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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza

Die Einwohner scheinen ihren Unterhalt blos von
dem Oel, den Citronen und Pommeranzen zu haben,
welche Güter hier in erstaunlicher Menge gewonnen
werden. Auch der Seidenbau muß etwas eintragen.
Die Handlung scheint in den Händen von ein paar
Handlungshäusern zu seyn.

Nachdem wir uns den Morgen nach unserer An-
kunft ein paar Stunden lang in der Stadt umgesehen
hatten, setzten wir uns wieder auf unsre Maulthiere,
um noch zum Mittagessen nach Monaco zu kommen.
Wir besahen auf dem Rückwege das eine halbe Stun-
Fürstliches
Lustschloß.
de von Menton liegende fürstliche Lustschloß, auf dem
sich der Prinz, so oft er sein kleines Fürstenthum be-
sucht, den Sommer über aufhält. Es liegt dicht an
dem Meer, hat aber nichts Vorzügliches, als seine
fürtreffliche Lage. Jn dem Tafelzimmer sah ich eine
Anstalt, die mir wohl ausgedacht schien, ob sie gleich
auch ihre Unbequemlichkeit haben mag.

Es hängt nämlich mitten über der Tafel an zwey
von der Decke herunterhangenden Latten eine Art von
Ventilator, oder Windfächer, von reichem Stoff
mit Frangen besetzt, der, vermittelst einer an der Wand
des Zimmers herunterhängenden dicken Schnur, längst
der Tafel wie eine Glocke hin und her bewegt wird.
Dieses dienet nicht nur die an der Tafel Sitzenden zu
fächern und abzukühlen, sondern zugleich die Fliegen,
welche in diesen warmen Ländern unglaublich beschwer-
lich sind, von der Tafel abzuhalten. Um das Schloß
herum liegt ein Lustgarten, der aber, obgleich der
Prinz sich den verwichenen Sommer hier aufgehalten,
so sehr verwildert ist, daß man Mühe hat, den
Buchsbaum, womit die Blumenbeete des Parterre

ein-
Tagebuch von einer nach Nizza

Die Einwohner ſcheinen ihren Unterhalt blos von
dem Oel, den Citronen und Pommeranzen zu haben,
welche Guͤter hier in erſtaunlicher Menge gewonnen
werden. Auch der Seidenbau muß etwas eintragen.
Die Handlung ſcheint in den Haͤnden von ein paar
Handlungshaͤuſern zu ſeyn.

Nachdem wir uns den Morgen nach unſerer An-
kunft ein paar Stunden lang in der Stadt umgeſehen
hatten, ſetzten wir uns wieder auf unſre Maulthiere,
um noch zum Mittageſſen nach Monaco zu kommen.
Wir beſahen auf dem Ruͤckwege das eine halbe Stun-
Fuͤrſtliches
Luſtſchloß.
de von Menton liegende fuͤrſtliche Luſtſchloß, auf dem
ſich der Prinz, ſo oft er ſein kleines Fuͤrſtenthum be-
ſucht, den Sommer uͤber aufhaͤlt. Es liegt dicht an
dem Meer, hat aber nichts Vorzuͤgliches, als ſeine
fuͤrtreffliche Lage. Jn dem Tafelzimmer ſah ich eine
Anſtalt, die mir wohl ausgedacht ſchien, ob ſie gleich
auch ihre Unbequemlichkeit haben mag.

Es haͤngt naͤmlich mitten uͤber der Tafel an zwey
von der Decke herunterhangenden Latten eine Art von
Ventilator, oder Windfaͤcher, von reichem Stoff
mit Frangen beſetzt, der, vermittelſt einer an der Wand
des Zimmers herunterhaͤngenden dicken Schnur, laͤngſt
der Tafel wie eine Glocke hin und her bewegt wird.
Dieſes dienet nicht nur die an der Tafel Sitzenden zu
faͤchern und abzukuͤhlen, ſondern zugleich die Fliegen,
welche in dieſen warmen Laͤndern unglaublich beſchwer-
lich ſind, von der Tafel abzuhalten. Um das Schloß
herum liegt ein Luſtgarten, der aber, obgleich der
Prinz ſich den verwichenen Sommer hier aufgehalten,
ſo ſehr verwildert iſt, daß man Muͤhe hat, den
Buchsbaum, womit die Blumenbeete des Parterre

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[242/0262] Tagebuch von einer nach Nizza Die Einwohner ſcheinen ihren Unterhalt blos von dem Oel, den Citronen und Pommeranzen zu haben, welche Guͤter hier in erſtaunlicher Menge gewonnen werden. Auch der Seidenbau muß etwas eintragen. Die Handlung ſcheint in den Haͤnden von ein paar Handlungshaͤuſern zu ſeyn. Nachdem wir uns den Morgen nach unſerer An- kunft ein paar Stunden lang in der Stadt umgeſehen hatten, ſetzten wir uns wieder auf unſre Maulthiere, um noch zum Mittageſſen nach Monaco zu kommen. Wir beſahen auf dem Ruͤckwege das eine halbe Stun- de von Menton liegende fuͤrſtliche Luſtſchloß, auf dem ſich der Prinz, ſo oft er ſein kleines Fuͤrſtenthum be- ſucht, den Sommer uͤber aufhaͤlt. Es liegt dicht an dem Meer, hat aber nichts Vorzuͤgliches, als ſeine fuͤrtreffliche Lage. Jn dem Tafelzimmer ſah ich eine Anſtalt, die mir wohl ausgedacht ſchien, ob ſie gleich auch ihre Unbequemlichkeit haben mag. Fuͤrſtliches Luſtſchloß. Es haͤngt naͤmlich mitten uͤber der Tafel an zwey von der Decke herunterhangenden Latten eine Art von Ventilator, oder Windfaͤcher, von reichem Stoff mit Frangen beſetzt, der, vermittelſt einer an der Wand des Zimmers herunterhaͤngenden dicken Schnur, laͤngſt der Tafel wie eine Glocke hin und her bewegt wird. Dieſes dienet nicht nur die an der Tafel Sitzenden zu faͤchern und abzukuͤhlen, ſondern zugleich die Fliegen, welche in dieſen warmen Laͤndern unglaublich beſchwer- lich ſind, von der Tafel abzuhalten. Um das Schloß herum liegt ein Luſtgarten, der aber, obgleich der Prinz ſich den verwichenen Sommer hier aufgehalten, ſo ſehr verwildert iſt, daß man Muͤhe hat, den Buchsbaum, womit die Blumenbeete des Parterre ein-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/262>, abgerufen am 28.11.2024.