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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
vom Getraide nicht zu verhindern, wird er in der Hö-
he in Festone gebunden. Hier aber, wo die Weinre-
ben zu beyden Seiten der Straße dichter gesetzt sind,
werden sie in der Höhe überall ausgebreitet, und bil-
den eine gerade gestreckte Decke, wie die Decke eines
Zimmers; und unter dieser reitet man weg. Hier
sah ich auch Bienenstöcke, die ersten, die mir seit lan-
ger Zeit zu Gesichte gekommen.

Das Thal wird nun immer enger, und steiget
auch merklicher in die Höhe. Seine größte Breite
ist nun nicht mehr über 500 Schritte. Hier sah ich
die ersten Tannen, die mir jenseit der Alpen vorgekom-
men, und auch verschiedenes in Deutschland gewöhn-
liches Gesträuche, als Haseln, Weißdorn, Hartrie-
gel, Spiehlbaum, Holunder u. dgl. Es schien mir,
als wenn ich hier zuerst über die Gränzen von Welsch-
land herausträte.

Auf den Mittag kam ich in ein kleines, aber sehr
lebhaftes Dorf Giornico, bey welchem das Thal sehr
enge wird. Jch wunderte mich darüber, daß ich an
einem so kleinen und so tief in den Alpen liegenden Or-
te bey meinem Mittagessen so reinlich und so sehr gut
bedienet wurde. Jch kostete hier einen sehr guten und
feinen Wein, der an dem Lago maggiore wächst.
Hier ist sehr wenig Land zur Cultur übrig. An dem
Fuße der Berge, wo diese nicht gar zu steil sind, ha-
ben die Einwohner noch Gärten, etwas Weinbau und
einige Wiesen. Jn der Nähe dieses Orts ist ein herr-
licher Wasserfall, der sich selbst zu unterst an dem Fuß
des Berges durch die Gewalt des letzten 80 bis 100
Fuß hohen Falles ein weites Becken in den Felsen
ausgegraben hat.

Gleich

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
vom Getraide nicht zu verhindern, wird er in der Hoͤ-
he in Feſtone gebunden. Hier aber, wo die Weinre-
ben zu beyden Seiten der Straße dichter geſetzt ſind,
werden ſie in der Hoͤhe uͤberall ausgebreitet, und bil-
den eine gerade geſtreckte Decke, wie die Decke eines
Zimmers; und unter dieſer reitet man weg. Hier
ſah ich auch Bienenſtoͤcke, die erſten, die mir ſeit lan-
ger Zeit zu Geſichte gekommen.

Das Thal wird nun immer enger, und ſteiget
auch merklicher in die Hoͤhe. Seine groͤßte Breite
iſt nun nicht mehr uͤber 500 Schritte. Hier ſah ich
die erſten Tannen, die mir jenſeit der Alpen vorgekom-
men, und auch verſchiedenes in Deutſchland gewoͤhn-
liches Geſtraͤuche, als Haſeln, Weißdorn, Hartrie-
gel, Spiehlbaum, Holunder u. dgl. Es ſchien mir,
als wenn ich hier zuerſt uͤber die Graͤnzen von Welſch-
land heraustraͤte.

Auf den Mittag kam ich in ein kleines, aber ſehr
lebhaftes Dorf Giornico, bey welchem das Thal ſehr
enge wird. Jch wunderte mich daruͤber, daß ich an
einem ſo kleinen und ſo tief in den Alpen liegenden Or-
te bey meinem Mittageſſen ſo reinlich und ſo ſehr gut
bedienet wurde. Jch koſtete hier einen ſehr guten und
feinen Wein, der an dem Lago maggiore waͤchſt.
Hier iſt ſehr wenig Land zur Cultur uͤbrig. An dem
Fuße der Berge, wo dieſe nicht gar zu ſteil ſind, ha-
ben die Einwohner noch Gaͤrten, etwas Weinbau und
einige Wieſen. Jn der Naͤhe dieſes Orts iſt ein herr-
licher Waſſerfall, der ſich ſelbſt zu unterſt an dem Fuß
des Berges durch die Gewalt des letzten 80 bis 100
Fuß hohen Falles ein weites Becken in den Felſen
ausgegraben hat.

Gleich
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[358/0378] Tagebuch von der Ruͤckreiſe vom Getraide nicht zu verhindern, wird er in der Hoͤ- he in Feſtone gebunden. Hier aber, wo die Weinre- ben zu beyden Seiten der Straße dichter geſetzt ſind, werden ſie in der Hoͤhe uͤberall ausgebreitet, und bil- den eine gerade geſtreckte Decke, wie die Decke eines Zimmers; und unter dieſer reitet man weg. Hier ſah ich auch Bienenſtoͤcke, die erſten, die mir ſeit lan- ger Zeit zu Geſichte gekommen. Das Thal wird nun immer enger, und ſteiget auch merklicher in die Hoͤhe. Seine groͤßte Breite iſt nun nicht mehr uͤber 500 Schritte. Hier ſah ich die erſten Tannen, die mir jenſeit der Alpen vorgekom- men, und auch verſchiedenes in Deutſchland gewoͤhn- liches Geſtraͤuche, als Haſeln, Weißdorn, Hartrie- gel, Spiehlbaum, Holunder u. dgl. Es ſchien mir, als wenn ich hier zuerſt uͤber die Graͤnzen von Welſch- land heraustraͤte. Auf den Mittag kam ich in ein kleines, aber ſehr lebhaftes Dorf Giornico, bey welchem das Thal ſehr enge wird. Jch wunderte mich daruͤber, daß ich an einem ſo kleinen und ſo tief in den Alpen liegenden Or- te bey meinem Mittageſſen ſo reinlich und ſo ſehr gut bedienet wurde. Jch koſtete hier einen ſehr guten und feinen Wein, der an dem Lago maggiore waͤchſt. Hier iſt ſehr wenig Land zur Cultur uͤbrig. An dem Fuße der Berge, wo dieſe nicht gar zu ſteil ſind, ha- ben die Einwohner noch Gaͤrten, etwas Weinbau und einige Wieſen. Jn der Naͤhe dieſes Orts iſt ein herr- licher Waſſerfall, der ſich ſelbſt zu unterſt an dem Fuß des Berges durch die Gewalt des letzten 80 bis 100 Fuß hohen Falles ein weites Becken in den Felſen ausgegraben hat. Gleich

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/378>, abgerufen am 22.11.2024.