Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Anl Rede ist, die Ausführung, und die Ausarbeitung,von denen besonders wird gehandelt werden. Jn der Anlage wird der Plan des Werks, mit Es ist jedem Künstler zu rathen, nicht nur die Anlauf. (Baukunst.) Die Einbeugung einer Linie oder Fläche von ihren Anl ein Körper etwas dünner wird, als er am Fußist. S. Ablauf. Anlegen. (Mahlerkunst.) Die ersten Farben eines Gemähldes auftragen, Das gute und insonderheit das kräftige Colorit Das Anlegen ist ein wichtiger Theil des Mahlens; Der sicherste Weg, ein Gemählde gut anzulegen, merken.
[Spaltenumbruch] Anl Rede iſt, die Ausfuͤhrung, und die Ausarbeitung,von denen beſonders wird gehandelt werden. Jn der Anlage wird der Plan des Werks, mit Es iſt jedem Kuͤnſtler zu rathen, nicht nur die Anlauf. (Baukunſt.) Die Einbeugung einer Linie oder Flaͤche von ihren Anl ein Koͤrper etwas duͤnner wird, als er am Fußiſt. S. Ablauf. Anlegen. (Mahlerkunſt.) Die erſten Farben eines Gemaͤhldes auftragen, Das gute und inſonderheit das kraͤftige Colorit Das Anlegen iſt ein wichtiger Theil des Mahlens; Der ſicherſte Weg, ein Gemaͤhlde gut anzulegen, merken.
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Darum bekommt<lb/> ein Werk ſeinen groͤßten Werth von der Anlage.<lb/> Sie bildet die Seele deſſelben, und ſezt alles feſte,<lb/> was zu ſeinem innerlichen Charakter, und zu der<lb/> Wuͤrkung, die es thun ſoll, gehoͤret. Deßwegen<lb/> koͤnnen auch grobe oder ſchlecht bearbeitete Werke,<lb/> der guten Anlage halber ſehr ſchaͤzbar ſeyn. So<lb/> waren nach dem Zeugniß des <hi rendition="#fr">Pauſanias</hi> die Werke<lb/> des <hi rendition="#fr">Daͤdalus;</hi> ſie fielen etwas unfoͤrmlich in das<lb/> Auge, doch entdekte man in allen etwas großes und<lb/><note place="left">(*) #<lb/> #. <hi rendition="#aq">Pau-<lb/> ſan. Co-<lb/> rinth.</hi></note>erhabenes. (*)</p><lb/> <p>Es iſt jedem Kuͤnſtler zu rathen, nicht nur die<lb/> groͤßte Anſtrengung des Geiſtes auf die Anlage,<lb/> als den wichtigſten Theil zu wenden, ſondern auch<lb/> nicht eher an die andern Theile der Arbeit zu ge-<lb/> hen, bis dieſer gluͤklich und zu ſeiner eignen Befrie-<lb/> digung zu Stande gebracht iſt. 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(*)<note place="right">(*) S.<lb/> Laßiren.</note><lb/> Jn dieſem Falle muß das ganze Stuͤk mehr, als<lb/> einmal uͤbermahlt werden. 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Anl
Anl
Rede iſt, die Ausfuͤhrung, und die Ausarbeitung,
von denen beſonders wird gehandelt werden.
Jn der Anlage wird der Plan des Werks, mit
den Haupttheilen deſſelben beſtimmt, die Ausfuͤh-
rung giebt jedem Haupttheil ſeine Geſtalt, und die
Ausarbeitung bearbeitet die kleinern Verbindungen,
und fuͤget die kleineſten Theile voͤllig, jeden in ſeinem
rechten Verhaͤltniß, und beſter Form zuſammen.
Wenn die Anlage vollendet iſt, ſo muß nichts we-
ſentliches mehr in das Werk hinein kommen koͤnnen.
Sie enthaͤlt ſchon alles wichtige der Gedanken, und er-
fodert deswegen das meiſte Genie. Darum bekommt
ein Werk ſeinen groͤßten Werth von der Anlage.
Sie bildet die Seele deſſelben, und ſezt alles feſte,
was zu ſeinem innerlichen Charakter, und zu der
Wuͤrkung, die es thun ſoll, gehoͤret. Deßwegen
koͤnnen auch grobe oder ſchlecht bearbeitete Werke,
der guten Anlage halber ſehr ſchaͤzbar ſeyn. So
waren nach dem Zeugniß des Pauſanias die Werke
des Daͤdalus; ſie fielen etwas unfoͤrmlich in das
Auge, doch entdekte man in allen etwas großes und
erhabenes. (*)
(*) #
#. Pau-
ſan. Co-
rinth.
Es iſt jedem Kuͤnſtler zu rathen, nicht nur die
groͤßte Anſtrengung des Geiſtes auf die Anlage,
als den wichtigſten Theil zu wenden, ſondern auch
nicht eher an die andern Theile der Arbeit zu ge-
hen, bis dieſer gluͤklich und zu ſeiner eignen Befrie-
digung zu Stande gebracht iſt. Schweerlich wird
ein Werk zu einer uͤber das mittelmaͤßige ſteigenden
Vollkommenheit kommen, wenn die Anlage nicht
vor der Ausfuͤhrung vollkommen geweſen. Die
Unvollkommenheit der Anlage benimmt dem Kuͤnſt-
ler das Feuer und ſo gar den Muth zur Ausfuͤhrung.
Einzele Schoͤnheiten ſind nicht vermoͤgend die Feh-
ler der Anlage zu bedeken. Beſſer iſt es allemal
ein Werk von unvollkommener Anlage ganz zu ver-
werfen, als durch muͤhſame Ausfuͤhrung und Aus-
arbeitung, etwas unvollkommenes zu machen. Es
ſcheinet eine der wichtigſten Regeln der Kunſt zu ſeyn,
ſich nicht eher an die Bearbeitung eines Werks zu
machen, bis man mit der Anlage deſſelben vollkom-
men zu frieden iſt. Denn dieſe Zufriedenheit giebt
Kraͤfte zur Ausfuͤhrung. S. Anordnung.
Anlauf.
(Baukunſt.)
Die Einbeugung einer Linie oder Flaͤche von ihren
unterſten Ende herauf, wodurch eine Flaͤche oder
ein Koͤrper etwas duͤnner wird, als er am Fuß
iſt. S. Ablauf.
Anlegen.
(Mahlerkunſt.)
Die erſten Farben eines Gemaͤhldes auftragen,
welche hernach bey der Ausarbeitung wieder von an-
dern Farben bedekt werden.
Das gute und inſonderheit das kraͤftige Colorit
kann nicht wol durch eine einzige Auftragung der
Farben erreicht werden, ausgenommen in ſolchen
Stuͤken, die weit aus dem Auge zu ſtehen kommen;
in welchem Fall die Farben ſehr dik neben einander
aufgetragen werden, daß ſie ihre volle Wuͤrkung
behalten. Bey Gemaͤhlden aber die man in der
Naͤhe ſehen ſoll, muͤſſen die Farben mehr in einan-
der fließen, und koͤnnen auf einmal nicht gar dik
aufgetragen werden. Auch andre Umſtaͤnde erfo-
dern ofte, daß eine Farbe uͤber eine andre gedekt
werde, ſo daß die untere etwas durchſcheine. (*)
Jn dieſem Falle muß das ganze Stuͤk mehr, als
einmal uͤbermahlt werden. Die erſte Auftragung
der Farben, wird das Anlegen genennt.
(*) S.
Laßiren.
Das Anlegen iſt ein wichtiger Theil des Mahlens;
denn wenn dabey etwas weſentliches verſehen wird,
ſo kann das Colorit niemals vollkommen werden.
Wie aber uͤberhaupt keine ſchlechterdings feſtgeſezte
Regeln der Farbengebung vorhanden ſind, ſondern
jeder Mahler durch Uebung und Verſuche ſich eine
beſondre Methode angewoͤhnt hat; ſo laͤßt ſich auch
nicht beſtimmt ſagen, wie der Mahler beym Anlegen
verfahren ſoll.
Der ſicherſte Weg, ein Gemaͤhlde gut anzulegen,
ſcheinet dieſer zu ſeyn, daß man mit einem etwas
breiten Pinſel zuerſt die Lichter, denn die Schatten
gleich ſtark neben einander ſeze, und hernach an den
Graͤnzen zwiſchen beyden gelinde hin und her fahre,
um ſie etwas mit einander zu vereinigen. Dieſe
erſte Anlage muß den Grund einer guten Haltung
und Verfließung der Lichter und Schatten geben.
Und dieſe wird man ſchweerlich erhalten, wenn man
es in der erſten Anlage verfehlt hat. Laireſſe giebt
den Rath, man ſoll dieſe angelegten Stellen durch
eine duͤnne Hornſcheibe anſehen, um deſto ſicherer
von der guten Vereinigung des Lichts und Schattens
zu urtheilen. Es hat ohngefehr dieſelbe Wuͤrkung,
wenn man etwas weit von dem angelegten Gemaͤhlde
zuruͤk trit, um dieſe Vereinigung deſto beſſer zu be-
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