Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.dort eine Capelle zu errichten. Das geschah, und die Pferdejungen des Dorfes sammelten das Geld dazu. Solches gefiel der Heiligen gar sehr, und sie that fortan durch ihr Bildniß in der Capelle viele Wunderwerke. Dieß wurde bald bekannt in der Gegend, und es bekam auch eine Gräfin davon zu hören, die sehr reich, aber blind war. Die unternahm deshalb schnell eine Reise nach Levenhagen, und gelobte in ihrem Herzen der Mutter Maria, sie wolle der Capelle ein großes Geschenk geben, wenn sie wieder sehend werde. Da trug es sich zu, daß, wie sie noch nicht einmal ganz bis zum Dorfe gekommen war, sie ihr Gesicht schon wieder erhielt. Die Gräfin war aber geizigen Herzens, und sie dachte jetzt, da sie ihre Augen wieder habe, so könne sie nur gleich wieder umkehren, und ihr Geld für sich behalten. Das that sie auch. Aber was geschah? So wie sie sich umgedrehet hatte, wurde sie wieder blind, wie sie vorher gewesen war. Und das blieb sie; denn es half ihr nun nichts mehr, daß sie noch nach der Capelle hinfuhr, und all ihr Geld und Gut versprach. Die Leute sagen, daß die Heilige seit der Zeit zu Levenhagen kein Wunder mehr verrichte. Manche glauben aber doch noch daran, wenigstens halb und halb, und sie meinen, es hülfe ihnen, wenn sie ein Opfer in die Mauern der Capelle hinein stecken. Darum findet man denn auch zu Zeiten darin allerlei Gaben. Biederstedt, Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Pommern II. S. 86. Acten der Pom. Gesellsch. für Gesch. und Alterth.- Kunde. 71. Die Kirche zu Cablitz. Die Pfarrkirche zu Cablitz war früher eine Mönchskirche, bis sie um das Jahr 1600, nachdem der damalige Herzog von Pommern für einen neuen Pfarrer 500 Gulden geschenkt dort eine Capelle zu errichten. Das geschah, und die Pferdejungen des Dorfes sammelten das Geld dazu. Solches gefiel der Heiligen gar sehr, und sie that fortan durch ihr Bildniß in der Capelle viele Wunderwerke. Dieß wurde bald bekannt in der Gegend, und es bekam auch eine Gräfin davon zu hören, die sehr reich, aber blind war. Die unternahm deshalb schnell eine Reise nach Levenhagen, und gelobte in ihrem Herzen der Mutter Maria, sie wolle der Capelle ein großes Geschenk geben, wenn sie wieder sehend werde. Da trug es sich zu, daß, wie sie noch nicht einmal ganz bis zum Dorfe gekommen war, sie ihr Gesicht schon wieder erhielt. Die Gräfin war aber geizigen Herzens, und sie dachte jetzt, da sie ihre Augen wieder habe, so könne sie nur gleich wieder umkehren, und ihr Geld für sich behalten. Das that sie auch. Aber was geschah? So wie sie sich umgedrehet hatte, wurde sie wieder blind, wie sie vorher gewesen war. Und das blieb sie; denn es half ihr nun nichts mehr, daß sie noch nach der Capelle hinfuhr, und all ihr Geld und Gut versprach. Die Leute sagen, daß die Heilige seit der Zeit zu Levenhagen kein Wunder mehr verrichte. Manche glauben aber doch noch daran, wenigstens halb und halb, und sie meinen, es hülfe ihnen, wenn sie ein Opfer in die Mauern der Capelle hinein stecken. Darum findet man denn auch zu Zeiten darin allerlei Gaben. Biederstedt, Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Pommern II. S. 86. Acten der Pom. Gesellsch. für Gesch. und Alterth.- Kunde. 71. Die Kirche zu Cablitz. Die Pfarrkirche zu Cablitz war früher eine Mönchskirche, bis sie um das Jahr 1600, nachdem der damalige Herzog von Pommern für einen neuen Pfarrer 500 Gulden geschenkt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="110"/> dort eine Capelle zu errichten. Das geschah, und die Pferdejungen des Dorfes sammelten das Geld dazu. 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Die Leute sagen, daß die Heilige seit der Zeit zu Levenhagen kein Wunder mehr verrichte. Manche glauben aber doch noch daran, wenigstens halb und halb, und sie meinen, es hülfe ihnen, wenn sie ein Opfer in die Mauern der Capelle hinein stecken. Darum findet man denn auch zu Zeiten darin allerlei Gaben.</p> <listBibl> <bibl>Biederstedt, Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Pommern II. S. 86.</bibl><lb/> <bibl>Acten der Pom. Gesellsch. für Gesch. und Alterth.- Kunde.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>71. Die Kirche zu Cablitz.</head><lb/> <p>Die Pfarrkirche zu Cablitz war früher eine Mönchskirche, bis sie um das Jahr 1600, nachdem der damalige Herzog von Pommern für einen neuen Pfarrer 500 Gulden geschenkt </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0142]
dort eine Capelle zu errichten. Das geschah, und die Pferdejungen des Dorfes sammelten das Geld dazu. Solches gefiel der Heiligen gar sehr, und sie that fortan durch ihr Bildniß in der Capelle viele Wunderwerke.
Dieß wurde bald bekannt in der Gegend, und es bekam auch eine Gräfin davon zu hören, die sehr reich, aber blind war. Die unternahm deshalb schnell eine Reise nach Levenhagen, und gelobte in ihrem Herzen der Mutter Maria, sie wolle der Capelle ein großes Geschenk geben, wenn sie wieder sehend werde. Da trug es sich zu, daß, wie sie noch nicht einmal ganz bis zum Dorfe gekommen war, sie ihr Gesicht schon wieder erhielt. Die Gräfin war aber geizigen Herzens, und sie dachte jetzt, da sie ihre Augen wieder habe, so könne sie nur gleich wieder umkehren, und ihr Geld für sich behalten. Das that sie auch. Aber was geschah? So wie sie sich umgedrehet hatte, wurde sie wieder blind, wie sie vorher gewesen war. Und das blieb sie; denn es half ihr nun nichts mehr, daß sie noch nach der Capelle hinfuhr, und all ihr Geld und Gut versprach. Die Leute sagen, daß die Heilige seit der Zeit zu Levenhagen kein Wunder mehr verrichte. Manche glauben aber doch noch daran, wenigstens halb und halb, und sie meinen, es hülfe ihnen, wenn sie ein Opfer in die Mauern der Capelle hinein stecken. Darum findet man denn auch zu Zeiten darin allerlei Gaben.
Biederstedt, Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Pommern II. S. 86.
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Die Pfarrkirche zu Cablitz war früher eine Mönchskirche, bis sie um das Jahr 1600, nachdem der damalige Herzog von Pommern für einen neuen Pfarrer 500 Gulden geschenkt
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Zitationshilfe: | Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/142>, abgerufen am 16.02.2025. |