Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.von Nizza nach Deutschland. Sie sind also ganz von unten bis oben mit Bücher-schränken besetzt. Jn den vier Ecken des Saals sind Treppen auf die Gallerien heraufzukommen, die aber sehr artig, als wenn es Schränke wären, bekleidet sind. Neben dem Saale ist das Zimmer für die Ma- nuscripte. Jn einem andern eben so gebauten Saale sind die Statuen und fürtrefflichen Abgüsse von den fürnehmsten antiken Statuen aus Rom, Florenz und andern Orten, dem Torso, dem Laocoon, Apollo, Hercules u. s. f. nebst vielen schönen Wer- ken neuerer Bildhauer aufgestellt; aber etwas ganz eng in einander. Jn dem daran stoßenden Zimmer sind Gemälde und Zeichnungen. Das fürnehmste darunter sind Raphaels Cartone von seiner Schule von Athen, darin die Figuren in Lebensgröße sind, und wobey man alles andere übersieht. Noch werden in diesem Zimmer eine Menge Zeichnungen und Pa- piere des da Vinci, in einen großen Folioband zusam- mengeheftet und besonders verschlossen, aufbehalten. Man erstaunet bey Durchblätterung dieses in der That kostbaren Monuments, das von dem großen Genie, den ausgebreiteten Kenntnissen und der bewunderungs- würdigen Arbeitsamkeit dieses berühmten Mannes das unverwerflichste Zeugniß ableget. Es ist kaum ein Theil der sogenannten angewandten Geometrie, dar- über nicht Entwürfe von neuen Erfindungen in dieser Sammlung vorkämen. Fürnehmlich aber sind über die Mechanik, die Kriegsbaukunst und das Artillerie- wesen eine Menge Papiere und Zeichnungen da. Fa- taler Weise hat dieser große Mann den seltsamen Ein- fall gehabt, alles, was er dabey geschrieben, nicht nur erstaunlich klein, sondern verkehrt zu schreiben; viel- leicht
von Nizza nach Deutſchland. Sie ſind alſo ganz von unten bis oben mit Buͤcher-ſchraͤnken beſetzt. Jn den vier Ecken des Saals ſind Treppen auf die Gallerien heraufzukommen, die aber ſehr artig, als wenn es Schraͤnke waͤren, bekleidet ſind. Neben dem Saale iſt das Zimmer fuͤr die Ma- nuſcripte. Jn einem andern eben ſo gebauten Saale ſind die Statuen und fuͤrtrefflichen Abguͤſſe von den fuͤrnehmſten antiken Statuen aus Rom, Florenz und andern Orten, dem Torſo, dem Laocoon, Apollo, Hercules u. ſ. f. nebſt vielen ſchoͤnen Wer- ken neuerer Bildhauer aufgeſtellt; aber etwas ganz eng in einander. Jn dem daran ſtoßenden Zimmer ſind Gemaͤlde und Zeichnungen. Das fuͤrnehmſte darunter ſind Raphaels Cartone von ſeiner Schule von Athen, darin die Figuren in Lebensgroͤße ſind, und wobey man alles andere uͤberſieht. Noch werden in dieſem Zimmer eine Menge Zeichnungen und Pa- piere des da Vinci, in einen großen Folioband zuſam- mengeheftet und beſonders verſchloſſen, aufbehalten. Man erſtaunet bey Durchblaͤtterung dieſes in der That koſtbaren Monuments, das von dem großen Genie, den ausgebreiteten Kenntniſſen und der bewunderungs- wuͤrdigen Arbeitſamkeit dieſes beruͤhmten Mannes das unverwerflichſte Zeugniß ableget. Es iſt kaum ein Theil der ſogenannten angewandten Geometrie, dar- uͤber nicht Entwuͤrfe von neuen Erfindungen in dieſer Sammlung vorkaͤmen. Fuͤrnehmlich aber ſind uͤber die Mechanik, die Kriegsbaukunſt und das Artillerie- weſen eine Menge Papiere und Zeichnungen da. Fa- taler Weiſe hat dieſer große Mann den ſeltſamen Ein- fall gehabt, alles, was er dabey geſchrieben, nicht nur erſtaunlich klein, ſondern verkehrt zu ſchreiben; viel- leicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0351" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Nizza nach Deutſchland.</hi></fw><lb/> Sie ſind alſo ganz von unten bis oben mit Buͤcher-<lb/> ſchraͤnken beſetzt. Jn den vier Ecken des Saals ſind<lb/> Treppen auf die Gallerien heraufzukommen, die aber<lb/> ſehr artig, als wenn es Schraͤnke waͤren, bekleidet<lb/> ſind. Neben dem Saale iſt das Zimmer fuͤr die Ma-<lb/> nuſcripte. Jn einem andern eben ſo gebauten Saale<lb/> ſind die Statuen und fuͤrtrefflichen Abguͤſſe von den<lb/> fuͤrnehmſten antiken Statuen aus <hi rendition="#fr">Rom, Florenz</hi><lb/> und andern Orten, dem <hi rendition="#fr">Torſo,</hi> dem <hi rendition="#fr">Laocoon,<lb/> Apollo, Hercules</hi> u. ſ. f. nebſt vielen ſchoͤnen Wer-<lb/> ken neuerer Bildhauer aufgeſtellt; aber etwas ganz<lb/> eng in einander. Jn dem daran ſtoßenden Zimmer<lb/> ſind Gemaͤlde und Zeichnungen. Das fuͤrnehmſte<lb/> darunter ſind <hi rendition="#fr">Raphaels</hi> Cartone von ſeiner Schule<lb/> von <hi rendition="#fr">Athen,</hi> darin die Figuren in Lebensgroͤße ſind,<lb/> und wobey man alles andere uͤberſieht. Noch werden<lb/> in dieſem Zimmer eine Menge Zeichnungen und Pa-<lb/> piere des <hi rendition="#fr">da Vinci,</hi> in einen großen Folioband zuſam-<lb/> mengeheftet und beſonders verſchloſſen, aufbehalten.<lb/> Man erſtaunet bey Durchblaͤtterung dieſes in der That<lb/> koſtbaren Monuments, das von dem großen Genie,<lb/> den ausgebreiteten Kenntniſſen und der bewunderungs-<lb/> wuͤrdigen Arbeitſamkeit dieſes beruͤhmten Mannes<lb/> das unverwerflichſte Zeugniß ableget. Es iſt kaum<lb/> ein Theil der ſogenannten angewandten Geometrie, dar-<lb/> uͤber nicht Entwuͤrfe von neuen Erfindungen in dieſer<lb/> Sammlung vorkaͤmen. Fuͤrnehmlich aber ſind uͤber<lb/> die Mechanik, die Kriegsbaukunſt und das Artillerie-<lb/> weſen eine Menge Papiere und Zeichnungen da. Fa-<lb/> taler Weiſe hat dieſer große Mann den ſeltſamen Ein-<lb/> fall gehabt, alles, was er dabey geſchrieben, nicht nur<lb/> erſtaunlich klein, ſondern verkehrt zu ſchreiben; viel-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">leicht</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [331/0351]
von Nizza nach Deutſchland.
Sie ſind alſo ganz von unten bis oben mit Buͤcher-
ſchraͤnken beſetzt. Jn den vier Ecken des Saals ſind
Treppen auf die Gallerien heraufzukommen, die aber
ſehr artig, als wenn es Schraͤnke waͤren, bekleidet
ſind. Neben dem Saale iſt das Zimmer fuͤr die Ma-
nuſcripte. Jn einem andern eben ſo gebauten Saale
ſind die Statuen und fuͤrtrefflichen Abguͤſſe von den
fuͤrnehmſten antiken Statuen aus Rom, Florenz
und andern Orten, dem Torſo, dem Laocoon,
Apollo, Hercules u. ſ. f. nebſt vielen ſchoͤnen Wer-
ken neuerer Bildhauer aufgeſtellt; aber etwas ganz
eng in einander. Jn dem daran ſtoßenden Zimmer
ſind Gemaͤlde und Zeichnungen. Das fuͤrnehmſte
darunter ſind Raphaels Cartone von ſeiner Schule
von Athen, darin die Figuren in Lebensgroͤße ſind,
und wobey man alles andere uͤberſieht. Noch werden
in dieſem Zimmer eine Menge Zeichnungen und Pa-
piere des da Vinci, in einen großen Folioband zuſam-
mengeheftet und beſonders verſchloſſen, aufbehalten.
Man erſtaunet bey Durchblaͤtterung dieſes in der That
koſtbaren Monuments, das von dem großen Genie,
den ausgebreiteten Kenntniſſen und der bewunderungs-
wuͤrdigen Arbeitſamkeit dieſes beruͤhmten Mannes
das unverwerflichſte Zeugniß ableget. Es iſt kaum
ein Theil der ſogenannten angewandten Geometrie, dar-
uͤber nicht Entwuͤrfe von neuen Erfindungen in dieſer
Sammlung vorkaͤmen. Fuͤrnehmlich aber ſind uͤber
die Mechanik, die Kriegsbaukunſt und das Artillerie-
weſen eine Menge Papiere und Zeichnungen da. Fa-
taler Weiſe hat dieſer große Mann den ſeltſamen Ein-
fall gehabt, alles, was er dabey geſchrieben, nicht nur
erſtaunlich klein, ſondern verkehrt zu ſchreiben; viel-
leicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |