Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.gethanen Reise. seinen Schriften: aber noch mehr rühret im Umgangsein freundschaftliches, herzliches und redliches Wesen, das ihn zu einem der besten Menschen macht, in des- sen Seele Liebe zur Wahrheit, zur Tugend und allem Guten herrschende Neigungen sind. Seine Gemah- linn ist in allen Stücken seiner würdig. Hr. Bonnet machte mir unter andern Vergnü-Hr. Offraine. Unter die mancherley Vergnügungen, die ich hierFernex. Woh-
gethanen Reiſe. ſeinen Schriften: aber noch mehr ruͤhret im Umgangſein freundſchaftliches, herzliches und redliches Weſen, das ihn zu einem der beſten Menſchen macht, in deſ- ſen Seele Liebe zur Wahrheit, zur Tugend und allem Guten herrſchende Neigungen ſind. Seine Gemah- linn iſt in allen Stuͤcken ſeiner wuͤrdig. Hr. Bonnet machte mir unter andern Vergnuͤ-Hr. Offraine. Unter die mancherley Vergnuͤgungen, die ich hierFernex. Woh-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="63"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">gethanen Reiſe.</hi></fw><lb/> ſeinen Schriften: aber noch mehr ruͤhret im Umgang<lb/> ſein freundſchaftliches, herzliches und redliches Weſen,<lb/> das ihn zu einem der beſten Menſchen macht, in deſ-<lb/> ſen Seele Liebe zur Wahrheit, zur Tugend und allem<lb/> Guten herrſchende Neigungen ſind. Seine Gemah-<lb/> linn iſt in allen Stuͤcken ſeiner wuͤrdig.</p><lb/> <p>Hr. <hi rendition="#fr">Bonnet</hi> machte mir unter andern Vergnuͤ-<note place="right">Hr. Offraine.</note><lb/> gen auch dieſes, daß er den beruͤhmten <hi rendition="#fr">Offraine,</hi> ei-<lb/> nen der erſten Schauſpieler unſrer Zeit, der ſich jetzt<lb/> eben in ſeiner Vaterſtadt <hi rendition="#fr">Geneve</hi> aufhielt, zu uns<lb/> einladete. Dieſer fuͤrtreffliche Schauſpieler machte<lb/> uns das Vergnuͤgen, einige der ausgeſuchteſten Sce-<lb/> nen des franzoͤſiſchen Theaters zu ſpielen. Seine<lb/> groͤßte Staͤrke iſt in dem hohen Komiſchen, darin er<lb/> unſtreitig alle jetzt lebende franzoͤſiſche Schauſpieler<lb/> uͤbertrifft. Aber auch verſchiedene tragiſche Scenen<lb/> macht er mit großer Wahrheit und Nachdruck. Er<lb/> ſchien mir in verſchiedenen Stuͤcken den beruͤhmten <hi rendition="#fr">Le<lb/> Kain</hi> weit zu uͤbertreffen.</p><lb/> <p>Unter die mancherley Vergnuͤgungen, die ich hier<note place="right">Fernex.</note><lb/> genoß, rechne ich auch eine kleine Spazierfahrt, die<lb/> ich mit Hr. <hi rendition="#fr">Bonnet</hi> allein nach <hi rendition="#fr">Fernex</hi> machte. Die-<lb/> ſer durch ſeinen jetzigen Beſitzer <hi rendition="#fr">Voltaire</hi> beruͤhmt ge-<note place="right">Voltaire.</note><lb/> wordene Ort liegt etwa eine halbe Stunde oberhalb <hi rendition="#fr">Gen-<lb/> thod,</hi> auf einer Anhoͤhe, von der man eine weite Aus-<lb/> ſicht uͤber die umliegenden Gegenden und den auf der<lb/> Graͤnze zwiſchen Frankreich und der Schweiz liegen-<lb/> den Berg <hi rendition="#fr">Jura</hi> hat. Ehedem war es ein ſchlechtes<lb/> Dorf, jetzt aber iſt es durch den alten Dichter ſo er-<lb/> weitert und verſchoͤnert, daß es ein ganz angenehmer<lb/> Ort geworden. Er hat eine ſehr betraͤchtliche Anzahl<lb/> Haͤuſer, ſowohl zur Landwirthſchaft, als blos zur<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Woh-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0081]
gethanen Reiſe.
ſeinen Schriften: aber noch mehr ruͤhret im Umgang
ſein freundſchaftliches, herzliches und redliches Weſen,
das ihn zu einem der beſten Menſchen macht, in deſ-
ſen Seele Liebe zur Wahrheit, zur Tugend und allem
Guten herrſchende Neigungen ſind. Seine Gemah-
linn iſt in allen Stuͤcken ſeiner wuͤrdig.
Hr. Bonnet machte mir unter andern Vergnuͤ-
gen auch dieſes, daß er den beruͤhmten Offraine, ei-
nen der erſten Schauſpieler unſrer Zeit, der ſich jetzt
eben in ſeiner Vaterſtadt Geneve aufhielt, zu uns
einladete. Dieſer fuͤrtreffliche Schauſpieler machte
uns das Vergnuͤgen, einige der ausgeſuchteſten Sce-
nen des franzoͤſiſchen Theaters zu ſpielen. Seine
groͤßte Staͤrke iſt in dem hohen Komiſchen, darin er
unſtreitig alle jetzt lebende franzoͤſiſche Schauſpieler
uͤbertrifft. Aber auch verſchiedene tragiſche Scenen
macht er mit großer Wahrheit und Nachdruck. Er
ſchien mir in verſchiedenen Stuͤcken den beruͤhmten Le
Kain weit zu uͤbertreffen.
Hr. Offraine.
Unter die mancherley Vergnuͤgungen, die ich hier
genoß, rechne ich auch eine kleine Spazierfahrt, die
ich mit Hr. Bonnet allein nach Fernex machte. Die-
ſer durch ſeinen jetzigen Beſitzer Voltaire beruͤhmt ge-
wordene Ort liegt etwa eine halbe Stunde oberhalb Gen-
thod, auf einer Anhoͤhe, von der man eine weite Aus-
ſicht uͤber die umliegenden Gegenden und den auf der
Graͤnze zwiſchen Frankreich und der Schweiz liegen-
den Berg Jura hat. Ehedem war es ein ſchlechtes
Dorf, jetzt aber iſt es durch den alten Dichter ſo er-
weitert und verſchoͤnert, daß es ein ganz angenehmer
Ort geworden. Er hat eine ſehr betraͤchtliche Anzahl
Haͤuſer, ſowohl zur Landwirthſchaft, als blos zur
Woh-
Fernex.
Voltaire.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |