Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Cha Cho die aus dem ansehnlichsten Theil der menschlichenGesellschaft, als etwas unschikliches verbannt ist, wo der Traurige sich zwingen muß die Mine des Vergnügten anzunehmen, und wo es nicht erlaubt ist, das, was man innerlich fühlt, auch äusserlich zu zeigen. Jn dem ehmahligen Griechenland, wo jeder Bürger die Freyheit nahm, sich gerade so zu zeigen, wie er war, und keinen andern Men- schen für sein Muster hielt, war es dem Zeichner leicht, jede Empfindung in den Gesichtern der Men- schen und in ihren Gebehrden zu sehen. Daher kommt es ohne Zweifel, und nicht von einem ge- ringern Maaße des Genies, daß die zeichnenden Künste unter den Händen der Neuern, die Vollkom- menheit des Ausdruks nicht mehr haben, die man an den Alten bewundert. Auch ist ohne Zweifel darin die Ursache zu suchen, warum man auf der deut- schen und französischen Schaubühne so wenig origi- nales, sowol in den Charakteren, als in der Art, wie sie vorgestellt werden, antrift. Daß dieses auf der englischen Schaubühne weniger selten ist, rühret daher, daß die Britten in der That in ihrem gan- zen Leben sich weniger Zwang anthun, als die meisten andern Nationen, und daß sie weniger Ehrfurcht für das Gewöhnliche und Uebliche haben, als andre. Chor. (Schöne Künste.) Es scheinet, daß dieses griechische Wort ursprüng- Chor in der Tragedie der Alten. Es erhel- Cho Ursprung der Tragedie und der Comödie geben, daßbeyde aus den Chören von Sängern, die bey den Festen des Bachus gebräuchlich waren, entstanden sind. Man hat keine ausführliche Nachricht da- von, was es ursprünglich mit diesen Chorgesän- gen für eine Beschaffenheit gehabt habe. Doch weiß man, daß sie von zweyerley Gattung gewe- sen, dithyrambische und phallische Gesänge; jene von einem hochtrabenden Ton und Jnhalt, diese ausgelassen und muthwillig. Aristoteles sagt, daß durch jene die Tragedie, durch diese aber die Co- mödie veranlaset worden. Wie es damit eigent- lich zu gegangen sey, läßt sich nicht genau bestim- men; wahrscheinlich aber ist es, daß es einer, dem die Einrichtung des Festes aufgetragen gewesen, versucht habe den Gesang des Chors durch die Vor- stellung einer Handlung, oder auch wol blos durch Erzählung derselben, zu unterbrechen, und daß der dithyrambische Gesang durch eine grosse, ausseror- dentliche, der phallische aber durch eine poßirliche und muthwillige Handlung unterbrochen worden. Da der erste Einfall, den Gesang des Chors durch Er- zählung oder Vorstellung einer Handlnng zu unter- brechen, und dadurch das Fest ergözender zu ma- chen, Beyfall gefunden hat, mögen hernach andre der Sache weiter nachgedacht, und solche Handlun- gen dazu gewählt haben, die nach und nach zu den regelmäßigen Vorstellungen auf der Schaubühne Ge- legenheit gegeben haben. Es läßt sich hieraus mit Gewißheit schliessen, daß So wie wir die Chöre in den noch übrigen Tra- einen
[Spaltenumbruch] Cha Cho die aus dem anſehnlichſten Theil der menſchlichenGeſellſchaft, als etwas unſchikliches verbannt iſt, wo der Traurige ſich zwingen muß die Mine des Vergnuͤgten anzunehmen, und wo es nicht erlaubt iſt, das, was man innerlich fuͤhlt, auch aͤuſſerlich zu zeigen. Jn dem ehmahligen Griechenland, wo jeder Buͤrger die Freyheit nahm, ſich gerade ſo zu zeigen, wie er war, und keinen andern Men- ſchen fuͤr ſein Muſter hielt, war es dem Zeichner leicht, jede Empfindung in den Geſichtern der Men- ſchen und in ihren Gebehrden zu ſehen. Daher kommt es ohne Zweifel, und nicht von einem ge- ringern Maaße des Genies, daß die zeichnenden Kuͤnſte unter den Haͤnden der Neuern, die Vollkom- menheit des Ausdruks nicht mehr haben, die man an den Alten bewundert. Auch iſt ohne Zweifel darin die Urſache zu ſuchen, warum man auf der deut- ſchen und franzoͤſiſchen Schaubuͤhne ſo wenig origi- nales, ſowol in den Charakteren, als in der Art, wie ſie vorgeſtellt werden, antrift. Daß dieſes auf der engliſchen Schaubuͤhne weniger ſelten iſt, ruͤhret daher, daß die Britten in der That in ihrem gan- zen Leben ſich weniger Zwang anthun, als die meiſten andern Nationen, und daß ſie weniger Ehrfurcht fuͤr das Gewoͤhnliche und Uebliche haben, als andre. Chor. (Schoͤne Kuͤnſte.) Es ſcheinet, daß dieſes griechiſche Wort urſpruͤng- Chor in der Tragedie der Alten. Es erhel- Cho Urſprung der Tragedie und der Comoͤdie geben, daßbeyde aus den Choͤren von Saͤngern, die bey den Feſten des Bachus gebraͤuchlich waren, entſtanden ſind. Man hat keine ausfuͤhrliche Nachricht da- von, was es urſpruͤnglich mit dieſen Chorgeſaͤn- gen fuͤr eine Beſchaffenheit gehabt habe. Doch weiß man, daß ſie von zweyerley Gattung gewe- ſen, dithyrambiſche und phalliſche Geſaͤnge; jene von einem hochtrabenden Ton und Jnhalt, dieſe ausgelaſſen und muthwillig. Ariſtoteles ſagt, daß durch jene die Tragedie, durch dieſe aber die Co- moͤdie veranlaſet worden. Wie es damit eigent- lich zu gegangen ſey, laͤßt ſich nicht genau beſtim- men; wahrſcheinlich aber iſt es, daß es einer, dem die Einrichtung des Feſtes aufgetragen geweſen, verſucht habe den Geſang des Chors durch die Vor- ſtellung einer Handlung, oder auch wol blos durch Erzaͤhlung derſelben, zu unterbrechen, und daß der dithyrambiſche Geſang durch eine groſſe, auſſeror- dentliche, der phalliſche aber durch eine poßirliche und muthwillige Handlung unterbrochen worden. Da der erſte Einfall, den Geſang des Chors durch Er- zaͤhlung oder Vorſtellung einer Handlnng zu unter- brechen, und dadurch das Feſt ergoͤzender zu ma- chen, Beyfall gefunden hat, moͤgen hernach andre der Sache weiter nachgedacht, und ſolche Handlun- gen dazu gewaͤhlt haben, die nach und nach zu den regelmaͤßigen Vorſtellungen auf der Schaubuͤhne Ge- legenheit gegeben haben. Es laͤßt ſich hieraus mit Gewißheit ſchlieſſen, daß So wie wir die Choͤre in den noch uͤbrigen Tra- einen
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Cha Cho
Cho
die aus dem anſehnlichſten Theil der menſchlichen
Geſellſchaft, als etwas unſchikliches verbannt iſt,
wo der Traurige ſich zwingen muß die Mine des
Vergnuͤgten anzunehmen, und wo es nicht erlaubt
iſt, das, was man innerlich fuͤhlt, auch aͤuſſerlich
zu zeigen. Jn dem ehmahligen Griechenland,
wo jeder Buͤrger die Freyheit nahm, ſich gerade
ſo zu zeigen, wie er war, und keinen andern Men-
ſchen fuͤr ſein Muſter hielt, war es dem Zeichner
leicht, jede Empfindung in den Geſichtern der Men-
ſchen und in ihren Gebehrden zu ſehen. Daher
kommt es ohne Zweifel, und nicht von einem ge-
ringern Maaße des Genies, daß die zeichnenden
Kuͤnſte unter den Haͤnden der Neuern, die Vollkom-
menheit des Ausdruks nicht mehr haben, die man an
den Alten bewundert. Auch iſt ohne Zweifel darin
die Urſache zu ſuchen, warum man auf der deut-
ſchen und franzoͤſiſchen Schaubuͤhne ſo wenig origi-
nales, ſowol in den Charakteren, als in der Art,
wie ſie vorgeſtellt werden, antrift. Daß dieſes auf
der engliſchen Schaubuͤhne weniger ſelten iſt, ruͤhret
daher, daß die Britten in der That in ihrem gan-
zen Leben ſich weniger Zwang anthun, als die meiſten
andern Nationen, und daß ſie weniger Ehrfurcht fuͤr
das Gewoͤhnliche und Uebliche haben, als andre.
Chor.
(Schoͤne Kuͤnſte.)
Es ſcheinet, daß dieſes griechiſche Wort urſpruͤng-
lich einen Trup Menſchen, zu einem feſtlichen Auf-
zug verſammelt, bedeute, einen Trup feſtlicher Saͤn-
ger, oder Taͤnzer. Die Alten, welche bey allen oͤf-
fentlichen Handlungen den Pomp und das feyerliche
liebten, ſuchten es unter anderm auch dadurch zu
erhalten, daß ſie gewiſſe Handlungen einem ſolchen
Trup Menſchen auftrugen. An ihren Feſttagen
hatten ſie Choͤre von Saͤngern und Taͤnzern, wo-
durch ſie dem Feſt ein feyerliches Anſehen gaben.
Dergleichen Choͤre hatten ſie auch in ihren Trage-
dien und Comoͤdien. Von den ſingenden Choͤren
der Alten haben wir noch itzt die Benennungen, da
wir durch das Wort Chor einen Trup Saͤnger,
oder den von ihm abgeſungenen Geſang, oder auch
den Ort in den Kirchen, wo er ſtehet, bezeichnen.
Es iſt deswegen noͤthig, daß wir von jeder Bedeu-
tung beſonders ſprechen.
Chor in der Tragedie der Alten. Es erhel-
let aus den Nachrichten, die uns die Alten von dem
Urſprung der Tragedie und der Comoͤdie geben, daß
beyde aus den Choͤren von Saͤngern, die bey den
Feſten des Bachus gebraͤuchlich waren, entſtanden
ſind. Man hat keine ausfuͤhrliche Nachricht da-
von, was es urſpruͤnglich mit dieſen Chorgeſaͤn-
gen fuͤr eine Beſchaffenheit gehabt habe. Doch
weiß man, daß ſie von zweyerley Gattung gewe-
ſen, dithyrambiſche und phalliſche Geſaͤnge; jene
von einem hochtrabenden Ton und Jnhalt, dieſe
ausgelaſſen und muthwillig. Ariſtoteles ſagt, daß
durch jene die Tragedie, durch dieſe aber die Co-
moͤdie veranlaſet worden. Wie es damit eigent-
lich zu gegangen ſey, laͤßt ſich nicht genau beſtim-
men; wahrſcheinlich aber iſt es, daß es einer, dem
die Einrichtung des Feſtes aufgetragen geweſen,
verſucht habe den Geſang des Chors durch die Vor-
ſtellung einer Handlung, oder auch wol blos durch
Erzaͤhlung derſelben, zu unterbrechen, und daß der
dithyrambiſche Geſang durch eine groſſe, auſſeror-
dentliche, der phalliſche aber durch eine poßirliche
und muthwillige Handlung unterbrochen worden.
Da der erſte Einfall, den Geſang des Chors durch Er-
zaͤhlung oder Vorſtellung einer Handlnng zu unter-
brechen, und dadurch das Feſt ergoͤzender zu ma-
chen, Beyfall gefunden hat, moͤgen hernach andre
der Sache weiter nachgedacht, und ſolche Handlun-
gen dazu gewaͤhlt haben, die nach und nach zu den
regelmaͤßigen Vorſtellungen auf der Schaubuͤhne Ge-
legenheit gegeben haben.
Es laͤßt ſich hieraus mit Gewißheit ſchlieſſen, daß
in den erſten Zeiten, da die Tragedie und Comedie
aufgekommen, der Geſang des Chores die Haupt-
ſache geweſen, die hernach, wie in andern Dingen
ofte zu geſchehen pflegt, von dem, was anfaͤnglich
eine Nebenſache war, verdraͤngt worden. Denn
in den alten Tragedien und Comedien, die wir noch
haben, ſind die Choͤre allerdings die Nebenſache,
und man weiß auch, daß ſie endlich aus der Come-
die ganz verdraͤngt worden.
So wie wir die Choͤre in den noch uͤbrigen Tra-
gedien der Alten finden, beſtehen ſie aus einer Ge-
ſellſchaft ſolcher Perſonen, maͤnnlichen oder weib-
lichen Geſchlechts, die bey der ganzen Handlung
meiſtentheils als Zuſchauer gegenwaͤrtig ſind, ohne
jemal die Schaubuͤhne zu verlaſſen. Von Zeit zu
Zeit, wenn die Handlung ſtille ſteht, ſingen ſie Lie-
der ab, deren Jnhalt ſich auf die Handlung bezieht.
Bisweilen nehmen ſie auch an der Handlung ſelbſt
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