Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

gethanen Reise.
sind im Winter meist von Engländern bewohnt, die
ihrer Gesundheit halber, oder aus Laune hieher kom-
men. Bisweilen kommen auch andre Fremde. Auch
ich hatte mir ein solches Gartenhaus gemiethet. Hier
und da sind auch gute Wiesen zwischen den Gärten.

Das übrige, etwas von der Stadt entferntere
ebene Land, das in den Thälern und an den Bergen,
ist in unzählige kleine Güter eingetheilt, die ich we-
der Ackergüter, noch Gärten nennen kann; sie sind
von beyden etwas. Jhre Größe ist gering, von vier
und sechs, bis zehen, funfzehen und zwanzig Mor-
gen Landes, das zum Gartenbau, zum Wein- und
Kornbau eingerichtet ist. Jedes dieser Gütchen hat
sein massives Haus; einige sehr wenige ganz schöne
Landhäuser. Auf diese Weise ist die ganze Gegend
und die Anhöhen der sie umgebenden Berge, sogar die
oberste Höhe derselben mit unzähligen zerstreuten Ge-
bäuden bedeckt, die von der Stadt aus, wo man al-
les übersehen kann, eine erstaunliche Ansicht geben.
An den Bergen siehet man ganze Wälder von Oliven-
bäumen, und auch in der Ebene sind sie in großer
Menge gepflanzt. Andre Bäume, als Maulbeer-
Feigen- und Obstbäume, sind etwas sparsam ange-
bracht. Von Waldung aber ist gar nichts zu sehen,
als hier und da an den wildesten und höchsten Stellen
der Berge dünne stehende Pinaster und Gesträuch, so
daß das Holz in dieser Gegend rar ist.

Die größte Mannichfaltigkeit geben dem Auge die
vielen tausend Terrassen, in welche die ziemlich steilen
Anhöhen der Berge eingetheilt sind, damit dies steile
Land konnte bebaut werden. Alle werden durch trock-
ne, das ist, ohne Kalk aufgeführte Mauren unter-

stützt.

gethanen Reiſe.
ſind im Winter meiſt von Englaͤndern bewohnt, die
ihrer Geſundheit halber, oder aus Laune hieher kom-
men. Bisweilen kommen auch andre Fremde. Auch
ich hatte mir ein ſolches Gartenhaus gemiethet. Hier
und da ſind auch gute Wieſen zwiſchen den Gaͤrten.

Das uͤbrige, etwas von der Stadt entferntere
ebene Land, das in den Thaͤlern und an den Bergen,
iſt in unzaͤhlige kleine Guͤter eingetheilt, die ich we-
der Ackerguͤter, noch Gaͤrten nennen kann; ſie ſind
von beyden etwas. Jhre Groͤße iſt gering, von vier
und ſechs, bis zehen, funfzehen und zwanzig Mor-
gen Landes, das zum Gartenbau, zum Wein- und
Kornbau eingerichtet iſt. Jedes dieſer Guͤtchen hat
ſein maſſives Haus; einige ſehr wenige ganz ſchoͤne
Landhaͤuſer. Auf dieſe Weiſe iſt die ganze Gegend
und die Anhoͤhen der ſie umgebenden Berge, ſogar die
oberſte Hoͤhe derſelben mit unzaͤhligen zerſtreuten Ge-
baͤuden bedeckt, die von der Stadt aus, wo man al-
les uͤberſehen kann, eine erſtaunliche Anſicht geben.
An den Bergen ſiehet man ganze Waͤlder von Oliven-
baͤumen, und auch in der Ebene ſind ſie in großer
Menge gepflanzt. Andre Baͤume, als Maulbeer-
Feigen- und Obſtbaͤume, ſind etwas ſparſam ange-
bracht. Von Waldung aber iſt gar nichts zu ſehen,
als hier und da an den wildeſten und hoͤchſten Stellen
der Berge duͤnne ſtehende Pinaſter und Geſtraͤuch, ſo
daß das Holz in dieſer Gegend rar iſt.

Die groͤßte Mannichfaltigkeit geben dem Auge die
vielen tauſend Terraſſen, in welche die ziemlich ſteilen
Anhoͤhen der Berge eingetheilt ſind, damit dies ſteile
Land konnte bebaut werden. Alle werden durch trock-
ne, das iſt, ohne Kalk aufgefuͤhrte Mauren unter-

ſtuͤtzt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gethanen Rei&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ind im Winter mei&#x017F;t von Engla&#x0364;ndern bewohnt, die<lb/>
ihrer Ge&#x017F;undheit halber, oder aus Laune hieher kom-<lb/>
men. Bisweilen kommen auch andre Fremde. Auch<lb/>
ich hatte mir ein &#x017F;olches Gartenhaus gemiethet. Hier<lb/>
und da &#x017F;ind auch gute Wie&#x017F;en zwi&#x017F;chen den Ga&#x0364;rten.</p><lb/>
        <p>Das u&#x0364;brige, etwas von der Stadt entferntere<lb/>
ebene Land, das in den Tha&#x0364;lern und an den Bergen,<lb/>
i&#x017F;t in unza&#x0364;hlige kleine Gu&#x0364;ter eingetheilt, die ich we-<lb/>
der Ackergu&#x0364;ter, noch Ga&#x0364;rten nennen kann; &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
von beyden etwas. Jhre Gro&#x0364;ße i&#x017F;t gering, von vier<lb/>
und &#x017F;echs, bis zehen, funfzehen und zwanzig Mor-<lb/>
gen Landes, das zum Gartenbau, zum Wein- und<lb/>
Kornbau eingerichtet i&#x017F;t. Jedes die&#x017F;er Gu&#x0364;tchen hat<lb/>
&#x017F;ein ma&#x017F;&#x017F;ives Haus; einige &#x017F;ehr wenige ganz &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Landha&#x0364;u&#x017F;er. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e i&#x017F;t die ganze Gegend<lb/>
und die Anho&#x0364;hen der &#x017F;ie umgebenden Berge, &#x017F;ogar die<lb/>
ober&#x017F;te Ho&#x0364;he der&#x017F;elben mit unza&#x0364;hligen zer&#x017F;treuten Ge-<lb/>
ba&#x0364;uden bedeckt, die von der Stadt aus, wo man al-<lb/>
les u&#x0364;ber&#x017F;ehen kann, eine er&#x017F;taunliche An&#x017F;icht geben.<lb/>
An den Bergen &#x017F;iehet man ganze Wa&#x0364;lder von Oliven-<lb/>
ba&#x0364;umen, und auch in der Ebene &#x017F;ind &#x017F;ie in großer<lb/>
Menge gepflanzt. Andre Ba&#x0364;ume, als Maulbeer-<lb/>
Feigen- und Ob&#x017F;tba&#x0364;ume, &#x017F;ind etwas &#x017F;par&#x017F;am ange-<lb/>
bracht. Von Waldung aber i&#x017F;t gar nichts zu &#x017F;ehen,<lb/>
als hier und da an den wilde&#x017F;ten und ho&#x0364;ch&#x017F;ten Stellen<lb/>
der Berge du&#x0364;nne &#x017F;tehende Pina&#x017F;ter und Ge&#x017F;tra&#x0364;uch, &#x017F;o<lb/>
daß das Holz in die&#x017F;er Gegend rar i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Die gro&#x0364;ßte Mannichfaltigkeit geben dem Auge die<lb/>
vielen tau&#x017F;end Terra&#x017F;&#x017F;en, in welche die ziemlich &#x017F;teilen<lb/>
Anho&#x0364;hen der Berge eingetheilt &#x017F;ind, damit dies &#x017F;teile<lb/>
Land konnte bebaut werden. Alle werden durch trock-<lb/>
ne, das i&#x017F;t, ohne Kalk aufgefu&#x0364;hrte Mauren unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tu&#x0364;tzt.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0209] gethanen Reiſe. ſind im Winter meiſt von Englaͤndern bewohnt, die ihrer Geſundheit halber, oder aus Laune hieher kom- men. Bisweilen kommen auch andre Fremde. Auch ich hatte mir ein ſolches Gartenhaus gemiethet. Hier und da ſind auch gute Wieſen zwiſchen den Gaͤrten. Das uͤbrige, etwas von der Stadt entferntere ebene Land, das in den Thaͤlern und an den Bergen, iſt in unzaͤhlige kleine Guͤter eingetheilt, die ich we- der Ackerguͤter, noch Gaͤrten nennen kann; ſie ſind von beyden etwas. Jhre Groͤße iſt gering, von vier und ſechs, bis zehen, funfzehen und zwanzig Mor- gen Landes, das zum Gartenbau, zum Wein- und Kornbau eingerichtet iſt. Jedes dieſer Guͤtchen hat ſein maſſives Haus; einige ſehr wenige ganz ſchoͤne Landhaͤuſer. Auf dieſe Weiſe iſt die ganze Gegend und die Anhoͤhen der ſie umgebenden Berge, ſogar die oberſte Hoͤhe derſelben mit unzaͤhligen zerſtreuten Ge- baͤuden bedeckt, die von der Stadt aus, wo man al- les uͤberſehen kann, eine erſtaunliche Anſicht geben. An den Bergen ſiehet man ganze Waͤlder von Oliven- baͤumen, und auch in der Ebene ſind ſie in großer Menge gepflanzt. Andre Baͤume, als Maulbeer- Feigen- und Obſtbaͤume, ſind etwas ſparſam ange- bracht. Von Waldung aber iſt gar nichts zu ſehen, als hier und da an den wildeſten und hoͤchſten Stellen der Berge duͤnne ſtehende Pinaſter und Geſtraͤuch, ſo daß das Holz in dieſer Gegend rar iſt. Die groͤßte Mannichfaltigkeit geben dem Auge die vielen tauſend Terraſſen, in welche die ziemlich ſteilen Anhoͤhen der Berge eingetheilt ſind, damit dies ſteile Land konnte bebaut werden. Alle werden durch trock- ne, das iſt, ohne Kalk aufgefuͤhrte Mauren unter- ſtuͤtzt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/209
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/209>, abgerufen am 21.11.2024.