Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.Von der Hölle. Eigenliebe gehalten wird; und über diesesglaubt man in der Welt, die Eigenliebe, die sich nicht so sehr brüstet, wäre ein Lebens Feuer, von welchem der Mensch aufgemun- tert würde, sich um Aemter zu bestreben, und Nutzen zu schaffen, wofern nun der Mensch nicht Ehre und Ruhm dabey sehen sollte, so würde er den Muth sinken lassen; man spricht: hat wohl einer etwas wichtiges, nützliches und denkwürdiges aus einer andern Absicht ge- than, als aus einer solchen, damit er von an- dern, oder in den Gemüthern andrer Leute ge- rühmt und geehret werde? und woher käme dieses, wenn es nicht aus der für den Ruhm und für die Ehre, und folglich für die Selbst- heit eingenommenen Eigenliebe an sich betrach- tet, eine solche Liebe ist, die in der Hölle herr- schet, und die Hölle des Menschen ausmacht. Weil nun die Sache sich so verhält, so will ich zuerst beschreiben, was die Eigenliebe sey, und hernach, daß diese Liebe die Quelle aller Bosheiten und der daher rührenden Falsch- heiten sey. 556. Die Eigenliebe ist: sich ganz allein Nu-
Von der Hoͤlle. Eigenliebe gehalten wird; und uͤber dieſesglaubt man in der Welt, die Eigenliebe, die ſich nicht ſo ſehr bruͤſtet, waͤre ein Lebens Feuer, von welchem der Menſch aufgemun- tert wuͤrde, ſich um Aemter zu beſtreben, und Nutzen zu ſchaffen, wofern nun der Menſch nicht Ehre und Ruhm dabey ſehen ſollte, ſo wuͤrde er den Muth ſinken laſſen; man ſpricht: hat wohl einer etwas wichtiges, nuͤtzliches und denkwuͤrdiges aus einer andern Abſicht ge- than, als aus einer ſolchen, damit er von an- dern, oder in den Gemuͤthern andrer Leute ge- ruͤhmt und geehret werde? und woher kaͤme dieſes, wenn es nicht aus der fuͤr den Ruhm und fuͤr die Ehre, und folglich fuͤr die Selbſt- heit eingenommenen Eigenliebe an ſich betrach- tet, eine ſolche Liebe iſt, die in der Hoͤlle herr- ſchet, und die Hoͤlle des Menſchen ausmacht. Weil nun die Sache ſich ſo verhaͤlt, ſo will ich zuerſt beſchreiben, was die Eigenliebe ſey, und hernach, daß dieſe Liebe die Quelle aller Bosheiten und der daher ruͤhrenden Falſch- heiten ſey. 556. Die Eigenliebe iſt: ſich ganz allein Nu-
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Von der Hoͤlle.
Eigenliebe gehalten wird; und uͤber dieſes
glaubt man in der Welt, die Eigenliebe, die
ſich nicht ſo ſehr bruͤſtet, waͤre ein Lebens
Feuer, von welchem der Menſch aufgemun-
tert wuͤrde, ſich um Aemter zu beſtreben, und
Nutzen zu ſchaffen, wofern nun der Menſch
nicht Ehre und Ruhm dabey ſehen ſollte, ſo
wuͤrde er den Muth ſinken laſſen; man ſpricht:
hat wohl einer etwas wichtiges, nuͤtzliches und
denkwuͤrdiges aus einer andern Abſicht ge-
than, als aus einer ſolchen, damit er von an-
dern, oder in den Gemuͤthern andrer Leute ge-
ruͤhmt und geehret werde? und woher kaͤme
dieſes, wenn es nicht aus der fuͤr den Ruhm
und fuͤr die Ehre, und folglich fuͤr die Selbſt-
heit eingenommenen Eigenliebe an ſich betrach-
tet, eine ſolche Liebe iſt, die in der Hoͤlle herr-
ſchet, und die Hoͤlle des Menſchen ausmacht.
Weil nun die Sache ſich ſo verhaͤlt, ſo will
ich zuerſt beſchreiben, was die Eigenliebe ſey,
und hernach, daß dieſe Liebe die Quelle aller
Bosheiten und der daher ruͤhrenden Falſch-
heiten ſey.
556. Die Eigenliebe iſt: ſich ganz allein
wohl wollen, und andern ſonſt nicht, als nur
um ſeinetwillen, auch nicht einmal der Kir-
che, dem Vaterland, oder einiger menſchlichen
Geſellſchaft; wie auch ihnen Gutes thun blos
allein um ſeines eignen Namens, Ehre und
Ruhms willen, und wofern einer bey dem
Nu-
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