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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza
entwickelte er alle Schwierigkeiten und die Einwendun-
gen, die man gegen das Werk gemacht hat, nebst
seinen Beantwortungen. Es schien mir, daß er al-
les hinlänglich überlegt, und zum Theil mit viel Ge-
nie, die Schwierigkeiten zu überwinden, hinlängliche
Mittel erfunden habe. Jndessen sind noch immer ge-
nug Leute in Lyon, die behaupten, das große Unter-
nehmen werde fehlschlagen.

Weil ich im Rückwege nach meinem Gasthof an
die Kirche der Parochie d'Enay kam, stieg ich aus,
um dieselbe inwendig zu sehen, weil man mir gesagt
hatte, daß einige Ueberbleibsel von römischer Bau-
kunst darin zu sehen seyn. Der Chor dieser Kirche
hat eine Cupel, die auf vier starken Säulen von Gra-
nit ruhet, deren Schafft aus einem Stück gehauen ist.
Da vor alten Zeiten die Ara Augusti hier gestanden
hat, so vermuthet man, daß diese Säulen von der-
selben genommen worden. Die Vermuthung ist
wahrscheinlich; denn die Verhältnisse dieser Säulen,
und die Glieder an Fuß und Capital sind wirklich an-
tik. Außerdem siehet man deutlich, daß diese Säu-
len nicht zu diesem Bau verfertiget, sondern von ei-
nem andern genommen worden; nämlich zwey davon,
die zunächst an dem Altar stehen, sind auf einen hö-
hern Grund gesetzt, als die beyden andern. Weil sie
also zu hoch würden gewesen seyn, so hat man, um
sie mit den andern gleich hoch zu machen, unten am
Stamm etwas davon abgeschnitten; daher fehlet ih-
nen der Untersaum mit dem Anlauf, welche beyde an
den andern tiefer stehenden vorhanden sind. Der
Diameter dieser Säulen unten am Stamm ist beynahe
vier rheinländische Fuß.

Den

Tagebuch von einer nach Nizza
entwickelte er alle Schwierigkeiten und die Einwendun-
gen, die man gegen das Werk gemacht hat, nebſt
ſeinen Beantwortungen. Es ſchien mir, daß er al-
les hinlaͤnglich uͤberlegt, und zum Theil mit viel Ge-
nie, die Schwierigkeiten zu uͤberwinden, hinlaͤngliche
Mittel erfunden habe. Jndeſſen ſind noch immer ge-
nug Leute in Lyon, die behaupten, das große Unter-
nehmen werde fehlſchlagen.

Weil ich im Ruͤckwege nach meinem Gaſthof an
die Kirche der Parochie d'Enay kam, ſtieg ich aus,
um dieſelbe inwendig zu ſehen, weil man mir geſagt
hatte, daß einige Ueberbleibſel von roͤmiſcher Bau-
kunſt darin zu ſehen ſeyn. Der Chor dieſer Kirche
hat eine Cupel, die auf vier ſtarken Saͤulen von Gra-
nit ruhet, deren Schafft aus einem Stuͤck gehauen iſt.
Da vor alten Zeiten die Ara Auguſti hier geſtanden
hat, ſo vermuthet man, daß dieſe Saͤulen von der-
ſelben genommen worden. Die Vermuthung iſt
wahrſcheinlich; denn die Verhaͤltniſſe dieſer Saͤulen,
und die Glieder an Fuß und Capital ſind wirklich an-
tik. Außerdem ſiehet man deutlich, daß dieſe Saͤu-
len nicht zu dieſem Bau verfertiget, ſondern von ei-
nem andern genommen worden; naͤmlich zwey davon,
die zunaͤchſt an dem Altar ſtehen, ſind auf einen hoͤ-
hern Grund geſetzt, als die beyden andern. Weil ſie
alſo zu hoch wuͤrden geweſen ſeyn, ſo hat man, um
ſie mit den andern gleich hoch zu machen, unten am
Stamm etwas davon abgeſchnitten; daher fehlet ih-
nen der Unterſaum mit dem Anlauf, welche beyde an
den andern tiefer ſtehenden vorhanden ſind. Der
Diameter dieſer Saͤulen unten am Stamm iſt beynahe
vier rheinlaͤndiſche Fuß.

Den
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[80/0098] Tagebuch von einer nach Nizza entwickelte er alle Schwierigkeiten und die Einwendun- gen, die man gegen das Werk gemacht hat, nebſt ſeinen Beantwortungen. Es ſchien mir, daß er al- les hinlaͤnglich uͤberlegt, und zum Theil mit viel Ge- nie, die Schwierigkeiten zu uͤberwinden, hinlaͤngliche Mittel erfunden habe. Jndeſſen ſind noch immer ge- nug Leute in Lyon, die behaupten, das große Unter- nehmen werde fehlſchlagen. Weil ich im Ruͤckwege nach meinem Gaſthof an die Kirche der Parochie d'Enay kam, ſtieg ich aus, um dieſelbe inwendig zu ſehen, weil man mir geſagt hatte, daß einige Ueberbleibſel von roͤmiſcher Bau- kunſt darin zu ſehen ſeyn. Der Chor dieſer Kirche hat eine Cupel, die auf vier ſtarken Saͤulen von Gra- nit ruhet, deren Schafft aus einem Stuͤck gehauen iſt. Da vor alten Zeiten die Ara Auguſti hier geſtanden hat, ſo vermuthet man, daß dieſe Saͤulen von der- ſelben genommen worden. Die Vermuthung iſt wahrſcheinlich; denn die Verhaͤltniſſe dieſer Saͤulen, und die Glieder an Fuß und Capital ſind wirklich an- tik. Außerdem ſiehet man deutlich, daß dieſe Saͤu- len nicht zu dieſem Bau verfertiget, ſondern von ei- nem andern genommen worden; naͤmlich zwey davon, die zunaͤchſt an dem Altar ſtehen, ſind auf einen hoͤ- hern Grund geſetzt, als die beyden andern. Weil ſie alſo zu hoch wuͤrden geweſen ſeyn, ſo hat man, um ſie mit den andern gleich hoch zu machen, unten am Stamm etwas davon abgeſchnitten; daher fehlet ih- nen der Unterſaum mit dem Anlauf, welche beyde an den andern tiefer ſtehenden vorhanden ſind. Der Diameter dieſer Saͤulen unten am Stamm iſt beynahe vier rheinlaͤndiſche Fuß. Den

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/98>, abgerufen am 09.11.2024.