Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.Von der Geisterwelt. mittelung verwerfen, so sind sie vermöge ihresScheingrundes genöthiget, zu behaupten, daß der Mensch blos allein aus Barmherzigkeit in den Himmel komme, und zu glauben, daß dazu Gott der Vater durch die Fürbitte des Sohnes bewo- gen werde: hierauf antworteten die Engel, sie wüßten wohl, daß eine solche Lehre aus dem an- genommenen Satz, betreffend den Glauben al- lein, (de sola fide) nothwendiger Weise folgen müsse, und weil diese Lehre der Hauptpunkt von allen übrigen ist, und in welche, weil sie nicht wahr ist, nicht das geringste Licht aus den Him- mel einfliessen kann, so komme eben daher die Un- wissenheit, worinnen die Kirche heutiges Tages ist, daß sie nämlich vom Herrn, vom Himmel, vom Leben nach dem Tod, von der himml schen Freude, von dem Wesen der Liebe und thätigen Liebe, und überhaupt von dem Guten, und von dessen Verbindung mit dem Wahren, und mit- hin von dem Leben des Menschen, woher es ei- gentlich kommt, und wie es beschaffen ist, nicht das allergeringste weis da doch bey einem das Le- ben nicht aus dem Denken, sondern aus dem Wil- len und aus den daher rührenden Thaten kommt, und daß es nur um so viel aus dem Denken kommt, um so viel das Denken von dem Willen an sich hat, daß es also nicht aus dem Glauben kommt, ausser um so viel der Glaube von der Liebe an sich hat: die Engel bedauren, daß eben die obgedachte nicht wissen, daß der bloße Glaube oder der Glaube allein bey einem gar nicht statt finden könne, Y 2
Von der Geiſterwelt. mittelung verwerfen, ſo ſind ſie vermoͤge ihresScheingrundes genoͤthiget, zu behaupten, daß der Menſch blos allein aus Barmherzigkeit in den Himmel komme, und zu glauben, daß dazu Gott der Vater durch die Fuͤrbitte des Sohnes bewo- gen werde: hierauf antworteten die Engel, ſie wuͤßten wohl, daß eine ſolche Lehre aus dem an- genommenen Satz, betreffend den Glauben al- lein, (de ſola fide) nothwendiger Weiſe folgen muͤſſe, und weil dieſe Lehre der Hauptpunkt von allen uͤbrigen iſt, und in welche, weil ſie nicht wahr iſt, nicht das geringſte Licht aus den Him- mel einflieſſen kann, ſo komme eben daher die Un- wiſſenheit, worinnen die Kirche heutiges Tages iſt, daß ſie naͤmlich vom Herrn, vom Himmel, vom Leben nach dem Tod, von der himml ſchen Freude, von dem Weſen der Liebe und thaͤtigen Liebe, und uͤberhaupt von dem Guten, und von deſſen Verbindung mit dem Wahren, und mit- hin von dem Leben des Menſchen, woher es ei- gentlich kommt, und wie es beſchaffen iſt, nicht das allergeringſte weis da doch bey einem das Le- ben nicht aus dem Denken, ſondern aus dem Wil- len und aus den daher ruͤhrenden Thaten kommt, und daß es nur um ſo viel aus dem Denken kom̃t, um ſo viel das Denken von dem Willen an ſich hat, daß es alſo nicht aus dem Glauben kommt, auſſer um ſo viel der Glaube von der Liebe an ſich hat: die Engel bedauren, daß eben die obgedachte nicht wiſſen, daß der bloße Glaube oder der Glaube allein bey einem gar nicht ſtatt finden koͤnne, Y 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0322" n="323"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Geiſterwelt.</hi></fw><lb/> mittelung verwerfen, ſo ſind ſie vermoͤge ihres<lb/> Scheingrundes genoͤthiget, zu behaupten, daß<lb/> der Menſch blos allein aus Barmherzigkeit in den<lb/> Himmel komme, und zu glauben, daß dazu Gott<lb/> der Vater durch die Fuͤrbitte des Sohnes bewo-<lb/> gen werde: hierauf antworteten die Engel, ſie<lb/> wuͤßten wohl, daß eine ſolche Lehre aus dem an-<lb/> genommenen Satz, betreffend den <hi rendition="#fr">Glauben al-<lb/> lein,</hi> <hi rendition="#aq">(de ſola fide)</hi> nothwendiger Weiſe folgen<lb/> muͤſſe, und weil dieſe Lehre der Hauptpunkt von<lb/> allen uͤbrigen iſt, und in welche, weil ſie nicht<lb/> wahr iſt, nicht das geringſte Licht aus den Him-<lb/> mel einflieſſen kann, ſo komme eben daher die Un-<lb/> wiſſenheit, worinnen die Kirche heutiges Tages<lb/> iſt, daß ſie naͤmlich vom <hi rendition="#fr">Herrn,</hi> vom Himmel,<lb/> vom Leben nach dem Tod, von der himml ſchen<lb/> Freude, von dem Weſen der Liebe und thaͤtigen<lb/> Liebe, und uͤberhaupt von dem Guten, und von<lb/> deſſen Verbindung mit dem Wahren, und mit-<lb/> hin von dem Leben des Menſchen, woher es ei-<lb/> gentlich kommt, und wie es beſchaffen iſt, nicht<lb/> das allergeringſte weis da doch bey einem das Le-<lb/> ben nicht aus dem Denken, ſondern aus dem Wil-<lb/> len und aus den daher ruͤhrenden Thaten kommt,<lb/> und daß es nur um ſo viel aus dem Denken kom̃t,<lb/> um ſo viel das Denken von dem Willen an ſich<lb/> hat, daß es alſo nicht aus dem Glauben kommt,<lb/> auſſer um ſo viel der Glaube von der Liebe an ſich<lb/> hat: die Engel bedauren, daß eben die obgedachte<lb/> nicht wiſſen, daß der <hi rendition="#fr">bloße Glaube</hi> oder der<lb/><hi rendition="#fr">Glaube allein</hi> bey einem gar nicht ſtatt finden<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><fw place="bottom" type="catch">koͤnne,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [323/0322]
Von der Geiſterwelt.
mittelung verwerfen, ſo ſind ſie vermoͤge ihres
Scheingrundes genoͤthiget, zu behaupten, daß
der Menſch blos allein aus Barmherzigkeit in den
Himmel komme, und zu glauben, daß dazu Gott
der Vater durch die Fuͤrbitte des Sohnes bewo-
gen werde: hierauf antworteten die Engel, ſie
wuͤßten wohl, daß eine ſolche Lehre aus dem an-
genommenen Satz, betreffend den Glauben al-
lein, (de ſola fide) nothwendiger Weiſe folgen
muͤſſe, und weil dieſe Lehre der Hauptpunkt von
allen uͤbrigen iſt, und in welche, weil ſie nicht
wahr iſt, nicht das geringſte Licht aus den Him-
mel einflieſſen kann, ſo komme eben daher die Un-
wiſſenheit, worinnen die Kirche heutiges Tages
iſt, daß ſie naͤmlich vom Herrn, vom Himmel,
vom Leben nach dem Tod, von der himml ſchen
Freude, von dem Weſen der Liebe und thaͤtigen
Liebe, und uͤberhaupt von dem Guten, und von
deſſen Verbindung mit dem Wahren, und mit-
hin von dem Leben des Menſchen, woher es ei-
gentlich kommt, und wie es beſchaffen iſt, nicht
das allergeringſte weis da doch bey einem das Le-
ben nicht aus dem Denken, ſondern aus dem Wil-
len und aus den daher ruͤhrenden Thaten kommt,
und daß es nur um ſo viel aus dem Denken kom̃t,
um ſo viel das Denken von dem Willen an ſich
hat, daß es alſo nicht aus dem Glauben kommt,
auſſer um ſo viel der Glaube von der Liebe an ſich
hat: die Engel bedauren, daß eben die obgedachte
nicht wiſſen, daß der bloße Glaube oder der
Glaube allein bey einem gar nicht ſtatt finden
koͤnne,
Y 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |