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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
monatlich nur 40 Livres Miethe genommen wurden.
Jch zog also gleich ein, und machte Anstalt, mich
für ein paar Monate hier einzurichten. Herr de Luc
hatte mir in Lausanne ein Empfehlungsschreiben an
Herrn Alhiet, einen der angesehensten Einwohner in
Hieres, mitgegeben. Da ich hörte, daß er sich ge-
genwärtig auf seinem Landgute, eine Stunde von der
Stadt, aufhielt, schickte ich gleich einen Boten mit
meinem Empfehlungsschreiben an denselben. Er hat-
te die Gefälligkeit, gleich den andern Tag nach der
Stadt zu kommen, und mir zu den kleinen Einrich-
tungen, die ich zu veranstalten hatte, mit ausnehmen-
der Dienstfertigkeit behülflich zu seyn. Man erfährt
bey dergleichen Gelegenheiten, was für einen hohen
Werth man auf Gefälligkeit und Dienstfertigkeit zu
setzen habe. Jch würde ohne den Beystand dieses
rechtschaffenen Mannes hier mich in großer Verlegen-
heit befunden haben, da ich völlig allen Menschen un-
bekannt war, und nicht einmal ihre Sprache verstund;
denn die hiesige pronvenzalische Sprache, die dem Volk
allein bekannt ist, scheinet fast gar keine Aehnlichkeit
mit der französischen Sprache zu haben Er richtete
meine kleine Haushaltung ein, und verschaffte mir ei-
ne Köchinn, die beynahe die einzige in ganz Hieres
war, die französisch sprechen konnte. Bald sollte ich
auf die Gedanken kommen, daß Redlichkeit und Dienst-
fertigkeit angeborne Tugenden der hiesigen Einwohner
seyn. Die wenigen Personen, mit denen ich hier zu
thun hatte, besaßen beyde in einem vorzüglichen Gra-
de, und haben ihr Andenken in meinem Gemüthe mit
Hochachtung und Dankbarkeit hinterlassen. Bey
meiner Ankunft trat ich in einem schlechten Gasthofe

vor

Tagebuch von einer nach Nizza
monatlich nur 40 Livres Miethe genommen wurden.
Jch zog alſo gleich ein, und machte Anſtalt, mich
fuͤr ein paar Monate hier einzurichten. Herr de Luc
hatte mir in Lauſanne ein Empfehlungsſchreiben an
Herrn Alhiet, einen der angeſehenſten Einwohner in
Hieres, mitgegeben. Da ich hoͤrte, daß er ſich ge-
genwaͤrtig auf ſeinem Landgute, eine Stunde von der
Stadt, aufhielt, ſchickte ich gleich einen Boten mit
meinem Empfehlungsſchreiben an denſelben. Er hat-
te die Gefaͤlligkeit, gleich den andern Tag nach der
Stadt zu kommen, und mir zu den kleinen Einrich-
tungen, die ich zu veranſtalten hatte, mit ausnehmen-
der Dienſtfertigkeit behuͤlflich zu ſeyn. Man erfaͤhrt
bey dergleichen Gelegenheiten, was fuͤr einen hohen
Werth man auf Gefaͤlligkeit und Dienſtfertigkeit zu
ſetzen habe. Jch wuͤrde ohne den Beyſtand dieſes
rechtſchaffenen Mannes hier mich in großer Verlegen-
heit befunden haben, da ich voͤllig allen Menſchen un-
bekannt war, und nicht einmal ihre Sprache verſtund;
denn die hieſige pronvenzaliſche Sprache, die dem Volk
allein bekannt iſt, ſcheinet faſt gar keine Aehnlichkeit
mit der franzoͤſiſchen Sprache zu haben Er richtete
meine kleine Haushaltung ein, und verſchaffte mir ei-
ne Koͤchinn, die beynahe die einzige in ganz Hieres
war, die franzoͤſiſch ſprechen konnte. Bald ſollte ich
auf die Gedanken kommen, daß Redlichkeit und Dienſt-
fertigkeit angeborne Tugenden der hieſigen Einwohner
ſeyn. Die wenigen Perſonen, mit denen ich hier zu
thun hatte, beſaßen beyde in einem vorzuͤglichen Gra-
de, und haben ihr Andenken in meinem Gemuͤthe mit
Hochachtung und Dankbarkeit hinterlaſſen. Bey
meiner Ankunft trat ich in einem ſchlechten Gaſthofe

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[130/0150] Tagebuch von einer nach Nizza monatlich nur 40 Livres Miethe genommen wurden. Jch zog alſo gleich ein, und machte Anſtalt, mich fuͤr ein paar Monate hier einzurichten. Herr de Luc hatte mir in Lauſanne ein Empfehlungsſchreiben an Herrn Alhiet, einen der angeſehenſten Einwohner in Hieres, mitgegeben. Da ich hoͤrte, daß er ſich ge- genwaͤrtig auf ſeinem Landgute, eine Stunde von der Stadt, aufhielt, ſchickte ich gleich einen Boten mit meinem Empfehlungsſchreiben an denſelben. Er hat- te die Gefaͤlligkeit, gleich den andern Tag nach der Stadt zu kommen, und mir zu den kleinen Einrich- tungen, die ich zu veranſtalten hatte, mit ausnehmen- der Dienſtfertigkeit behuͤlflich zu ſeyn. Man erfaͤhrt bey dergleichen Gelegenheiten, was fuͤr einen hohen Werth man auf Gefaͤlligkeit und Dienſtfertigkeit zu ſetzen habe. Jch wuͤrde ohne den Beyſtand dieſes rechtſchaffenen Mannes hier mich in großer Verlegen- heit befunden haben, da ich voͤllig allen Menſchen un- bekannt war, und nicht einmal ihre Sprache verſtund; denn die hieſige pronvenzaliſche Sprache, die dem Volk allein bekannt iſt, ſcheinet faſt gar keine Aehnlichkeit mit der franzoͤſiſchen Sprache zu haben Er richtete meine kleine Haushaltung ein, und verſchaffte mir ei- ne Koͤchinn, die beynahe die einzige in ganz Hieres war, die franzoͤſiſch ſprechen konnte. Bald ſollte ich auf die Gedanken kommen, daß Redlichkeit und Dienſt- fertigkeit angeborne Tugenden der hieſigen Einwohner ſeyn. Die wenigen Perſonen, mit denen ich hier zu thun hatte, beſaßen beyde in einem vorzuͤglichen Gra- de, und haben ihr Andenken in meinem Gemuͤthe mit Hochachtung und Dankbarkeit hinterlaſſen. Bey meiner Ankunft trat ich in einem ſchlechten Gaſthofe vor

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/150>, abgerufen am 21.11.2024.