lich wird darin gepflanzet oder gesät. Auf den unbe- bauten Stellen der Berge, und an den hohen Borten auf dem ebenen Lande, sieht man den ganzen Winter grünes Gras, hier und da aufblühende Blumen, im- mergrüne Bäume mit Früchten, oder mit allmählig aufbrechenden Blühten; besonders hängen die Oliven- bäume und der Lorbeerbaum den ganzen Winter über voll Früchte; des herrlichen Schauspieles der mit bald reifen Früchten behangenen Citronen- und Pom- meranzenbäume nicht zu gedenken.
Für Personen, die aus einem nördlichern Klima hieher kommen, sind diese Spaziergänge um so viel angenehmer, weil sie ihnen fast lauter ganz neue Ge- genstände zeigen. Selbst die Aussicht auf die völlig kahlen, dürren und alles Grünen beraubten Gipfel der umliegenden Berge und Felsenhöhen hat, wegen der Ungewöhnlichkeit dieses Schauplatzes, etwas An- genehmes. Man hat die beyden äußersten Gränzen der Armuth und des Reichthums der Natur hier zu- gleich vor sich, jene auf den Höhen, diesen in den Ebe- nen und Thälern.
Ferner ist fast alles, was man von Kräutern, Blumen und Bäumen sieht, neu und fremd; und man findet hier in der Wildniß der Berge Blumen, Gesträuch und Bäume, die man in nördlichern Gegen- den mit großer Sorgfalt, zur Verschönerung der Lust- gärten, den Winter über in Gewächshäusern verwah- ret, und im Sommer in Töpfen oder Kübeln herausse- tzet. Die große americanische Aloe, von der ich hier auf einem der rauhesten Berge einen ganzen Wald an- getroffen habe; die Opuntia oder Ficus indica, die hier an einigen Orten die Stelle eines Zaunes vertritt;
die
Tagebuch von einer nach Nizza
lich wird darin gepflanzet oder geſaͤt. Auf den unbe- bauten Stellen der Berge, und an den hohen Borten auf dem ebenen Lande, ſieht man den ganzen Winter gruͤnes Gras, hier und da aufbluͤhende Blumen, im- mergruͤne Baͤume mit Fruͤchten, oder mit allmaͤhlig aufbrechenden Bluͤhten; beſonders haͤngen die Oliven- baͤume und der Lorbeerbaum den ganzen Winter uͤber voll Fruͤchte; des herrlichen Schauſpieles der mit bald reifen Fruͤchten behangenen Citronen- und Pom- meranzenbaͤume nicht zu gedenken.
Fuͤr Perſonen, die aus einem noͤrdlichern Klima hieher kommen, ſind dieſe Spaziergaͤnge um ſo viel angenehmer, weil ſie ihnen faſt lauter ganz neue Ge- genſtaͤnde zeigen. Selbſt die Ausſicht auf die voͤllig kahlen, duͤrren und alles Gruͤnen beraubten Gipfel der umliegenden Berge und Felſenhoͤhen hat, wegen der Ungewoͤhnlichkeit dieſes Schauplatzes, etwas An- genehmes. Man hat die beyden aͤußerſten Graͤnzen der Armuth und des Reichthums der Natur hier zu- gleich vor ſich, jene auf den Hoͤhen, dieſen in den Ebe- nen und Thaͤlern.
Ferner iſt faſt alles, was man von Kraͤutern, Blumen und Baͤumen ſieht, neu und fremd; und man findet hier in der Wildniß der Berge Blumen, Geſtraͤuch und Baͤume, die man in noͤrdlichern Gegen- den mit großer Sorgfalt, zur Verſchoͤnerung der Luſt- gaͤrten, den Winter uͤber in Gewaͤchshaͤuſern verwah- ret, und im Sommer in Toͤpfen oder Kuͤbeln herausſe- tzet. Die große americaniſche Aloe, von der ich hier auf einem der rauheſten Berge einen ganzen Wald an- getroffen habe; die Opuntia oder Ficus indica, die hier an einigen Orten die Stelle eines Zaunes vertritt;
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Tagebuch von einer nach Nizza
lich wird darin gepflanzet oder geſaͤt. Auf den unbe-
bauten Stellen der Berge, und an den hohen Borten
auf dem ebenen Lande, ſieht man den ganzen Winter
gruͤnes Gras, hier und da aufbluͤhende Blumen, im-
mergruͤne Baͤume mit Fruͤchten, oder mit allmaͤhlig
aufbrechenden Bluͤhten; beſonders haͤngen die Oliven-
baͤume und der Lorbeerbaum den ganzen Winter uͤber
voll Fruͤchte; des herrlichen Schauſpieles der mit
bald reifen Fruͤchten behangenen Citronen- und Pom-
meranzenbaͤume nicht zu gedenken.
Fuͤr Perſonen, die aus einem noͤrdlichern Klima
hieher kommen, ſind dieſe Spaziergaͤnge um ſo viel
angenehmer, weil ſie ihnen faſt lauter ganz neue Ge-
genſtaͤnde zeigen. Selbſt die Ausſicht auf die voͤllig
kahlen, duͤrren und alles Gruͤnen beraubten Gipfel
der umliegenden Berge und Felſenhoͤhen hat, wegen
der Ungewoͤhnlichkeit dieſes Schauplatzes, etwas An-
genehmes. Man hat die beyden aͤußerſten Graͤnzen
der Armuth und des Reichthums der Natur hier zu-
gleich vor ſich, jene auf den Hoͤhen, dieſen in den Ebe-
nen und Thaͤlern.
Ferner iſt faſt alles, was man von Kraͤutern,
Blumen und Baͤumen ſieht, neu und fremd; und
man findet hier in der Wildniß der Berge Blumen,
Geſtraͤuch und Baͤume, die man in noͤrdlichern Gegen-
den mit großer Sorgfalt, zur Verſchoͤnerung der Luſt-
gaͤrten, den Winter uͤber in Gewaͤchshaͤuſern verwah-
ret, und im Sommer in Toͤpfen oder Kuͤbeln herausſe-
tzet. Die große americaniſche Aloe, von der ich hier
auf einem der rauheſten Berge einen ganzen Wald an-
getroffen habe; die Opuntia oder Ficus indica, die
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/250>, abgerufen am 16.02.2025.
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