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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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des Schweitzerlandes.
St. Gallen-Tag daselbst verbleiben. Von dem Nutzen, den die Ei-
genthums-Herren von den Alpen haben, kan man sich daraus einen
Begriff machen, daß ein Senn in dem Eigenthal, welcher 24. Kühe
hält, dem Herrn der Alp, alle Tage, so lange er sich da aufhält,
1. Cronen, oder 1. Rthlr. und 6. kr. bezahlt, welches von Mitte des
May-Monats bis auf St. Gallen-Tag 150. Cronen, oder 240. fl.
beträgt. (*)

Als ich den gewohnten Versuch mit der Magnet-Nadel machenAnziehung
des Magnets

wolte, fande ich, daß meine Leute aus Unvorsichtigkeit den Compaß
und den Magnet zusammen eingepackt hatten, wodurch denn der
erstere gantz verderbt worden. Jn diesem verworrnen Zustande war
die Attraction in dem Eigenthal 9. Zoll, 9. Lin. Nachgehends habe
ich dieses Experiment aus beschriebner Ursache unterlassen. Wenn
aber diesem letzten zu trauen wäre, so könte man aus den 3. gemach-
ten Versuchen sehen, daß der Magnet die Nadel in der Tieffe
auf eine weitere
Distanz bewegt, als auf den Bergen, welches ich
bis auf weitere Untersuchung dahin gestellt seyn lasse.

Den 15. August.

Ungeachtet ein sehr dicker Nebel war, durch welchen man aufVom Eigen-
thal auf den
Pilatus-
Berg.

20. Schritte nur die Hütten nicht sehen konte, begaben wir uns bey
guter Zeit auf den Weg nach der Höhe zu. Wir giengen Morgen-
wärts durch das Eigenthal hinauf, und kamen nach einer Stunde
auf Senti Alp, dahin der Weg sich nur ein wenig in die Höhe zieht.
Dieses Berg-Thal ist nicht anders als die niedrige Thäler beschaffen,
und gar fruchtbar. Weiter hin gegen der Bründien-Hütte war der
Weg etwas räucher, man geht allezeit hinter dem Berg, also, daß
man auf der lincken Seite die Höhen des Berges gegen Lucern, auf
der rechten Seite theils Berg-Höhen, theils Thäler gegen das Un-
terwalder-Land hat. An einigen Orten oberhalb der Bründlen-Gefährliche
Wege.

Hütte hat man sich wol vorzusehen, weil schmale Wege und an den-
selben zur lincken Seite tieffe Abstürtzungen sind. Die Wege sind
zwar an einigen Orten mit höltzernen Lehnen gegen die Tieffe ver-
sehen, allein diese sind meistens so alt, daß sie anstatt der Sicherheit
die Gefahr desto grösser machen, denn wenn man sie nur leicht be-

rühret,
(*) Illud mihi compertum, ex viginti bobus fructum annuum esse cer-
tum coronatorum: praeter fumtum omnem in familiam &c. Ita
Osvvald. Molitor. in Paneg. Glarean.
F

des Schweitzerlandes.
St. Gallen-Tag daſelbſt verbleiben. Von dem Nutzen, den die Ei-
genthums-Herren von den Alpen haben, kan man ſich daraus einen
Begriff machen, daß ein Senn in dem Eigenthal, welcher 24. Kuͤhe
haͤlt, dem Herꝛn der Alp, alle Tage, ſo lange er ſich da aufhaͤlt,
1. Cronen, oder 1. Rthlr. und 6. kr. bezahlt, welches von Mitte des
May-Monats bis auf St. Gallen-Tag 150. Cronen, oder 240. fl.
betraͤgt. (*)

Als ich den gewohnten Verſuch mit der Magnet-Nadel machenAnziehung
des Magnets

wolte, fande ich, daß meine Leute aus Unvorſichtigkeit den Compaß
und den Magnet zuſammen eingepackt hatten, wodurch denn der
erſtere gantz verderbt worden. Jn dieſem verworꝛnen Zuſtande war
die Attraction in dem Eigenthal 9. Zoll, 9. Lin. Nachgehends habe
ich dieſes Experiment aus beſchriebner Urſache unterlaſſen. Wenn
aber dieſem letzten zu trauen waͤre, ſo koͤnte man aus den 3. gemach-
ten Verſuchen ſehen, daß der Magnet die Nadel in der Tieffe
auf eine weitere
Diſtanz bewegt, als auf den Bergen, welches ich
bis auf weitere Unterſuchung dahin geſtellt ſeyn laſſe.

Den 15. Auguſt.

Ungeachtet ein ſehr dicker Nebel war, durch welchen man aufVom Eigen-
thal auf den
Pilatus-
Berg.

20. Schritte nur die Huͤtten nicht ſehen konte, begaben wir uns bey
guter Zeit auf den Weg nach der Hoͤhe zu. Wir giengen Morgen-
waͤrts durch das Eigenthal hinauf, und kamen nach einer Stunde
auf Senti Alp, dahin der Weg ſich nur ein wenig in die Hoͤhe zieht.
Dieſes Berg-Thal iſt nicht anders als die niedrige Thaͤler beſchaffen,
und gar fruchtbar. Weiter hin gegen der Bruͤndien-Huͤtte war der
Weg etwas raͤucher, man geht allezeit hinter dem Berg, alſo, daß
man auf der lincken Seite die Hoͤhen des Berges gegen Lucern, auf
der rechten Seite theils Berg-Hoͤhen, theils Thaͤler gegen das Un-
terwalder-Land hat. An einigen Orten oberhalb der Bruͤndlen-Gefaͤhrliche
Wege.

Huͤtte hat man ſich wol vorzuſehen, weil ſchmale Wege und an den-
ſelben zur lincken Seite tieffe Abſtuͤrtzungen ſind. Die Wege ſind
zwar an einigen Orten mit hoͤltzernen Lehnen gegen die Tieffe ver-
ſehen, allein dieſe ſind meiſtens ſo alt, daß ſie anſtatt der Sicherheit
die Gefahr deſto groͤſſer machen, denn wenn man ſie nur leicht be-

ruͤhret,
(*) Illud mihi compertum, ex viginti bobus fructum annuum eſſe cer-
tum coronatorum: præter fumtum omnem in familiam &c. Ita
Oſvvald. Molitor. in Paneg. Glarean.
F
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[41/0046] des Schweitzerlandes. St. Gallen-Tag daſelbſt verbleiben. Von dem Nutzen, den die Ei- genthums-Herren von den Alpen haben, kan man ſich daraus einen Begriff machen, daß ein Senn in dem Eigenthal, welcher 24. Kuͤhe haͤlt, dem Herꝛn der Alp, alle Tage, ſo lange er ſich da aufhaͤlt, 1. Cronen, oder 1. Rthlr. und 6. kr. bezahlt, welches von Mitte des May-Monats bis auf St. Gallen-Tag 150. Cronen, oder 240. fl. betraͤgt. (*) Als ich den gewohnten Verſuch mit der Magnet-Nadel machen wolte, fande ich, daß meine Leute aus Unvorſichtigkeit den Compaß und den Magnet zuſammen eingepackt hatten, wodurch denn der erſtere gantz verderbt worden. Jn dieſem verworꝛnen Zuſtande war die Attraction in dem Eigenthal 9. Zoll, 9. Lin. Nachgehends habe ich dieſes Experiment aus beſchriebner Urſache unterlaſſen. Wenn aber dieſem letzten zu trauen waͤre, ſo koͤnte man aus den 3. gemach- ten Verſuchen ſehen, daß der Magnet die Nadel in der Tieffe auf eine weitere Diſtanz bewegt, als auf den Bergen, welches ich bis auf weitere Unterſuchung dahin geſtellt ſeyn laſſe. Anziehung des Magnets Den 15. Auguſt. Ungeachtet ein ſehr dicker Nebel war, durch welchen man auf 20. Schritte nur die Huͤtten nicht ſehen konte, begaben wir uns bey guter Zeit auf den Weg nach der Hoͤhe zu. Wir giengen Morgen- waͤrts durch das Eigenthal hinauf, und kamen nach einer Stunde auf Senti Alp, dahin der Weg ſich nur ein wenig in die Hoͤhe zieht. Dieſes Berg-Thal iſt nicht anders als die niedrige Thaͤler beſchaffen, und gar fruchtbar. Weiter hin gegen der Bruͤndien-Huͤtte war der Weg etwas raͤucher, man geht allezeit hinter dem Berg, alſo, daß man auf der lincken Seite die Hoͤhen des Berges gegen Lucern, auf der rechten Seite theils Berg-Hoͤhen, theils Thaͤler gegen das Un- terwalder-Land hat. An einigen Orten oberhalb der Bruͤndlen- Huͤtte hat man ſich wol vorzuſehen, weil ſchmale Wege und an den- ſelben zur lincken Seite tieffe Abſtuͤrtzungen ſind. Die Wege ſind zwar an einigen Orten mit hoͤltzernen Lehnen gegen die Tieffe ver- ſehen, allein dieſe ſind meiſtens ſo alt, daß ſie anſtatt der Sicherheit die Gefahr deſto groͤſſer machen, denn wenn man ſie nur leicht be- ruͤhret, Vom Eigen- thal auf den Pilatus- Berg. Gefaͤhrliche Wege. (*) Illud mihi compertum, ex viginti bobus fructum annuum eſſe cer- tum coronatorum: præter fumtum omnem in familiam &c. Ita Oſvvald. Molitor. in Paneg. Glarean. F

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/46>, abgerufen am 23.11.2024.