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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
Wohnung für allerley Personen eingerichtet. Die
letzten sind durchgehends sehr artig, massiv und in gu-
tem Geschmack gebaut. Künstler, Handwerker oder
andre Personen, die Lust haben hier zu wohnen, und
sich deshalb bey dem Grundherrn melden, bekommen
ein solches Haus, auch allenfalls mit einem daran
stoßenden Garten, gegen eine mäßige jährliche Abga-
be, die aber nach Voltaires und seiner Nichte und
Erbinn, Mad. Denis, Tode gänzlich wegfallen, in
eigenthümlichen Besitz. Dieses hat schon verschiedene
Uhrmacher und einige Handwerksleute hieher gezogen,
so daß der Ort sich stark aufnimmt. Noch wird mit
dem Bauen beständig fortgefahren. Jn allen Ge-
genden des Dorfes sah ich eine Menge Menschen da-
mit beschäfftiget. Man sah hier Fundamente graben,
dort halb fertige Gebäude weiter aufführen, an andern
Orten schon gedeckte mit inwendiger Arbeit versehen.
Verschiedene Plätze liegen voll Steine, die zum Bau
verschnitten und bearbeitet werden; andre sind mit
Bauholz bedeckt, das die Zimmerleute bearbeiten;
überall werden Baumaterialien und Erde zur Verbes-
serung der Wege und Straßen angefahren, und der
ganze Ort ist so lebhaft und in solcher Bewegung, als
wenn eine neu angekommene Colonie sich hier anbaute.
Das Schloß oder herrschaftliche Wohnhaus steht am
Ende und am höchsten Orte des Dorfes, und ist ein
feines und ziemlich großes Gebäude, das Voltaire
vom Grund aus neu aufgeführet hat. Nächst daran
sind schöne Gärten und angenehme Plantagen von wil-
den Bäumen. Kurz, alles was den Ort verschönern
konnte, ist mit beträchtlichem Aufwand hier ange-
gebracht. Daß der alte Dichter auch sich mit neuen

Un-

Tagebuch von einer nach Nizza
Wohnung fuͤr allerley Perſonen eingerichtet. Die
letzten ſind durchgehends ſehr artig, maſſiv und in gu-
tem Geſchmack gebaut. Kuͤnſtler, Handwerker oder
andre Perſonen, die Luſt haben hier zu wohnen, und
ſich deshalb bey dem Grundherrn melden, bekommen
ein ſolches Haus, auch allenfalls mit einem daran
ſtoßenden Garten, gegen eine maͤßige jaͤhrliche Abga-
be, die aber nach Voltaires und ſeiner Nichte und
Erbinn, Mad. Denis, Tode gaͤnzlich wegfallen, in
eigenthuͤmlichen Beſitz. Dieſes hat ſchon verſchiedene
Uhrmacher und einige Handwerksleute hieher gezogen,
ſo daß der Ort ſich ſtark aufnimmt. Noch wird mit
dem Bauen beſtaͤndig fortgefahren. Jn allen Ge-
genden des Dorfes ſah ich eine Menge Menſchen da-
mit beſchaͤfftiget. Man ſah hier Fundamente graben,
dort halb fertige Gebaͤude weiter auffuͤhren, an andern
Orten ſchon gedeckte mit inwendiger Arbeit verſehen.
Verſchiedene Plaͤtze liegen voll Steine, die zum Bau
verſchnitten und bearbeitet werden; andre ſind mit
Bauholz bedeckt, das die Zimmerleute bearbeiten;
uͤberall werden Baumaterialien und Erde zur Verbeſ-
ſerung der Wege und Straßen angefahren, und der
ganze Ort iſt ſo lebhaft und in ſolcher Bewegung, als
wenn eine neu angekommene Colonie ſich hier anbaute.
Das Schloß oder herrſchaftliche Wohnhaus ſteht am
Ende und am hoͤchſten Orte des Dorfes, und iſt ein
feines und ziemlich großes Gebaͤude, das Voltaire
vom Grund aus neu aufgefuͤhret hat. Naͤchſt daran
ſind ſchoͤne Gaͤrten und angenehme Plantagen von wil-
den Baͤumen. Kurz, alles was den Ort verſchoͤnern
konnte, iſt mit betraͤchtlichem Aufwand hier ange-
gebracht. Daß der alte Dichter auch ſich mit neuen

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[64/0082] Tagebuch von einer nach Nizza Wohnung fuͤr allerley Perſonen eingerichtet. Die letzten ſind durchgehends ſehr artig, maſſiv und in gu- tem Geſchmack gebaut. Kuͤnſtler, Handwerker oder andre Perſonen, die Luſt haben hier zu wohnen, und ſich deshalb bey dem Grundherrn melden, bekommen ein ſolches Haus, auch allenfalls mit einem daran ſtoßenden Garten, gegen eine maͤßige jaͤhrliche Abga- be, die aber nach Voltaires und ſeiner Nichte und Erbinn, Mad. Denis, Tode gaͤnzlich wegfallen, in eigenthuͤmlichen Beſitz. Dieſes hat ſchon verſchiedene Uhrmacher und einige Handwerksleute hieher gezogen, ſo daß der Ort ſich ſtark aufnimmt. Noch wird mit dem Bauen beſtaͤndig fortgefahren. Jn allen Ge- genden des Dorfes ſah ich eine Menge Menſchen da- mit beſchaͤfftiget. Man ſah hier Fundamente graben, dort halb fertige Gebaͤude weiter auffuͤhren, an andern Orten ſchon gedeckte mit inwendiger Arbeit verſehen. Verſchiedene Plaͤtze liegen voll Steine, die zum Bau verſchnitten und bearbeitet werden; andre ſind mit Bauholz bedeckt, das die Zimmerleute bearbeiten; uͤberall werden Baumaterialien und Erde zur Verbeſ- ſerung der Wege und Straßen angefahren, und der ganze Ort iſt ſo lebhaft und in ſolcher Bewegung, als wenn eine neu angekommene Colonie ſich hier anbaute. Das Schloß oder herrſchaftliche Wohnhaus ſteht am Ende und am hoͤchſten Orte des Dorfes, und iſt ein feines und ziemlich großes Gebaͤude, das Voltaire vom Grund aus neu aufgefuͤhret hat. Naͤchſt daran ſind ſchoͤne Gaͤrten und angenehme Plantagen von wil- den Baͤumen. Kurz, alles was den Ort verſchoͤnern konnte, iſt mit betraͤchtlichem Aufwand hier ange- gebracht. Daß der alte Dichter auch ſich mit neuen Un-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/82>, abgerufen am 09.11.2024.