck.
Es iſt Wunder, daß Europa und ſonderlich Teutſch-
land, ſich von ſeinen ſchweren Kriegen, ſo bald im-
mer wieder erholen koͤnnen. Was haben nicht die
Creutz-Zuͤge, die ſchweren Kriege mit denen Tuͤr-
cken, Frantzoſen und andern, weggenommen? ja
was haben nicht bloß die Religions-Kriege in Spa-
nien, Franckreich, Engelland, Teutſchland, und an-
derswo fuͤr Blut gekoſtet?

Damit man deſto mehr von der Schaͤdlichkeit
des Krieges uͤberzeuget werde, welchen derſelbe ſo
wohl in Anſehung der Menſchen, als auch in Anſe-
hung der Einkuͤnffte eines Staats verurſachet: ſo
hoffe, es werde dem geneigten Leſer nicht zuwider
ſeyn, wenn ich die Gedancken des ſcharfſinnigen Ver-
faſſers des ſo genannten Spectators hier einruͤcke,

[u]
II. Cap. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0079" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechts.</hi></fw><lb/>
ein Augen-Zeuge gewe&#x017F;en wa&#x0364;re. Nach &#x017F;einem Be-<lb/>
richt haben die Spanier da&#x017F;elb&#x017F;t mehr als 10. Ko&#x0364;-<lb/>
nigreiche ga&#x0364;ntzlich ruiniret, deren ein jedes gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und volckreicher gewe&#x017F;en als Spanien &#x017F;elb&#x017F;t. Er<lb/>
meldet, daß America vorher eines der volckreich-<lb/>
&#x017F;ten Theile der Welt gewe&#x017F;en, es wa&#x0364;ren aber inner-<lb/>
halb 40. Jahren an die 12. Millionen Men&#x017F;chen,<lb/>
bloß durch die er&#x017F;chrecklich&#x017F;ten Grau&#x017F;amkeiten hin-<lb/>
gerichtet, und innerhalb der gantzen Zeit, daß man<lb/>
al&#x017F;o tyranni&#x017F;iret, habe &#x017F;ich die Anzahl aller in dem<lb/>
Spani&#x017F;chen Gebiethe umgekommenen Americaner,<lb/>
auf 50 Millionen Men&#x017F;chen belauffen, daher er &#x017F;ich<lb/>
auch gedrungen gefunden, &#x017F;einem Ko&#x0364;nige die&#x017F;es al-<lb/>
les ern&#x017F;tlich vorzu&#x017F;tellen, und auf Einhalt die&#x017F;es<lb/>
Mordgei&#x017F;tes zu dringen. Es i&#x017F;t gewiß, daß Spa-<lb/>
nien die&#x017F;en Schandfleck niemahls weder bey denen<lb/>
Americanern, noch bey andern Vo&#x0364;lckern auslo&#x0364;&#x017F;chen<lb/>
werde. Doch ich komme wieder zu meinem Zweck.<lb/>
Es i&#x017F;t Wunder, daß Europa und &#x017F;onderlich Teut&#x017F;ch-<lb/>
land, &#x017F;ich von &#x017F;einen &#x017F;chweren Kriegen, &#x017F;o bald im-<lb/>
mer wieder erholen ko&#x0364;nnen. Was haben nicht die<lb/>
Creutz-Zu&#x0364;ge, die &#x017F;chweren Kriege mit denen Tu&#x0364;r-<lb/>
cken, Frantzo&#x017F;en und andern, weggenommen? ja<lb/>
was haben nicht bloß die Religions-Kriege in Spa-<lb/>
nien, Franckreich, Engelland, Teut&#x017F;chland, und an-<lb/>
derswo fu&#x0364;r Blut geko&#x017F;tet?</p><lb/>
          <p>Damit man de&#x017F;to mehr von der Scha&#x0364;dlichkeit<lb/>
des Krieges u&#x0364;berzeuget werde, welchen der&#x017F;elbe &#x017F;o<lb/>
wohl in An&#x017F;ehung der Men&#x017F;chen, als auch in An&#x017F;e-<lb/>
hung der Einku&#x0364;nffte eines Staats verur&#x017F;achet: &#x017F;o<lb/>
hoffe, es werde dem geneigten Le&#x017F;er nicht zuwider<lb/>
&#x017F;eyn, wenn ich die Gedancken des &#x017F;charf&#x017F;innigen Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ers des &#x017F;o genannten Spectators hier einru&#x0364;cke,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Cap.</hi> C</fw><fw place="bottom" type="catch">[<hi rendition="#aq">u</hi>]</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0079] des Menſchlichen Geſchlechts. ein Augen-Zeuge geweſen waͤre. Nach ſeinem Be- richt haben die Spanier daſelbſt mehr als 10. Koͤ- nigreiche gaͤntzlich ruiniret, deren ein jedes groͤſſer und volckreicher geweſen als Spanien ſelbſt. Er meldet, daß America vorher eines der volckreich- ſten Theile der Welt geweſen, es waͤren aber inner- halb 40. Jahren an die 12. Millionen Menſchen, bloß durch die erſchrecklichſten Grauſamkeiten hin- gerichtet, und innerhalb der gantzen Zeit, daß man alſo tyranniſiret, habe ſich die Anzahl aller in dem Spaniſchen Gebiethe umgekommenen Americaner, auf 50 Millionen Menſchen belauffen, daher er ſich auch gedrungen gefunden, ſeinem Koͤnige dieſes al- les ernſtlich vorzuſtellen, und auf Einhalt dieſes Mordgeiſtes zu dringen. Es iſt gewiß, daß Spa- nien dieſen Schandfleck niemahls weder bey denen Americanern, noch bey andern Voͤlckern ausloͤſchen werde. Doch ich komme wieder zu meinem Zweck. Es iſt Wunder, daß Europa und ſonderlich Teutſch- land, ſich von ſeinen ſchweren Kriegen, ſo bald im- mer wieder erholen koͤnnen. Was haben nicht die Creutz-Zuͤge, die ſchweren Kriege mit denen Tuͤr- cken, Frantzoſen und andern, weggenommen? ja was haben nicht bloß die Religions-Kriege in Spa- nien, Franckreich, Engelland, Teutſchland, und an- derswo fuͤr Blut gekoſtet? Damit man deſto mehr von der Schaͤdlichkeit des Krieges uͤberzeuget werde, welchen derſelbe ſo wohl in Anſehung der Menſchen, als auch in Anſe- hung der Einkuͤnffte eines Staats verurſachet: ſo hoffe, es werde dem geneigten Leſer nicht zuwider ſeyn, wenn ich die Gedancken des ſcharfſinnigen Ver- faſſers des ſo genannten Spectators hier einruͤcke, [u] II. Cap. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/79
Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/79>, abgerufen am 18.05.2024.