Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.
Nun geht Er aus der Lagerstatt, Um unsre Schuld und Schmach zu tragen, Wer wahre Reu im Herzen hat, Wird den Versöhner auch beklagen; Die Thränen, unser wahrer Schmerz, Belagern hier das Bruder-Herz, Und was läßt dieses noch erschallen? Weint über euch! es kömmt die Zeit, Da Kummer, Angst, Verzweiflung schreyt: Ach möchten Berge auf uns fallen! Jch folge nach auf Golgatha, Nur frisch bis zu der Schedelstätte! Geht solches gleich dem Fleische nah, Es überwindet im Gebete; Solch Folgen braucht kein schlecht Bemühn, Man muß vorher nach Salem ziehn, Mit Jhm zum Weihrauch-Hügel gehen, Denn läßt Er sich auch nach der Zeit Auf Thabor in der Herrlichkeit Und im verklärten Leibe sehen. Der Berg ist schon zurück gelegt, Die Schwachheit will zu Boden sinken; Die Arbeit hat den Durst erregt, Doch muß sie Gallen-Essig trinken, Ach
Nun geht Er aus der Lagerſtatt, Um unſre Schuld und Schmach zu tragen, Wer wahre Reu im Herzen hat, Wird den Verſoͤhner auch beklagen; Die Thraͤnen, unſer wahrer Schmerz, Belagern hier das Bruder-Herz, Und was laͤßt dieſes noch erſchallen? Weint uͤber euch! es koͤmmt die Zeit, Da Kummer, Angſt, Verzweiflung ſchreyt: Ach moͤchten Berge auf uns fallen! Jch folge nach auf Golgatha, Nur friſch bis zu der Schedelſtaͤtte! Geht ſolches gleich dem Fleiſche nah, Es uͤberwindet im Gebete; Solch Folgen braucht kein ſchlecht Bemuͤhn, Man muß vorher nach Salem ziehn, Mit Jhm zum Weihrauch-Huͤgel gehen, Denn laͤßt Er ſich auch nach der Zeit Auf Thabor in der Herrlichkeit Und im verklaͤrten Leibe ſehen. Der Berg iſt ſchon zuruͤck gelegt, Die Schwachheit will zu Boden ſinken; Die Arbeit hat den Durſt erregt, Doch muß ſie Gallen-Eſſig trinken, Ach
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Geiſtliche Oden.
Sein Troſtwort ſpricht: Menſch, du ſollſt leben!
Gut, HErr! bin ich nur auserſehn,
Mit Dir auf Golgatha zu gehn,
So will ich gern dein Kreuz mit heben.
Nun geht Er aus der Lagerſtatt,
Um unſre Schuld und Schmach zu tragen,
Wer wahre Reu im Herzen hat,
Wird den Verſoͤhner auch beklagen;
Die Thraͤnen, unſer wahrer Schmerz,
Belagern hier das Bruder-Herz,
Und was laͤßt dieſes noch erſchallen?
Weint uͤber euch! es koͤmmt die Zeit,
Da Kummer, Angſt, Verzweiflung ſchreyt:
Ach moͤchten Berge auf uns fallen!
Jch folge nach auf Golgatha,
Nur friſch bis zu der Schedelſtaͤtte!
Geht ſolches gleich dem Fleiſche nah,
Es uͤberwindet im Gebete;
Solch Folgen braucht kein ſchlecht Bemuͤhn,
Man muß vorher nach Salem ziehn,
Mit Jhm zum Weihrauch-Huͤgel gehen,
Denn laͤßt Er ſich auch nach der Zeit
Auf Thabor in der Herrlichkeit
Und im verklaͤrten Leibe ſehen.
Der Berg iſt ſchon zuruͤck gelegt,
Die Schwachheit will zu Boden ſinken;
Die Arbeit hat den Durſt erregt,
Doch muß ſie Gallen-Eſſig trinken,
Ach
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