Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748.Grafen, und die Wittwe eines Mannes von Stande. Sie bemerkte etwas feines an meinem Freunde; ihr gefiel die besondere Artigkeit, womit er vor ihrer Sänfte herging und seine Haare unter den Hut steckte, so sehr, daß sie ihm allerley Gefälligkeiten erwies. Eines Tages fuhr sie in ihrer Kutsche spazieren, und Thomas stand hinten auf. Der Kutscher verfehlete des Weges, und hielte vor einer privilegirten Capelle still, in welcher dieses Paar an einander verheirathet ward, und worauf Thomas in dem Wagen an der Seite seiner Frau wieder zu Hause kam. Zum Unglücke aber lehrete er sie das Brandteweintrinken, woran sie starb, nachdem sie vorher alles ihr Silberzeug versetzet, um Brandtewein dafür zu bekommen, und nun ist Thomas bey einem Malzhändler Tagelöhner. Boucher, der berühmte Spieler, war ein anderer aus unserer Brüderschaft, und wie er 50000 Gulden reich war: so mußte sich der Herzog von *** alle Tage auf das unverschämteste wegen einer rückständigen Schuld seines Lohns, den er in seinen Diensten verdienet, mahnen lassen. Ich könnte noch viele zum Exempel anführen, und insonderheit einen, dessen Sohn eine von den vornehmsten Stellen bey Hofe hat. Es ist aber genug, daß ich euch folgenden Rath gebe, der darinn bestehet, gegen jedweden frech und grob zu seyn, insonderheit gegen den Beichtvater, gegen das Folgemädgen und gegen alle Bediente in vornehmer Leute Grafen, und die Wittwe eines Mannes von Stande. Sie bemerkte etwas feines an meinem Freunde; ihr gefiel die besondere Artigkeit, womit er vor ihrer Sänfte herging und seine Haare unter den Hut steckte, so sehr, daß sie ihm allerley Gefälligkeiten erwies. Eines Tages fuhr sie in ihrer Kutsche spazieren, und Thomas stand hinten auf. Der Kutscher verfehlete des Weges, und hielte vor einer privilegirten Capelle still, in welcher dieses Paar an einander verheirathet ward, und worauf Thomas in dem Wagen an der Seite seiner Frau wieder zu Hause kam. Zum Unglücke aber lehrete er sie das Brandteweintrinken, woran sie starb, nachdem sie vorher alles ihr Silberzeug versetzet, um Brandtewein dafür zu bekommen, und nun ist Thomas bey einem Malzhändler Tagelöhner. Boucher, der berühmte Spieler, war ein anderer aus unserer Brüderschaft, und wie er 50000 Gulden reich war: so mußte sich der Herzog von *** alle Tage auf das unverschämteste wegen einer rückständigen Schuld seines Lohns, den er in seinen Diensten verdienet, mahnen lassen. Ich könnte noch viele zum Exempel anführen, und insonderheit einen, dessen Sohn eine von den vornehmsten Stellen bey Hofe hat. Es ist aber genug, daß ich euch folgenden Rath gebe, der darinn bestehet, gegen jedweden frech und grob zu seyn, insonderheit gegen den Beichtvater, gegen das Folgemädgen und gegen alle Bediente in vornehmer Leute <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0088" n="72"/> Grafen, und die Wittwe eines Mannes von Stande. Sie bemerkte etwas feines an meinem Freunde; ihr gefiel die besondere Artigkeit, womit er vor ihrer Sänfte herging und seine Haare unter den Hut steckte, so sehr, daß sie ihm allerley Gefälligkeiten erwies. Eines Tages fuhr sie in ihrer Kutsche spazieren, und Thomas stand hinten auf. Der Kutscher verfehlete des Weges, und hielte vor einer privilegirten Capelle still, in welcher dieses Paar an einander verheirathet ward, und worauf Thomas in dem Wagen an der Seite seiner Frau wieder zu Hause kam. Zum Unglücke aber lehrete er sie das Brandteweintrinken, woran sie starb, nachdem sie vorher alles ihr Silberzeug versetzet, um Brandtewein dafür zu bekommen, und nun ist Thomas bey einem Malzhändler Tagelöhner.</p> <p><hi rendition="#fr">Boucher</hi>, der berühmte Spieler, war ein anderer aus unserer Brüderschaft, und wie er 50000 Gulden reich war: so mußte sich der Herzog von *** alle Tage auf das unverschämteste wegen einer rückständigen Schuld seines Lohns, den er in seinen Diensten verdienet, mahnen lassen. Ich könnte noch viele zum Exempel anführen, und insonderheit einen, dessen Sohn eine von den vornehmsten Stellen bey Hofe hat. Es ist aber genug, daß ich euch folgenden Rath gebe, der darinn bestehet, gegen jedweden frech und grob zu seyn, insonderheit gegen den Beichtvater, gegen das Folgemädgen und gegen alle Bediente in vornehmer Leute </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0088]
Grafen, und die Wittwe eines Mannes von Stande. Sie bemerkte etwas feines an meinem Freunde; ihr gefiel die besondere Artigkeit, womit er vor ihrer Sänfte herging und seine Haare unter den Hut steckte, so sehr, daß sie ihm allerley Gefälligkeiten erwies. Eines Tages fuhr sie in ihrer Kutsche spazieren, und Thomas stand hinten auf. Der Kutscher verfehlete des Weges, und hielte vor einer privilegirten Capelle still, in welcher dieses Paar an einander verheirathet ward, und worauf Thomas in dem Wagen an der Seite seiner Frau wieder zu Hause kam. Zum Unglücke aber lehrete er sie das Brandteweintrinken, woran sie starb, nachdem sie vorher alles ihr Silberzeug versetzet, um Brandtewein dafür zu bekommen, und nun ist Thomas bey einem Malzhändler Tagelöhner.
Boucher, der berühmte Spieler, war ein anderer aus unserer Brüderschaft, und wie er 50000 Gulden reich war: so mußte sich der Herzog von *** alle Tage auf das unverschämteste wegen einer rückständigen Schuld seines Lohns, den er in seinen Diensten verdienet, mahnen lassen. Ich könnte noch viele zum Exempel anführen, und insonderheit einen, dessen Sohn eine von den vornehmsten Stellen bey Hofe hat. Es ist aber genug, daß ich euch folgenden Rath gebe, der darinn bestehet, gegen jedweden frech und grob zu seyn, insonderheit gegen den Beichtvater, gegen das Folgemädgen und gegen alle Bediente in vornehmer Leute
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