Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Gar Griechen hatten zwar auch ihre Lustgärten, aber sieerscheinen in der Geschichte dieser Kunst nicht in dem Glanz, den die andern schönen Künste in diesem Land hatten. Die Römer aber scheinen alle Völ- ker der Welt darin übertroffen zu haben. Allein sie haben die unschuldigste und angenehmste aller Künste auf eine ungeheure Weise gemißbraucht, wie Horaz ihnen auf eine sehr pathetische Weise (*) Od. L. II. od. 15.vorwirft (*). Sie schienen es darauf anzulegen, ganz Jtalien zu einem unfruchtbaren und blos zur Ueppigkeit dienenden Lustgarten zu machen. Wir können uns aber von der eigentlichen Beschaffen- heit der römischen Gärten keine bestimmte Vorstel- lung machen. Jn den neuern Zeiten ist diese Kunst wieder em- Gavotte. (Musik.) Ein kleines zum Tanzen gemachtes Tonstük von [Abbildung]
Die geschwindesten Noten sind Achtel. Das ganze Geb Gebälk. (Baukunst.) Jst der oberste Theil einer Säulenordnung, näm- [Abbildung]
Man stelle sich vor, daß ein verständiger Mensch, ehe allen
[Spaltenumbruch] Gar Griechen hatten zwar auch ihre Luſtgaͤrten, aber ſieerſcheinen in der Geſchichte dieſer Kunſt nicht in dem Glanz, den die andern ſchoͤnen Kuͤnſte in dieſem Land hatten. Die Roͤmer aber ſcheinen alle Voͤl- ker der Welt darin uͤbertroffen zu haben. Allein ſie haben die unſchuldigſte und angenehmſte aller Kuͤnſte auf eine ungeheure Weiſe gemißbraucht, wie Horaz ihnen auf eine ſehr pathetiſche Weiſe (*) Od. L. II. od. 15.vorwirft (*). Sie ſchienen es darauf anzulegen, ganz Jtalien zu einem unfruchtbaren und blos zur Ueppigkeit dienenden Luſtgarten zu machen. Wir koͤnnen uns aber von der eigentlichen Beſchaffen- heit der roͤmiſchen Gaͤrten keine beſtimmte Vorſtel- lung machen. Jn den neuern Zeiten iſt dieſe Kunſt wieder em- Gavotte. (Muſik.) Ein kleines zum Tanzen gemachtes Tonſtuͤk von [Abbildung]
Die geſchwindeſten Noten ſind Achtel. Das ganze Geb Gebaͤlk. (Baukunſt.) Jſt der oberſte Theil einer Saͤulenordnung, naͤm- [Abbildung]
Man ſtelle ſich vor, daß ein verſtaͤndiger Menſch, ehe allen
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Gar
Geb
Griechen hatten zwar auch ihre Luſtgaͤrten, aber ſie
erſcheinen in der Geſchichte dieſer Kunſt nicht in dem
Glanz, den die andern ſchoͤnen Kuͤnſte in dieſem
Land hatten. Die Roͤmer aber ſcheinen alle Voͤl-
ker der Welt darin uͤbertroffen zu haben. Allein
ſie haben die unſchuldigſte und angenehmſte aller
Kuͤnſte auf eine ungeheure Weiſe gemißbraucht,
wie Horaz ihnen auf eine ſehr pathetiſche Weiſe
vorwirft (*). Sie ſchienen es darauf anzulegen,
ganz Jtalien zu einem unfruchtbaren und blos zur
Ueppigkeit dienenden Luſtgarten zu machen. Wir
koͤnnen uns aber von der eigentlichen Beſchaffen-
heit der roͤmiſchen Gaͤrten keine beſtimmte Vorſtel-
lung machen.
(*) Od.
L. II. od. 15.
Jn den neuern Zeiten iſt dieſe Kunſt wieder em-
por gekommen. Man ſah unter Ludwig dem XIV
einige ſchoͤne Gaͤrten, die der beruͤhmte Le Notre
angelegt hat. Doch haben dieſe Gaͤrten noch zu
viel Kunſt und Regelmaͤßigkeit. Gegenwaͤrtig uͤber-
treffen die Englaͤnder in dieſer Kunſt alle europaͤiſchen
Voͤlker. Die großen engliſchen Gaͤrten ſind Land-
ſchaften, darin keine Gattung der natuͤrlichen Schoͤn-
heit vermißt wird.
Gavotte.
(Muſik.)
Ein kleines zum Tanzen gemachtes Tonſtuͤk von
maͤßig munterm und angenehmem Charakter. Es
iſt in geradem vier viertel Takt, der aber nach Art
des Alla Breve mit
[Abbildung]
bezeichnet, und auch im Takt-
ſchlagen nur mit zwey Zeiten angegeben wird. Es
faͤngt im Auftakt oder in der zweiten Zeit mit dem
dritten Viertel an, und hat ſeine Abſchnitte von
zwey Takten, folglich immer mitten im dritten
Takt alſo:
[Abbildung]
Die geſchwindeſten Noten ſind Achtel. Das ganze
Stuͤk wird in zwey Theile, jeder von acht Takten
eingetheilt. Wenn aber die Gavotte nicht zum Tan-
zen, ſondern zu Clavierſtuͤcken und ſo genannten Sui-
ten gemacht wird, ſo bindet man ſich nicht genau
an dieſe Laͤnge.
Gebaͤlk.
(Baukunſt.)
Jſt der oberſte Theil einer Saͤulenordnung, naͤm-
lich das, was von den Saͤulen unterſtuͤtzt und getra-
gen wird. Der deutſche Name dieſer Sache iſt ſehr
ſchiklich; weil er ein aus verſchiedenen Balken zu-
ſammengeſetztes Werk andeutet, und ein ſolches
Werk wird auch durch das Gebaͤlk, wenn es gleich
von Stein iſt, wuͤrklich vorgeſtellt. Man kann ſich
von dem Urſprung und der Beſchaffenheit des Ge-
baͤlkes aus der hier ſtehenden Zeichnung einen ganz
deutlichen Begriff machen.
[Abbildung]
Man ſtelle ſich vor, daß ein verſtaͤndiger Menſch, ehe
noch irgend das Bauen zu einer Kunſt worden, eine
Deke, oder einen Boden habe auf Saͤulen ſetzen
wollen. Nachdem er ſeine Saͤulen geſetzt hatte,
gab ihm der geringſte Grad der Ueberlegung ein,
daß er, ſo wol von vornen als von hinten, uͤber
ſeine Saͤulen zuerſt einen Balken legen muͤſſe, der
hier mit a b bezeichnet iſt, welcher nicht nur die,
in einer Reyhe ſtehenden, Saͤulen zuſammen verbaͤn-
de, ſondern auch zugleich die Unterlage zu den
Hauptbalken abgaͤbe. Nun mußte ihm natuͤrlicher
Weiſe einfallen, auf dieſe Balken diejenigen Balken
zu legen, die von der Vorderſeite des Gebaͤudes, bis
auf die Hinterſeite reichen, und die die eigentliche
Grundlage der Deke, oder des obern Bodens mach-
ten. Hieruͤber mußten, um den Boden zu vollen-
den, queer uͤber dieſe Balken dikke Bretter, ſo wie
die Figur es anzeiget, gelegt werden. Dieſe Bret-
ter mußten, zu beſſerer Bedekung der Balken, auf
allen
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