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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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gethanen Reise.
werden: aber das Ackerland darauf ist sehr steinig und
trocken.

So viel man auf dem Wege von Lyon nach
Vienne von dem Lande sieht, ist es schlecht und we-
nig bewohnt. Einige Dörfer, die man nicht sehen
kann, sollen in der Tiefe an der Rhone liegen. Auf
der Höhe, über welche die Straße geht, trifft man
nur einzelne Bauerhäuser, aber auch nicht in Menge,
an. Das Land ist längst der Straße zwar überall an-
gebaut; es besteht aber größtentheils aus hohen, ma-
gern Kornfeldern, und etwas Weinland. Wiesen
sind da gar nicht zu sehen, auch keine Wälder. Das
Gehölze, das man von weitem an den Bergen sieht,
ist auch sehr mager, und besteht mehr aus Gesträuch
als aus hohen Bäumen.

Nicht weit von Vienne fährt man von dem hohen
Lande in ein angenehmes Thal herunter, das zwischen
der Rhone und den daneben stehenden steilen Bergen
liegt; es ist schmal, aber fruchtbar und sehr angenehm.
Der Fuß der Berge ist mit Weinreben bepflanzt; in
dem Thal selbst sind Wiesen und gute Aecker; die
Straße aber ist mit Bäumen besetzt. Aus der Menge
der vor der Stadt mir begegnenden Geistlichen schloß
ich, daß dieses kleine Gelände den müßigen Einwoh-
nern zum Spazierengehen dienet: und dazu ist es ganz
angenehm.

Vienne liegt längst dem hier etwas hohen UferVienne.
der Rhone, auf einem schmalen Strich ebenen Landes.
Denn gleich hinter der Stadt erheben sich sehr steile,
aus kahlen Felsen bestehende, doch hier und da mit et-
was Gesträuch bekleidete Berge. Gegen den Fuß
sind sie auch hier und da mit Weinreben bepflanzt.

Sie
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gethanen Reiſe.
werden: aber das Ackerland darauf iſt ſehr ſteinig und
trocken.

So viel man auf dem Wege von Lyon nach
Vienne von dem Lande ſieht, iſt es ſchlecht und we-
nig bewohnt. Einige Doͤrfer, die man nicht ſehen
kann, ſollen in der Tiefe an der Rhone liegen. Auf
der Hoͤhe, uͤber welche die Straße geht, trifft man
nur einzelne Bauerhaͤuſer, aber auch nicht in Menge,
an. Das Land iſt laͤngſt der Straße zwar uͤberall an-
gebaut; es beſteht aber groͤßtentheils aus hohen, ma-
gern Kornfeldern, und etwas Weinland. Wieſen
ſind da gar nicht zu ſehen, auch keine Waͤlder. Das
Gehoͤlze, das man von weitem an den Bergen ſieht,
iſt auch ſehr mager, und beſteht mehr aus Geſtraͤuch
als aus hohen Baͤumen.

Nicht weit von Vienne faͤhrt man von dem hohen
Lande in ein angenehmes Thal herunter, das zwiſchen
der Rhone und den daneben ſtehenden ſteilen Bergen
liegt; es iſt ſchmal, aber fruchtbar und ſehr angenehm.
Der Fuß der Berge iſt mit Weinreben bepflanzt; in
dem Thal ſelbſt ſind Wieſen und gute Aecker; die
Straße aber iſt mit Baͤumen beſetzt. Aus der Menge
der vor der Stadt mir begegnenden Geiſtlichen ſchloß
ich, daß dieſes kleine Gelaͤnde den muͤßigen Einwoh-
nern zum Spazierengehen dienet: und dazu iſt es ganz
angenehm.

Vienne liegt laͤngſt dem hier etwas hohen UferVienne.
der Rhone, auf einem ſchmalen Strich ebenen Landes.
Denn gleich hinter der Stadt erheben ſich ſehr ſteile,
aus kahlen Felſen beſtehende, doch hier und da mit et-
was Geſtraͤuch bekleidete Berge. Gegen den Fuß
ſind ſie auch hier und da mit Weinreben bepflanzt.

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[83/0103] gethanen Reiſe. werden: aber das Ackerland darauf iſt ſehr ſteinig und trocken. So viel man auf dem Wege von Lyon nach Vienne von dem Lande ſieht, iſt es ſchlecht und we- nig bewohnt. Einige Doͤrfer, die man nicht ſehen kann, ſollen in der Tiefe an der Rhone liegen. Auf der Hoͤhe, uͤber welche die Straße geht, trifft man nur einzelne Bauerhaͤuſer, aber auch nicht in Menge, an. Das Land iſt laͤngſt der Straße zwar uͤberall an- gebaut; es beſteht aber groͤßtentheils aus hohen, ma- gern Kornfeldern, und etwas Weinland. Wieſen ſind da gar nicht zu ſehen, auch keine Waͤlder. Das Gehoͤlze, das man von weitem an den Bergen ſieht, iſt auch ſehr mager, und beſteht mehr aus Geſtraͤuch als aus hohen Baͤumen. Nicht weit von Vienne faͤhrt man von dem hohen Lande in ein angenehmes Thal herunter, das zwiſchen der Rhone und den daneben ſtehenden ſteilen Bergen liegt; es iſt ſchmal, aber fruchtbar und ſehr angenehm. Der Fuß der Berge iſt mit Weinreben bepflanzt; in dem Thal ſelbſt ſind Wieſen und gute Aecker; die Straße aber iſt mit Baͤumen beſetzt. Aus der Menge der vor der Stadt mir begegnenden Geiſtlichen ſchloß ich, daß dieſes kleine Gelaͤnde den muͤßigen Einwoh- nern zum Spazierengehen dienet: und dazu iſt es ganz angenehm. Vienne liegt laͤngſt dem hier etwas hohen Ufer der Rhone, auf einem ſchmalen Strich ebenen Landes. Denn gleich hinter der Stadt erheben ſich ſehr ſteile, aus kahlen Felſen beſtehende, doch hier und da mit et- was Geſtraͤuch bekleidete Berge. Gegen den Fuß ſind ſie auch hier und da mit Weinreben bepflanzt. Sie Vienne. F 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/103>, abgerufen am 09.11.2024.