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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
den ist. Denn insgemein ist jeder damit zufrieden,
daß er sich unter Menschen von seinem Stande, so
gering er auch ist, auszeichne. Es befriedigt insge-
mein den Bedienten, wenn er für einen Bedienten
vom ersten Range angesehen wird. Der Handwerks-
mann will sich nur über andre seines Standes, der
Kaufmann über andere Kaufleute, der Gelehrte über
andre Gelehrte u. s. f. etwas erheben. Selten geht
die Eitelkeit so weit, daß sich einer um mehr als eine
Stufe über seinen Stand empor zu heben suchte. Al-
so kann man doch einigermaßen sagen, daß überhaupt
jeder mit seinem Stande zufrieden sey, wenn er nur
so weit kommt, daß er an den nächst darüber ste-
henden gränzet. Auf diese Weise genießt auch der ge-
ringste Stand der Menschen das, was Ehre und Rang
Schmeichelndes haben, so gut als der erste. Jch
vermuthe, daß ein schweizerischer Vorreuter, da er
seinen Namen hier auf der Mauer geschrieben sieht,
eben das Vergnügen genießt, was der erste Heerfüh-
rer haben würde, wenn er auf dem Schlachtfelde, wo
er einen Sieg gewonnen, seinen Namen auf einem
Monumente würde eingegraben sehen. Aber bald
würde ich mich zu tief in moralische Anmerkungen ein-
lassen.

Jch mußte hier, in Lugano, Reit- und Packpfer-
de miethen, um über das Gebürge zu kommen, und
sie theuer bezahlen. Von hier bis Altorf, den
Hauptort im Canton Uri, sind dreyssig Stunden
Weges, oder etwa 15 deutsche Meilen. Für diesen
Weg hatte ich fünf Pferde nöthig, für die ich 171/2
Ducaten, oder ohngefähr 50 Rthlr. erlegen mußte.

Gleich

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
den iſt. Denn insgemein iſt jeder damit zufrieden,
daß er ſich unter Menſchen von ſeinem Stande, ſo
gering er auch iſt, auszeichne. Es befriedigt insge-
mein den Bedienten, wenn er fuͤr einen Bedienten
vom erſten Range angeſehen wird. Der Handwerks-
mann will ſich nur uͤber andre ſeines Standes, der
Kaufmann uͤber andere Kaufleute, der Gelehrte uͤber
andre Gelehrte u. ſ. f. etwas erheben. Selten geht
die Eitelkeit ſo weit, daß ſich einer um mehr als eine
Stufe uͤber ſeinen Stand empor zu heben ſuchte. Al-
ſo kann man doch einigermaßen ſagen, daß uͤberhaupt
jeder mit ſeinem Stande zufrieden ſey, wenn er nur
ſo weit kommt, daß er an den naͤchſt daruͤber ſte-
henden graͤnzet. Auf dieſe Weiſe genießt auch der ge-
ringſte Stand der Menſchen das, was Ehre und Rang
Schmeichelndes haben, ſo gut als der erſte. Jch
vermuthe, daß ein ſchweizeriſcher Vorreuter, da er
ſeinen Namen hier auf der Mauer geſchrieben ſieht,
eben das Vergnuͤgen genießt, was der erſte Heerfuͤh-
rer haben wuͤrde, wenn er auf dem Schlachtfelde, wo
er einen Sieg gewonnen, ſeinen Namen auf einem
Monumente wuͤrde eingegraben ſehen. Aber bald
wuͤrde ich mich zu tief in moraliſche Anmerkungen ein-
laſſen.

Jch mußte hier, in Lugano, Reit- und Packpfer-
de miethen, um uͤber das Gebuͤrge zu kommen, und
ſie theuer bezahlen. Von hier bis Altorf, den
Hauptort im Canton Uri, ſind dreyſſig Stunden
Weges, oder etwa 15 deutſche Meilen. Fuͤr dieſen
Weg hatte ich fuͤnf Pferde noͤthig, fuͤr die ich 17½
Ducaten, oder ohngefaͤhr 50 Rthlr. erlegen mußte.

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[352/0372] Tagebuch von der Ruͤckreiſe den iſt. Denn insgemein iſt jeder damit zufrieden, daß er ſich unter Menſchen von ſeinem Stande, ſo gering er auch iſt, auszeichne. Es befriedigt insge- mein den Bedienten, wenn er fuͤr einen Bedienten vom erſten Range angeſehen wird. Der Handwerks- mann will ſich nur uͤber andre ſeines Standes, der Kaufmann uͤber andere Kaufleute, der Gelehrte uͤber andre Gelehrte u. ſ. f. etwas erheben. Selten geht die Eitelkeit ſo weit, daß ſich einer um mehr als eine Stufe uͤber ſeinen Stand empor zu heben ſuchte. Al- ſo kann man doch einigermaßen ſagen, daß uͤberhaupt jeder mit ſeinem Stande zufrieden ſey, wenn er nur ſo weit kommt, daß er an den naͤchſt daruͤber ſte- henden graͤnzet. Auf dieſe Weiſe genießt auch der ge- ringſte Stand der Menſchen das, was Ehre und Rang Schmeichelndes haben, ſo gut als der erſte. Jch vermuthe, daß ein ſchweizeriſcher Vorreuter, da er ſeinen Namen hier auf der Mauer geſchrieben ſieht, eben das Vergnuͤgen genießt, was der erſte Heerfuͤh- rer haben wuͤrde, wenn er auf dem Schlachtfelde, wo er einen Sieg gewonnen, ſeinen Namen auf einem Monumente wuͤrde eingegraben ſehen. Aber bald wuͤrde ich mich zu tief in moraliſche Anmerkungen ein- laſſen. Jch mußte hier, in Lugano, Reit- und Packpfer- de miethen, um uͤber das Gebuͤrge zu kommen, und ſie theuer bezahlen. Von hier bis Altorf, den Hauptort im Canton Uri, ſind dreyſſig Stunden Weges, oder etwa 15 deutſche Meilen. Fuͤr dieſen Weg hatte ich fuͤnf Pferde noͤthig, fuͤr die ich 17½ Ducaten, oder ohngefaͤhr 50 Rthlr. erlegen mußte. Gleich

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/372>, abgerufen am 22.11.2024.