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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Färbung zu ändern. Ausser den ersten Versuchen,
die da Vinci zu einer solchen Theorie gemacht hat,
und die binnen zwey hundert Jahren von keinem
Mahler fortgesetzt oder erweitert worden, haben
zwey scharfsinnige Philosophen und Naturforscher
seit kurzem den Weg dazu etwas genauer gebahnt.
Wir wollen die noch wenig bekannten Versuche
über diese Sache hier anzeigen.

Es ist also zuerst die Frage, in wie weit es mög-
lich sey, alle in der Natur vorkommenden Farben
natürlicher Körper in ein Verzeichnis zu bringen,
und gleichsam dem Mahler auf seine Platte zu le-
gen, damit er allemal die rechte wählen könne?
Den ersten Versuch zur Auflösung dieser Aufgabe
(*) Traite
de la pein-
ture Chap.
CXXI.
hat da Vinci gemacht (*); der berühmte Astronomus
Mayer in Göttingen aber, der vor einigen Jahren
zu großem Schaden der Wissenschaften verstorben ist,
viel weiter fortgesezt. Doch ist zu bedauren, daß
die Abhandlung von dieser Sache, die er der göt-
tingischen Gesellschaft der Wissenschaften vorgelesen,
bis izt ungedrukt geblieben ist. Folgendes wird
einen Begriff von der Mayerischen Methode geben.

Er nihmt drey Grundfarben an, aus welchen er
alle übrigen heraus zu bringen sucht. Diese Grund-
farben sind das Rothe, das Gelbe und das Blaue,
jedes von der Art, wie sie in dem Regenbogen er-
scheinen, oder in dem durch ein Prisma gebrochenen
Bild der Sonne. Zu Folge einiger Versuche sezt er
zum voraus, daß der Unterschied zu eyer Farben
von derselben Gattung, die um weniger, als den
zwölften Theil des Zusazes, von dem die Verän-
drung herkömmt, unterschieden sind, für unser Auge
nicht mehr merklich sey. Dieses ist so zu verstehen.
Man mische unter das reine Roth, das eine der drey
Grundfarben ist, den zwölften Theil Gelb, so ent-
steht daher eine Farbe, die sich von der Grundfarbe
etwas entfernt. Mischt man etwas mehr, als den
zwölften Theil gelbes darunter, so entsteht eine an-
dre rothe Farbe. Nun nihmt man an, daß die
auf einander folgenden, aus roth und gelb gemisch-
ten Farben, nicht merklich von einander abweichen,
als wenn der Unterschied von einer gegen die andre
einen zwölften Theil gelber Farbe betrift.

Durch diese Voraussezung wird auf einmal die
Anzahl der Farben beynahe völlig bestimmt, und
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man kann alle würklich verschieden scheinenden Gat-
tungen der Farben in ein Dreyek bringen, wovon
folgendes zur Probe dienen kann.

[Tabelle]

u. f. f.

Man stelle sich vor, daß hier in dem obersten klei-
nen Vierek, das mit r12 bezeichnet ist, die ursprüng-
liche hauptrothe Farb stehe, die nach und nach mit ei-
nem, zwey, drey Theilen des ursprünglichen Blauen
versezt werde, und daß die aus diesen Mischun-
gen entstehenden Farben, in die unter einander ste-
henden Viereke aufgetragen würden, so daß das
zweyte Vierek mit der Farbe bemahlt wäre, die aus
eilf Theilen roth und einem Theil blau gemischt ist;
das dritte Vierek mit der Farbe, die aus 10 Theilen
roth und zwey Theilen blau besteht u. s. f. Das
vorlezte Vierek in dieser Reyhe würde demnach r1 b11
und das lezte b12 seyn.

Dadurch erhält er 91 verschiedene Mischungen
dieser drey Farben, die alle, weil weder weiß noch
schwarz darunter gemischt ist, einerley Grad des
Lichts und der Lebhaftigkeit haben. Hierauf schlägt
er vor, mit jeder dieser 91 Mischungen, dem Weis-
sen und dem Schwarzen wieder so zu verfahren, wie
mit den drey Hauptfarben. Auf diese Weise würde
man 91 dreyekigte Tafeln bekommen, jede Tafel in 91
Viereke eingetheilt, und jedes Vierek mit einer beson-
dern Farbe bemahlt, welche Farben zusammen alle mög-
lichen, unserm Aug zu unterscheidenden Haupt- und
Mittelfarben wie in einem Verzeichniß enthielten.

Herr Lambert [Spaltenumbruch] (+) merkt aber sehr wol an, daß
in dieser Sache noch einige Ungewißheiten übrig sind;
die eins Theils daher kommen, daß man nicht weiß,
ob der zwölfte Theil der Farbe nach Maaß oder
nach Gewicht zu bestimmen ist; andern Theils, weil

es
(+) S. Memoires de l'Acad. royale des Sciences et Bel-
[Spaltenumbruch] les Lettres de Prusse. Pour l'An 1768. p.
99.
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Faͤrbung zu aͤndern. Auſſer den erſten Verſuchen,
die da Vinci zu einer ſolchen Theorie gemacht hat,
und die binnen zwey hundert Jahren von keinem
Mahler fortgeſetzt oder erweitert worden, haben
zwey ſcharfſinnige Philoſophen und Naturforſcher
ſeit kurzem den Weg dazu etwas genauer gebahnt.
Wir wollen die noch wenig bekannten Verſuche
uͤber dieſe Sache hier anzeigen.

Es iſt alſo zuerſt die Frage, in wie weit es moͤg-
lich ſey, alle in der Natur vorkommenden Farben
natuͤrlicher Koͤrper in ein Verzeichnis zu bringen,
und gleichſam dem Mahler auf ſeine Platte zu le-
gen, damit er allemal die rechte waͤhlen koͤnne?
Den erſten Verſuch zur Aufloͤſung dieſer Aufgabe
(*) Traité
de la pein-
ture Chap.
CXXI.
hat da Vinci gemacht (*); der beruͤhmte Aſtronomus
Mayer in Goͤttingen aber, der vor einigen Jahren
zu großem Schaden der Wiſſenſchaften verſtorben iſt,
viel weiter fortgeſezt. Doch iſt zu bedauren, daß
die Abhandlung von dieſer Sache, die er der goͤt-
tingiſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften vorgeleſen,
bis izt ungedrukt geblieben iſt. Folgendes wird
einen Begriff von der Mayeriſchen Methode geben.

Er nihmt drey Grundfarben an, aus welchen er
alle uͤbrigen heraus zu bringen ſucht. Dieſe Grund-
farben ſind das Rothe, das Gelbe und das Blaue,
jedes von der Art, wie ſie in dem Regenbogen er-
ſcheinen, oder in dem durch ein Prisma gebrochenen
Bild der Sonne. Zu Folge einiger Verſuche ſezt er
zum voraus, daß der Unterſchied zu eyer Farben
von derſelben Gattung, die um weniger, als den
zwoͤlften Theil des Zuſazes, von dem die Veraͤn-
drung herkoͤmmt, unterſchieden ſind, fuͤr unſer Auge
nicht mehr merklich ſey. Dieſes iſt ſo zu verſtehen.
Man miſche unter das reine Roth, das eine der drey
Grundfarben iſt, den zwoͤlften Theil Gelb, ſo ent-
ſteht daher eine Farbe, die ſich von der Grundfarbe
etwas entfernt. Miſcht man etwas mehr, als den
zwoͤlften Theil gelbes darunter, ſo entſteht eine an-
dre rothe Farbe. Nun nihmt man an, daß die
auf einander folgenden, aus roth und gelb gemiſch-
ten Farben, nicht merklich von einander abweichen,
als wenn der Unterſchied von einer gegen die andre
einen zwoͤlften Theil gelber Farbe betrift.

Durch dieſe Vorausſezung wird auf einmal die
Anzahl der Farben beynahe voͤllig beſtimmt, und
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Far
man kann alle wuͤrklich verſchieden ſcheinenden Gat-
tungen der Farben in ein Dreyek bringen, wovon
folgendes zur Probe dienen kann.

[Tabelle]

u. f. f.

Man ſtelle ſich vor, daß hier in dem oberſten klei-
nen Vierek, das mit r12 bezeichnet iſt, die urſpruͤng-
liche hauptrothe Farb ſtehe, die nach und nach mit ei-
nem, zwey, drey Theilen des urſpruͤnglichen Blauen
verſezt werde, und daß die aus dieſen Miſchun-
gen entſtehenden Farben, in die unter einander ſte-
henden Viereke aufgetragen wuͤrden, ſo daß das
zweyte Vierek mit der Farbe bemahlt waͤre, die aus
eilf Theilen roth und einem Theil blau gemiſcht iſt;
das dritte Vierek mit der Farbe, die aus 10 Theilen
roth und zwey Theilen blau beſteht u. ſ. f. Das
vorlezte Vierek in dieſer Reyhe wuͤrde demnach r1 b11
und das lezte b12 ſeyn.

Dadurch erhaͤlt er 91 verſchiedene Miſchungen
dieſer drey Farben, die alle, weil weder weiß noch
ſchwarz darunter gemiſcht iſt, einerley Grad des
Lichts und der Lebhaftigkeit haben. Hierauf ſchlaͤgt
er vor, mit jeder dieſer 91 Miſchungen, dem Weiſ-
ſen und dem Schwarzen wieder ſo zu verfahren, wie
mit den drey Hauptfarben. Auf dieſe Weiſe wuͤrde
man 91 dreyekigte Tafeln bekommen, jede Tafel in 91
Viereke eingetheilt, und jedes Vierek mit einer beſon-
dern Farbe bemahlt, welche Farben zuſammen alle moͤg-
lichen, unſerm Aug zu unterſcheidenden Haupt- und
Mittelfarben wie in einem Verzeichniß enthielten.

Herr Lambert [Spaltenumbruch] (†) merkt aber ſehr wol an, daß
in dieſer Sache noch einige Ungewißheiten uͤbrig ſind;
die eins Theils daher kommen, daß man nicht weiß,
ob der zwoͤlfte Theil der Farbe nach Maaß oder
nach Gewicht zu beſtimmen iſt; andern Theils, weil

es
(†) S. Memoires de l’Acad. royale des Sciences et Bel-
[Spaltenumbruch] les Lettres de Pruſſe. Pour l’An 1768. p.
99.
A a a 2
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[371/0383] Far Far Faͤrbung zu aͤndern. Auſſer den erſten Verſuchen, die da Vinci zu einer ſolchen Theorie gemacht hat, und die binnen zwey hundert Jahren von keinem Mahler fortgeſetzt oder erweitert worden, haben zwey ſcharfſinnige Philoſophen und Naturforſcher ſeit kurzem den Weg dazu etwas genauer gebahnt. Wir wollen die noch wenig bekannten Verſuche uͤber dieſe Sache hier anzeigen. Es iſt alſo zuerſt die Frage, in wie weit es moͤg- lich ſey, alle in der Natur vorkommenden Farben natuͤrlicher Koͤrper in ein Verzeichnis zu bringen, und gleichſam dem Mahler auf ſeine Platte zu le- gen, damit er allemal die rechte waͤhlen koͤnne? Den erſten Verſuch zur Aufloͤſung dieſer Aufgabe hat da Vinci gemacht (*); der beruͤhmte Aſtronomus Mayer in Goͤttingen aber, der vor einigen Jahren zu großem Schaden der Wiſſenſchaften verſtorben iſt, viel weiter fortgeſezt. Doch iſt zu bedauren, daß die Abhandlung von dieſer Sache, die er der goͤt- tingiſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften vorgeleſen, bis izt ungedrukt geblieben iſt. Folgendes wird einen Begriff von der Mayeriſchen Methode geben. (*) Traité de la pein- ture Chap. CXXI. Er nihmt drey Grundfarben an, aus welchen er alle uͤbrigen heraus zu bringen ſucht. Dieſe Grund- farben ſind das Rothe, das Gelbe und das Blaue, jedes von der Art, wie ſie in dem Regenbogen er- ſcheinen, oder in dem durch ein Prisma gebrochenen Bild der Sonne. Zu Folge einiger Verſuche ſezt er zum voraus, daß der Unterſchied zu eyer Farben von derſelben Gattung, die um weniger, als den zwoͤlften Theil des Zuſazes, von dem die Veraͤn- drung herkoͤmmt, unterſchieden ſind, fuͤr unſer Auge nicht mehr merklich ſey. Dieſes iſt ſo zu verſtehen. Man miſche unter das reine Roth, das eine der drey Grundfarben iſt, den zwoͤlften Theil Gelb, ſo ent- ſteht daher eine Farbe, die ſich von der Grundfarbe etwas entfernt. Miſcht man etwas mehr, als den zwoͤlften Theil gelbes darunter, ſo entſteht eine an- dre rothe Farbe. Nun nihmt man an, daß die auf einander folgenden, aus roth und gelb gemiſch- ten Farben, nicht merklich von einander abweichen, als wenn der Unterſchied von einer gegen die andre einen zwoͤlften Theil gelber Farbe betrift. Durch dieſe Vorausſezung wird auf einmal die Anzahl der Farben beynahe voͤllig beſtimmt, und man kann alle wuͤrklich verſchieden ſcheinenden Gat- tungen der Farben in ein Dreyek bringen, wovon folgendes zur Probe dienen kann. u. f. f. Man ſtelle ſich vor, daß hier in dem oberſten klei- nen Vierek, das mit r12 bezeichnet iſt, die urſpruͤng- liche hauptrothe Farb ſtehe, die nach und nach mit ei- nem, zwey, drey Theilen des urſpruͤnglichen Blauen verſezt werde, und daß die aus dieſen Miſchun- gen entſtehenden Farben, in die unter einander ſte- henden Viereke aufgetragen wuͤrden, ſo daß das zweyte Vierek mit der Farbe bemahlt waͤre, die aus eilf Theilen roth und einem Theil blau gemiſcht iſt; das dritte Vierek mit der Farbe, die aus 10 Theilen roth und zwey Theilen blau beſteht u. ſ. f. Das vorlezte Vierek in dieſer Reyhe wuͤrde demnach r1 b11 und das lezte b12 ſeyn. Dadurch erhaͤlt er 91 verſchiedene Miſchungen dieſer drey Farben, die alle, weil weder weiß noch ſchwarz darunter gemiſcht iſt, einerley Grad des Lichts und der Lebhaftigkeit haben. Hierauf ſchlaͤgt er vor, mit jeder dieſer 91 Miſchungen, dem Weiſ- ſen und dem Schwarzen wieder ſo zu verfahren, wie mit den drey Hauptfarben. Auf dieſe Weiſe wuͤrde man 91 dreyekigte Tafeln bekommen, jede Tafel in 91 Viereke eingetheilt, und jedes Vierek mit einer beſon- dern Farbe bemahlt, welche Farben zuſammen alle moͤg- lichen, unſerm Aug zu unterſcheidenden Haupt- und Mittelfarben wie in einem Verzeichniß enthielten. Herr Lambert (†) merkt aber ſehr wol an, daß in dieſer Sache noch einige Ungewißheiten uͤbrig ſind; die eins Theils daher kommen, daß man nicht weiß, ob der zwoͤlfte Theil der Farbe nach Maaß oder nach Gewicht zu beſtimmen iſt; andern Theils, weil es (†) S. Memoires de l’Acad. royale des Sciences et Bel- les Lettres de Pruſſe. Pour l’An 1768. p. 99. A a a 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/383>, abgerufen am 22.11.2024.