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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1776.

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Vom Himmel.
haben das Zeitliche verlassen, sie sind aus der
Zeitlichkeit gegangen, wodurch sie verstehen:
aus der Welt. Jch sagte auch, einige wüß-
ten es, daß die Zeiten ursprünglich Zustände
sind, und zwar daher, daß sie gänzlich nach
den Zuständen der Neigungen gehen, worin-
nen sich die Menschen befinden, und zwar de-
nen, welche in Lust und Freude leben, kurz,
denen aber, welche in Unlust und Traurigkeit
sich befinden, lang, und also in dem Zustand
der Hoffnung und Erwartung mancherley wer-
den: dahero untersuchen eben die Gelehrten,
was Zeit und Raum seyen; und einige wissen
es auch, daß die Zeit für den natürlichen Men-
schen gehöret.

169. Der natürliche Mensch kann es glau-
ben, daß er gar keinen Gedanken hätte, wenn
ihm die Begriffe der Zeit, des Raums, und
des Materiellen benommen würden, denn auf
diese gründen sich alle Gedanken, die der
Mensch hat: allein, er muß wissen, daß die
Gedanken in so viel endlich sind, und einge-
schränkt werden, in so viel sie aus der Zeit,
aus dem Raum und Materiellen an sich haben,
daß sie aber in so viel nicht endlich sind, und
ausgebreitet werden, in so viel sie von densel-
ben nicht an sich haben, weil das Gemüth in
so viel über das Leibliche und Weltliche erho-
ben wird: daher haben die Engel Weisheit, ja,
eine solche, daß sie unbegreiflich genennet wird,

weil
M 4

Vom Himmel.
haben das Zeitliche verlaſſen, ſie ſind aus der
Zeitlichkeit gegangen, wodurch ſie verſtehen:
aus der Welt. Jch ſagte auch, einige wuͤß-
ten es, daß die Zeiten urſpruͤnglich Zuſtaͤnde
ſind, und zwar daher, daß ſie gaͤnzlich nach
den Zuſtaͤnden der Neigungen gehen, worin-
nen ſich die Menſchen befinden, und zwar de-
nen, welche in Luſt und Freude leben, kurz,
denen aber, welche in Unluſt und Traurigkeit
ſich befinden, lang, und alſo in dem Zuſtand
der Hoffnung und Erwartung mancherley wer-
den: dahero unterſuchen eben die Gelehrten,
was Zeit und Raum ſeyen; und einige wiſſen
es auch, daß die Zeit fuͤr den natuͤrlichen Men-
ſchen gehoͤret.

169. Der natuͤrliche Menſch kann es glau-
ben, daß er gar keinen Gedanken haͤtte, wenn
ihm die Begriffe der Zeit, des Raums, und
des Materiellen benommen wuͤrden, denn auf
dieſe gruͤnden ſich alle Gedanken, die der
Menſch hat: allein, er muß wiſſen, daß die
Gedanken in ſo viel endlich ſind, und einge-
ſchraͤnkt werden, in ſo viel ſie aus der Zeit,
aus dem Raum und Materiellen an ſich haben,
daß ſie aber in ſo viel nicht endlich ſind, und
ausgebreitet werden, in ſo viel ſie von denſel-
ben nicht an ſich haben, weil das Gemuͤth in
ſo viel uͤber das Leibliche und Weltliche erho-
ben wird: daher haben die Engel Weisheit, ja,
eine ſolche, daß ſie unbegreiflich genennet wird,

weil
M 4
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[183/0230] Vom Himmel. haben das Zeitliche verlaſſen, ſie ſind aus der Zeitlichkeit gegangen, wodurch ſie verſtehen: aus der Welt. Jch ſagte auch, einige wuͤß- ten es, daß die Zeiten urſpruͤnglich Zuſtaͤnde ſind, und zwar daher, daß ſie gaͤnzlich nach den Zuſtaͤnden der Neigungen gehen, worin- nen ſich die Menſchen befinden, und zwar de- nen, welche in Luſt und Freude leben, kurz, denen aber, welche in Unluſt und Traurigkeit ſich befinden, lang, und alſo in dem Zuſtand der Hoffnung und Erwartung mancherley wer- den: dahero unterſuchen eben die Gelehrten, was Zeit und Raum ſeyen; und einige wiſſen es auch, daß die Zeit fuͤr den natuͤrlichen Men- ſchen gehoͤret. 169. Der natuͤrliche Menſch kann es glau- ben, daß er gar keinen Gedanken haͤtte, wenn ihm die Begriffe der Zeit, des Raums, und des Materiellen benommen wuͤrden, denn auf dieſe gruͤnden ſich alle Gedanken, die der Menſch hat: allein, er muß wiſſen, daß die Gedanken in ſo viel endlich ſind, und einge- ſchraͤnkt werden, in ſo viel ſie aus der Zeit, aus dem Raum und Materiellen an ſich haben, daß ſie aber in ſo viel nicht endlich ſind, und ausgebreitet werden, in ſo viel ſie von denſel- ben nicht an ſich haben, weil das Gemuͤth in ſo viel uͤber das Leibliche und Weltliche erho- ben wird: daher haben die Engel Weisheit, ja, eine ſolche, daß ſie unbegreiflich genennet wird, weil M 4

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Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1776, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften01_1776/230>, abgerufen am 06.05.2024.