Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Far es noch zweifelhaft scheinet, ob die Stärke der Far-ben allemal genau durch das Verhältniß der Theile der Grundfarben bestimmt werde. Ferner merkt er an, daß auch noch unausgemacht ist, ob die Farben, in Ansehung des Hellen und Dunkeln, sich auch nur durch 12 merkliche Grade unterscheiden, oder ob man deren mehr machen müsse. Ohne Zweifel würde die Mahlerey durch die Man würde also die 91 Dreyeke vielleicht noch Far Farben, noch von dem Zusatz des Hellen und Dun-keln herkommen. Ohne Zweifel entstehen sie aus der Behandlung, so daß in dieser die größten Ge- heimnisse der Farbengebung liegen mögen. Hieraus läßt sich einigermaaßen abnehmen, was Wichtig ist überhaupt, wegen des Schönen in den Farbengebung. Dieses von dem Hrn. v. Ha- hand- (+) Mengs Gedanken über die Schönheit und über den
[Spaltenumbruch] Geschmack in der Mahlerey auf der 6. S. [Spaltenumbruch] Far es noch zweifelhaft ſcheinet, ob die Staͤrke der Far-ben allemal genau durch das Verhaͤltniß der Theile der Grundfarben beſtimmt werde. Ferner merkt er an, daß auch noch unausgemacht iſt, ob die Farben, in Anſehung des Hellen und Dunkeln, ſich auch nur durch 12 merkliche Grade unterſcheiden, oder ob man deren mehr machen muͤſſe. Ohne Zweifel wuͤrde die Mahlerey durch die Man wuͤrde alſo die 91 Dreyeke vielleicht noch Far Farben, noch von dem Zuſatz des Hellen und Dun-keln herkommen. Ohne Zweifel entſtehen ſie aus der Behandlung, ſo daß in dieſer die groͤßten Ge- heimniſſe der Farbengebung liegen moͤgen. Hieraus laͤßt ſich einigermaaßen abnehmen, was Wichtig iſt uͤberhaupt, wegen des Schoͤnen in den Farbengebung. Dieſes von dem Hrn. v. Ha- hand- (†) Mengs Gedanken uͤber die Schoͤnheit und uͤber den
[Spaltenumbruch] Geſchmack in der Mahlerey auf der 6. S. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0384" n="372"/><cb/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Far</hi></fw><lb/> es noch zweifelhaft ſcheinet, ob die Staͤrke der Far-<lb/> ben allemal genau durch das Verhaͤltniß der Theile<lb/> der Grundfarben beſtimmt werde. Ferner merkt<lb/> er an, daß auch noch unausgemacht iſt, ob die<lb/> Farben, in Anſehung des Hellen und Dunkeln, ſich<lb/> auch nur durch 12 merkliche Grade unterſcheiden,<lb/> oder ob man deren mehr machen muͤſſe.</p><lb/> <p>Ohne Zweifel wuͤrde die Mahlerey durch die<lb/> Mayeriſchen Dreyeke viel gewinnen, und die großen<lb/> Coloriſten wuͤrden dadurch auch in den Stand ge-<lb/> ſetzt werden, andern ihr Verfahren bey der Farben-<lb/> gebung leichter und beſtimmter zu beſchreiben. Jn-<lb/> deſſen wuͤrde man doch zu viel davon erwarten,<lb/> wenn man glaubte, daß alsdenn alle Regeln des<lb/> Colorits ganz beſtimmt, wie die Regeln der per-<lb/> ſpektiviſchen Zeichnung, wuͤrden angegeben werden<lb/> koͤnnen. Man koͤnnte alle moͤgliche Farben vor ſich<lb/> haben, und doch ſehr ins Trokene oder auch ins<lb/> Kalte fallen; denn das Saftige und Warme des<lb/> Colorits koͤmmt von verſchiedenen Urſachen her, auf<lb/> welche die Dreyeke keinen Einfluß haben, wie z. 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Far
Far
es noch zweifelhaft ſcheinet, ob die Staͤrke der Far-
ben allemal genau durch das Verhaͤltniß der Theile
der Grundfarben beſtimmt werde. Ferner merkt
er an, daß auch noch unausgemacht iſt, ob die
Farben, in Anſehung des Hellen und Dunkeln, ſich
auch nur durch 12 merkliche Grade unterſcheiden,
oder ob man deren mehr machen muͤſſe.
Ohne Zweifel wuͤrde die Mahlerey durch die
Mayeriſchen Dreyeke viel gewinnen, und die großen
Coloriſten wuͤrden dadurch auch in den Stand ge-
ſetzt werden, andern ihr Verfahren bey der Farben-
gebung leichter und beſtimmter zu beſchreiben. Jn-
deſſen wuͤrde man doch zu viel davon erwarten,
wenn man glaubte, daß alsdenn alle Regeln des
Colorits ganz beſtimmt, wie die Regeln der per-
ſpektiviſchen Zeichnung, wuͤrden angegeben werden
koͤnnen. Man koͤnnte alle moͤgliche Farben vor ſich
haben, und doch ſehr ins Trokene oder auch ins
Kalte fallen; denn das Saftige und Warme des
Colorits koͤmmt von verſchiedenen Urſachen her, auf
welche die Dreyeke keinen Einfluß haben, wie z. B.
von den durchſcheinenden, oder uͤberlaßirten Far-
ben, von den, auch im ſtaͤrkſten Schatten angebrach-
ten ganzen Farben, von einem geſchikten Tokkiren.
Denn das ſchoͤnſte Colorit wird gar ofte nicht durch
die, wuͤrklich auf den Gegenſtaͤnden liegenden natuͤr-
lichen Farben, ſondern durch ganz andere erhalten.
Endlich haben auch einige Farben, in dem vollkom-
menen Colorit, gewiſſe Eigenſchaften, die mit den
verſchiedenen Miſchungen der drey Hauptfarben, und
des Weißen und Schwarzen, keine Verbindung zu
haben ſcheinen, und uͤber deren Erreichung man noch
kein Licht haben wuͤrde, wenn man gleich die Maye-
riſchen Dreyeke in der groͤßten Vollkommenheit vor
ſich haͤtte. Alſo wuͤrden dieſe Dreyeke alle moͤgliche
Farben, in allen moͤglichen Graden des Hellen
und Dunkeln darſtellen: aber in Anſehung des To-
nes des ganzen Colorits und andrer ſehr weſentli-
chen Eigenſchaften deſſelben, wuͤrden ſie dem Kuͤnſt-
ler keine Dienſte thun.
Man wuͤrde alſo die 91 Dreyeke vielleicht noch
91 mal veraͤndern, und jedem noch einen beſon-
dern Ton geben muͤſſen; und doch iſt die Miſchung
der Farben ſchon vorher erſchoͤpft worden! Hieraus
erhellet nun ganz offenbar, daß das Colorit Eigen-
ſchaften habe, die keinesweges von der Miſchung der
Farben, noch von dem Zuſatz des Hellen und Dun-
keln herkommen. Ohne Zweifel entſtehen ſie aus
der Behandlung, ſo daß in dieſer die groͤßten Ge-
heimniſſe der Farbengebung liegen moͤgen.
Hieraus laͤßt ſich einigermaaßen abnehmen, was
man zu thun haͤtte, wenn man die Farbengebung
auf beſtimmte Regeln bringen wollte. Man muͤßte
1) die Mayeriſchen Dreyeke mit dem groͤßten Fleiß
verfertigen, jedes aber nach den verſchiedenen Haupt-
toͤnen der Farben abaͤndern. 2) Alles, was aus
einem genauen Studio der Werke der groͤßten Colo-
riſten, und aus dem Bekenntnis derer, die die meiſte
Uebung haben, in Anſehung der Behandlung kann
angezeiget werden, zuſammen ſammeln. Dieſe
waͤren eigentlich Arbeiten einer Mahleracademie,
wie die Pariſiſche iſt, welche die geſchikteſten und
erfahrneſten Meiſter der Kunſt zu Mitgliedern
annihmt.
Wichtig iſt uͤberhaupt, wegen des Schoͤnen in den
Farben, was ein großer Meiſter der Kunſt davon
anmerkt, und welches einem nachdenkenden Kuͤnſtler
viel entdeken wird. „Die Theile, ſagt er, die in
Schoͤnheit vollkommener ſind, bringen weniger Nu-
tzen mit ſich, die aber, ſo weniger Schoͤnheit ha-
ben, ſind nuͤtzlicher — —, dieſes iſt in allen Farben
und in allen Geſtalten. Die drey vollkommenen
Farben koͤnnen nie anders, als gelb, roth und blau
ſeyn, und iſt nur ein Begriff ihrer Vollkommenheit,
naͤmlich wenn ſie gleich weit von allen andern Far-
ben ſind; da hingegen die geringen und gemiſchten
unterſchiedlicher Art ſeyn koͤnnen, naͤmlich mehr von
der einen, oder der andern abhangend, und die ge-
ringſten, ſo von drey Farben gemiſcht, koͤnnen un-
zaͤhlig veraͤndert werden. Je weniger nun Voll-
kommenheit in einer Farb iſt, je mehr Vielfaͤltigkeit
hat ſie, bis endlich kein Hauptbegriff mehr in ihr
bleibt, und alsdenn iſt ſie wie eine todte unbedeu-
tende Sache.‟
Farbengebung. Dieſes von dem Hrn. v. Ha-
gedorn zuerſt gebrauchte Wort iſt ſchiklich, um den-
jenigen Theil der Kunſt auszudruͤken, der von den
Farben abhaͤngt. Die Farbengebung wuͤrde dem-
nach folgende Theile der Kunſt unter ſich begreifen.
1) Licht und Schatten; 2) das Helle und Dunkle der
Farben; 3) die eigenthuͤmlichen oder Localfarben;
4) die Harmonie; 5) den Ton; und 6) die Be-
hand-
(†)
(†) Mengs Gedanken uͤber die Schoͤnheit und uͤber den
Geſchmack in der Mahlerey auf der 6. S.
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