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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Kün

Man brauchte sie jede Feyerlichkeit, jede öffent-
liche Veranstaltung, jedes wichtige öffentliche Ge-
schäft zu unterstützen. Die öffentlichen Berath-
schlagungen, die durch Gesetze verordneten feyerli-
chen Lobreden auf Helden und auf Bürger, die ihr
Leben im Dienste des Staats verlohren hatten, die
öffentlichen Denkmäler, womit große Thaten be-
lohnet wurden, die große Menge religiöser Feste,
die mit so viel Ceremonien begleitet waren, und die
Schauspiele, die zu einigen dieser Feste gehörten,
und auf die von Seiten der Regierung so viel Sorgfalt
gewandt und so großer Aufwand gemacht worden;
alles dieses verschaffte den Künstlern Gelegenheit, ihr
Genie und die Kraft der schönen Künste auf die Ge-
müther der Menschen in voller Würkung zu zeigen.
Es wurden Gesetze gemacht, um den guten Ge-
schmak zu befördern, das Einreissen des schlechten
Geschmaks, und die noch schädlichere Uebertreibung
des Feinen zu hemmen. (*)

Eben so aufmerksam waren auch die Hetrusker,
den Einfluß der Künste auf die Sitten zu befördern.
Wir wissen zwar wenig von den politischen Verfas-
sungen dieses durch die Römer zernichteten Volks.
Aber die mannichfaltigen Ueberbleibsel der hetrus-
kischen Künste, beweisen hinlänglich, wie unmittel-
bar sie in alle Verrichtungen des gemeinen Lebens
verwebt gewesen seyn. Man geräth dabey auf die
Vermuthung, daß auch der gemeine Mann in sei-
nem Hause kaum etwas vor sich gesehen, oder in
die Hand genommen habe, das nicht durch den Ein-
fluß der zeichnenden Künste ihn auf eine nützliche
Weise an seine Götter und an seine Helden erin-
nert, und das nicht seiner Religion, und seinen pa-
triotischen und Privatgesinnungen einen vortheilhaf-
ten Stoß gegeben hätte.

So war es mit den schönen Künsten in den gol-
denen Zeiten der griechischen und hetruskischen Frey-
heit beschaffen. Aber, so wie sich allmählig die edeln
Empfindungen für den allgemeinen Wohlstand ver-
lohren, wie die Regenten und Vornehmen ihr Pri-
vatinteresse von den Angelegenheiten des Staats ab-
sonderten, als Liebe zum Reichthum, und Geschmak
an einer üppigen Lebensart die Gemüther geschwächt
hatten; wurden die schönen Künste von dem öffent-
lichen Dienste des Staats abgerufen, blos als Künste
der Ueppigkeit getrieben, und allmählig verlohr man
ihre Würde aus dem Gesichte. Es ist für das
Beyspiel unserer Zeiten wichtig, daß dem Leser der
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Kün
erstaunliche Mißbrauch, den die ausgearteten Grie-
chen von den schönen Künsten gemacht haben, vor
Augen gelegt werde. Da ich die Versuchung fühle
darüber weitläuftiger zu seyn, als es sich hier schiken
würde, will ich mich begnügen, nur eine allgemeine
Abschilderung davon, die ein verständiger Engländer
verfertiget hat, zu geben. (*) "Da die Athenien-
ser, sagt er, sich von dem Feinde, der sie so sehr
in Athem gehalten hatte, (**) befreyt sahen, über-
ließen sie sich dem Genusse der Ergötzlichkeiten, und
dachten an nichts, als an Spiel und Feste. Dieses
trieben sie bis zur größten Ausschweifung, und für
die Schaubühne hatten sie eine Leidenschaft, die alle
Staatsgeschäfte hemmte, und alle Empfindung des
Ruhms erstikte. Dichter und Schauspieler genos-
sen allein die Gunst des Volks, und ihnen gab man
den frohlokenden Beyfall und die Hochachtung, die
denen gebührte, die ihr Leben zur Vertheidigung
der Freyheit gewagt hatten. Die Schätze, die zum
Unterhalt der Flotte und der Heere bestimmt gewe-
sen, wurden auf Schauspiele verwandt. Tänzer
und Sängerinnen führten das wollüstigste Leben, da
die Heerführer darbten, und auf ihren Schiffen
kaum Brod, Käse und Zwiebeln hatten. Der Auf-
wand auf die Schaubühne war so groß, daß nach
dem Berichte des Plutarchus die Vorstellung eines
Trauerspiels vom Sophokles, oder Euripides, dem
Staate mehr gekostet hat, als der Krieg gegen die
Perser. Dazu nahm man den Schatz, der einige
Zeit zuvor als ein Heiligthum für die äußerste Noth-
durft des Staates, mit dem Gesetze der Todesstrafe
für den, der sich unterstehen würde, eine Veräuße-
rung desselben anzutragen, zurücke gelegt worden."

Was also in seinem Ursprunge bestimmt war,
die Gemüther der Menschen mit patriotischer Kraft
zu erfüllen, dienete jetzt den Müßigang zu befördern,
und jeden auf das allgemeine Beste gerichteten Ge-
danken zu unterdrüken. Bald hernach hatten die
Großen Künstler um sich, wie sie Köche um sich hat-
ten; die Künste, die vorher stärkende und heilende
Arzeneyen für die Gemüther zubereitet hatten, muß-
ten nun Schminke und wohlriechende Salben berei-
ten. Und in diesem Zustande trafen die Römer
die schönen Künste in Griechenland und in Aegypten
an, als sie diese Länder eroberten; darum behielten
sie diesen Geist auch hernach in Rom. Jn den gol-
denen Zeiten der Kunst, gab der edle Gebrauch der-
selben dem Künstler Würde; Sophokles, ein Dich-

ter
(*) S.
Baukunst
1 Th. S.
129. auch
Musik.
(*) S.
Temple
Stanyan's
Gesch. von
Griechenl.
III. Buch
3 Cap.
(**) Von
dem Epa-
minondas
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Kuͤn

Man brauchte ſie jede Feyerlichkeit, jede oͤffent-
liche Veranſtaltung, jedes wichtige oͤffentliche Ge-
ſchaͤft zu unterſtuͤtzen. Die oͤffentlichen Berath-
ſchlagungen, die durch Geſetze verordneten feyerli-
chen Lobreden auf Helden und auf Buͤrger, die ihr
Leben im Dienſte des Staats verlohren hatten, die
oͤffentlichen Denkmaͤler, womit große Thaten be-
lohnet wurden, die große Menge religioͤſer Feſte,
die mit ſo viel Ceremonien begleitet waren, und die
Schauſpiele, die zu einigen dieſer Feſte gehoͤrten,
und auf die von Seiten der Regierung ſo viel Sorgfalt
gewandt und ſo großer Aufwand gemacht worden;
alles dieſes verſchaffte den Kuͤnſtlern Gelegenheit, ihr
Genie und die Kraft der ſchoͤnen Kuͤnſte auf die Ge-
muͤther der Menſchen in voller Wuͤrkung zu zeigen.
Es wurden Geſetze gemacht, um den guten Ge-
ſchmak zu befoͤrdern, das Einreiſſen des ſchlechten
Geſchmaks, und die noch ſchaͤdlichere Uebertreibung
des Feinen zu hemmen. (*)

Eben ſo aufmerkſam waren auch die Hetrusker,
den Einfluß der Kuͤnſte auf die Sitten zu befoͤrdern.
Wir wiſſen zwar wenig von den politiſchen Verfaſ-
ſungen dieſes durch die Roͤmer zernichteten Volks.
Aber die mannichfaltigen Ueberbleibſel der hetrus-
kiſchen Kuͤnſte, beweiſen hinlaͤnglich, wie unmittel-
bar ſie in alle Verrichtungen des gemeinen Lebens
verwebt geweſen ſeyn. Man geraͤth dabey auf die
Vermuthung, daß auch der gemeine Mann in ſei-
nem Hauſe kaum etwas vor ſich geſehen, oder in
die Hand genommen habe, das nicht durch den Ein-
fluß der zeichnenden Kuͤnſte ihn auf eine nuͤtzliche
Weiſe an ſeine Goͤtter und an ſeine Helden erin-
nert, und das nicht ſeiner Religion, und ſeinen pa-
triotiſchen und Privatgeſinnungen einen vortheilhaf-
ten Stoß gegeben haͤtte.

So war es mit den ſchoͤnen Kuͤnſten in den gol-
denen Zeiten der griechiſchen und hetruskiſchen Frey-
heit beſchaffen. Aber, ſo wie ſich allmaͤhlig die edeln
Empfindungen fuͤr den allgemeinen Wohlſtand ver-
lohren, wie die Regenten und Vornehmen ihr Pri-
vatintereſſe von den Angelegenheiten des Staats ab-
ſonderten, als Liebe zum Reichthum, und Geſchmak
an einer uͤppigen Lebensart die Gemuͤther geſchwaͤcht
hatten; wurden die ſchoͤnen Kuͤnſte von dem oͤffent-
lichen Dienſte des Staats abgerufen, blos als Kuͤnſte
der Ueppigkeit getrieben, und allmaͤhlig verlohr man
ihre Wuͤrde aus dem Geſichte. Es iſt fuͤr das
Beyſpiel unſerer Zeiten wichtig, daß dem Leſer der
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Kuͤn
erſtaunliche Mißbrauch, den die ausgearteten Grie-
chen von den ſchoͤnen Kuͤnſten gemacht haben, vor
Augen gelegt werde. Da ich die Verſuchung fuͤhle
daruͤber weitlaͤuftiger zu ſeyn, als es ſich hier ſchiken
wuͤrde, will ich mich begnuͤgen, nur eine allgemeine
Abſchilderung davon, die ein verſtaͤndiger Englaͤnder
verfertiget hat, zu geben. (*) „Da die Athenien-
ſer, ſagt er, ſich von dem Feinde, der ſie ſo ſehr
in Athem gehalten hatte, (**) befreyt ſahen, uͤber-
ließen ſie ſich dem Genuſſe der Ergoͤtzlichkeiten, und
dachten an nichts, als an Spiel und Feſte. Dieſes
trieben ſie bis zur groͤßten Ausſchweifung, und fuͤr
die Schaubuͤhne hatten ſie eine Leidenſchaft, die alle
Staatsgeſchaͤfte hemmte, und alle Empfindung des
Ruhms erſtikte. Dichter und Schauſpieler genoſ-
ſen allein die Gunſt des Volks, und ihnen gab man
den frohlokenden Beyfall und die Hochachtung, die
denen gebuͤhrte, die ihr Leben zur Vertheidigung
der Freyheit gewagt hatten. Die Schaͤtze, die zum
Unterhalt der Flotte und der Heere beſtimmt gewe-
ſen, wurden auf Schauſpiele verwandt. Taͤnzer
und Saͤngerinnen fuͤhrten das wolluͤſtigſte Leben, da
die Heerfuͤhrer darbten, und auf ihren Schiffen
kaum Brod, Kaͤſe und Zwiebeln hatten. Der Auf-
wand auf die Schaubuͤhne war ſo groß, daß nach
dem Berichte des Plutarchus die Vorſtellung eines
Trauerſpiels vom Sophokles, oder Euripides, dem
Staate mehr gekoſtet hat, als der Krieg gegen die
Perſer. Dazu nahm man den Schatz, der einige
Zeit zuvor als ein Heiligthum fuͤr die aͤußerſte Noth-
durft des Staates, mit dem Geſetze der Todesſtrafe
fuͤr den, der ſich unterſtehen wuͤrde, eine Veraͤuße-
rung deſſelben anzutragen, zuruͤcke gelegt worden.„

Was alſo in ſeinem Urſprunge beſtimmt war,
die Gemuͤther der Menſchen mit patriotiſcher Kraft
zu erfuͤllen, dienete jetzt den Muͤßigang zu befoͤrdern,
und jeden auf das allgemeine Beſte gerichteten Ge-
danken zu unterdruͤken. Bald hernach hatten die
Großen Kuͤnſtler um ſich, wie ſie Koͤche um ſich hat-
ten; die Kuͤnſte, die vorher ſtaͤrkende und heilende
Arzeneyen fuͤr die Gemuͤther zubereitet hatten, muß-
ten nun Schminke und wohlriechende Salben berei-
ten. Und in dieſem Zuſtande trafen die Roͤmer
die ſchoͤnen Kuͤnſte in Griechenland und in Aegypten
an, als ſie dieſe Laͤnder eroberten; darum behielten
ſie dieſen Geiſt auch hernach in Rom. Jn den gol-
denen Zeiten der Kunſt, gab der edle Gebrauch der-
ſelben dem Kuͤnſtler Wuͤrde; Sophokles, ein Dich-

ter
(*) S.
Baukunſt
1 Th. S.
129. auch
Muſik.
(*) S.
Temple
Stanyan’s
Geſch. von
Griechenl.
III. Buch
3 Cap.
(**) Von
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[620/0055] Kuͤn Kuͤn Man brauchte ſie jede Feyerlichkeit, jede oͤffent- liche Veranſtaltung, jedes wichtige oͤffentliche Ge- ſchaͤft zu unterſtuͤtzen. Die oͤffentlichen Berath- ſchlagungen, die durch Geſetze verordneten feyerli- chen Lobreden auf Helden und auf Buͤrger, die ihr Leben im Dienſte des Staats verlohren hatten, die oͤffentlichen Denkmaͤler, womit große Thaten be- lohnet wurden, die große Menge religioͤſer Feſte, die mit ſo viel Ceremonien begleitet waren, und die Schauſpiele, die zu einigen dieſer Feſte gehoͤrten, und auf die von Seiten der Regierung ſo viel Sorgfalt gewandt und ſo großer Aufwand gemacht worden; alles dieſes verſchaffte den Kuͤnſtlern Gelegenheit, ihr Genie und die Kraft der ſchoͤnen Kuͤnſte auf die Ge- muͤther der Menſchen in voller Wuͤrkung zu zeigen. Es wurden Geſetze gemacht, um den guten Ge- ſchmak zu befoͤrdern, das Einreiſſen des ſchlechten Geſchmaks, und die noch ſchaͤdlichere Uebertreibung des Feinen zu hemmen. (*) Eben ſo aufmerkſam waren auch die Hetrusker, den Einfluß der Kuͤnſte auf die Sitten zu befoͤrdern. Wir wiſſen zwar wenig von den politiſchen Verfaſ- ſungen dieſes durch die Roͤmer zernichteten Volks. Aber die mannichfaltigen Ueberbleibſel der hetrus- kiſchen Kuͤnſte, beweiſen hinlaͤnglich, wie unmittel- bar ſie in alle Verrichtungen des gemeinen Lebens verwebt geweſen ſeyn. Man geraͤth dabey auf die Vermuthung, daß auch der gemeine Mann in ſei- nem Hauſe kaum etwas vor ſich geſehen, oder in die Hand genommen habe, das nicht durch den Ein- fluß der zeichnenden Kuͤnſte ihn auf eine nuͤtzliche Weiſe an ſeine Goͤtter und an ſeine Helden erin- nert, und das nicht ſeiner Religion, und ſeinen pa- triotiſchen und Privatgeſinnungen einen vortheilhaf- ten Stoß gegeben haͤtte. So war es mit den ſchoͤnen Kuͤnſten in den gol- denen Zeiten der griechiſchen und hetruskiſchen Frey- heit beſchaffen. Aber, ſo wie ſich allmaͤhlig die edeln Empfindungen fuͤr den allgemeinen Wohlſtand ver- lohren, wie die Regenten und Vornehmen ihr Pri- vatintereſſe von den Angelegenheiten des Staats ab- ſonderten, als Liebe zum Reichthum, und Geſchmak an einer uͤppigen Lebensart die Gemuͤther geſchwaͤcht hatten; wurden die ſchoͤnen Kuͤnſte von dem oͤffent- lichen Dienſte des Staats abgerufen, blos als Kuͤnſte der Ueppigkeit getrieben, und allmaͤhlig verlohr man ihre Wuͤrde aus dem Geſichte. Es iſt fuͤr das Beyſpiel unſerer Zeiten wichtig, daß dem Leſer der erſtaunliche Mißbrauch, den die ausgearteten Grie- chen von den ſchoͤnen Kuͤnſten gemacht haben, vor Augen gelegt werde. Da ich die Verſuchung fuͤhle daruͤber weitlaͤuftiger zu ſeyn, als es ſich hier ſchiken wuͤrde, will ich mich begnuͤgen, nur eine allgemeine Abſchilderung davon, die ein verſtaͤndiger Englaͤnder verfertiget hat, zu geben. (*) „Da die Athenien- ſer, ſagt er, ſich von dem Feinde, der ſie ſo ſehr in Athem gehalten hatte, (**) befreyt ſahen, uͤber- ließen ſie ſich dem Genuſſe der Ergoͤtzlichkeiten, und dachten an nichts, als an Spiel und Feſte. Dieſes trieben ſie bis zur groͤßten Ausſchweifung, und fuͤr die Schaubuͤhne hatten ſie eine Leidenſchaft, die alle Staatsgeſchaͤfte hemmte, und alle Empfindung des Ruhms erſtikte. Dichter und Schauſpieler genoſ- ſen allein die Gunſt des Volks, und ihnen gab man den frohlokenden Beyfall und die Hochachtung, die denen gebuͤhrte, die ihr Leben zur Vertheidigung der Freyheit gewagt hatten. Die Schaͤtze, die zum Unterhalt der Flotte und der Heere beſtimmt gewe- ſen, wurden auf Schauſpiele verwandt. Taͤnzer und Saͤngerinnen fuͤhrten das wolluͤſtigſte Leben, da die Heerfuͤhrer darbten, und auf ihren Schiffen kaum Brod, Kaͤſe und Zwiebeln hatten. Der Auf- wand auf die Schaubuͤhne war ſo groß, daß nach dem Berichte des Plutarchus die Vorſtellung eines Trauerſpiels vom Sophokles, oder Euripides, dem Staate mehr gekoſtet hat, als der Krieg gegen die Perſer. Dazu nahm man den Schatz, der einige Zeit zuvor als ein Heiligthum fuͤr die aͤußerſte Noth- durft des Staates, mit dem Geſetze der Todesſtrafe fuͤr den, der ſich unterſtehen wuͤrde, eine Veraͤuße- rung deſſelben anzutragen, zuruͤcke gelegt worden.„ Was alſo in ſeinem Urſprunge beſtimmt war, die Gemuͤther der Menſchen mit patriotiſcher Kraft zu erfuͤllen, dienete jetzt den Muͤßigang zu befoͤrdern, und jeden auf das allgemeine Beſte gerichteten Ge- danken zu unterdruͤken. Bald hernach hatten die Großen Kuͤnſtler um ſich, wie ſie Koͤche um ſich hat- ten; die Kuͤnſte, die vorher ſtaͤrkende und heilende Arzeneyen fuͤr die Gemuͤther zubereitet hatten, muß- ten nun Schminke und wohlriechende Salben berei- ten. Und in dieſem Zuſtande trafen die Roͤmer die ſchoͤnen Kuͤnſte in Griechenland und in Aegypten an, als ſie dieſe Laͤnder eroberten; darum behielten ſie dieſen Geiſt auch hernach in Rom. Jn den gol- denen Zeiten der Kunſt, gab der edle Gebrauch der- ſelben dem Kuͤnſtler Wuͤrde; Sophokles, ein Dich- ter (*) S. Baukunſt 1 Th. S. 129. auch Muſik. (*) S. Temple Stanyan’s Geſch. von Griechenl. III. Buch 3 Cap. (**) Von dem Epa- minondas

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/55>, abgerufen am 26.11.2024.