Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten rühret, so fallen sie hinunter, und könten also denen ohne Wegweiserreisenden Fremden zum Fallstricke dienen, daß sie ihre Reise nach der Ewigkeit sehr frühzeitig antreten müßten. Eben an diesen schmalen Wegen, ungefehr eine halbe Stunde von dem Frost. Der dicke Nebel währete fast den gantzen Tag; und verdienet mit
Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten ruͤhret, ſo fallen ſie hinunter, und koͤnten alſo denen ohne Wegweiſerreiſenden Fremden zum Fallſtricke dienen, daß ſie ihre Reiſe nach der Ewigkeit ſehr fruͤhzeitig antreten muͤßten. Eben an dieſen ſchmalen Wegen, ungefehr eine halbe Stunde von dem Froſt. Der dicke Nebel waͤhrete faſt den gantzen Tag; und verdienet mit
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Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
ruͤhret, ſo fallen ſie hinunter, und koͤnten alſo denen ohne Wegweiſer
reiſenden Fremden zum Fallſtricke dienen, daß ſie ihre Reiſe nach der
Ewigkeit ſehr fruͤhzeitig antreten muͤßten.
Eben an dieſen ſchmalen Wegen, ungefehr eine halbe Stunde
von der bemeldten Bruͤndel-Huͤtte, ſind in den im Aufſteigen zur
lincken Hand ſtehenden Felßwaͤnden verſchiedne von den anlauffenden
Waſſern ausgefreſſene Graben, in welchen ſehr viele, und oft gar
ſchoͤn gebildete Steine anzutreffen, welche der Herꝛ D. Scheuchzer
Lentes ſtriatas lapideas &c. nennt. Der Stein iſt braͤunlicht. Die-
ſes zeiget alſo, daß die Berg-Hoͤhe, von welcher dieſe Steine ſind her-
unter geſchwemmt worden, eben wie das Wieder-Feld, die alleroberſte
Spitze des Berges, welche weiter gegen Oſt-Suͤd liegt, uͤberall aus
ſolchen Steinen beſtehe. Wir kamen endlich nach 2½. Stund, von
dem Eigenthal gerechnet, auf eine Spitze des Berges, von welcher
man gegen Norden das Lucerner Gebiet uͤberſchauen kan. Dieſer
war der erſte und niedrigſte Gipfel des Berges, welcher viele kleine,
inſonderheit aber drey groſſe Haupt-Gipfel hat, welche gegen der
Nord-Seite voͤllig kahl, und nicht mit der geringſten Erde bedeckt,
auch ſehr ſteil ſind. Der oberſte Gipfel, welcher am meiſten Oſt-
Suͤdwaͤrts liegt, heißt das Wieder-Feld, und beſteht, wie geſagt,
gantz aus Petrefactis; die andre zween aber aus einem feinen weiß-
aſchfarbigten Kalck-Stein, welcher uͤberall in Stuͤcken zerſpalten iſt,
alſo, daß man wenige gantze Stuͤcke, die etliche 100. Pfund ſchwer
ſind, ſehen kan.
Der dicke Nebel waͤhrete faſt den gantzen Tag; und verdienet
angemerckt zu werden, daß wir auf der Hoͤhe des Berges mehr ge-
froren haben, als auf der Rigi, ungeachtet, daß das Thermometrum
auf 60. Grad ſtunde, und alſo viel hoͤher war, als auf der Rigi.
Die Urſach iſt ohne Zweifel dem ſehr naſſen Nebel zuzuſchreiben,
welcher die Erde mehr angefeuchtet hat, als ein mittelmaͤßiger Regen
zu thun pflegt. Dieſer Nebel machte uns etwas naß, und daher
kam es, daß wir die Kaͤlte deſtomehr ſpuͤreten, als auf der Rigi, da
der Nebel abgegangen, und auch vorher nicht ſo naß war. Jch glau-
be, wenn ein Menſch lange in einem Waſſer ſitzen muͤßte, welches
ſo kalt waͤre, daß das Farenheitiſche Thermometrum auf 44. Grad
faͤllt, er wuͤrde beynahem erfrieren; hingegen machte uns die gleiche
Kaͤlte der Luft, die wir auf der Rigi auszuſtehen hatten, keine ſon-
derliche Beſchwerde. Woraus ſich denn ſchlieſſen laͤßt, daß die Luft
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