Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

sandte sie zu ihrem Oheim, dem Bischof von Cammin, und bat ihn um seinen geistlichen Beistand und Segen. Der Bischof erschien auch alsbald an ihrem Lager, und vertrieb den Teufel blos dadurch, daß er ihr die Fabel von der Mutter erzählte, die ihr Kind dem Wolf wollte geben, welches der Wolf hörte und wahr meinte, und darauf wartete. Also stelle sich auch, sagte er, unser Herr Gott, als wolle er sie dem Teufel übergeben, und der Teufel harre vergebens darauf. Als dieses der Teufel zu hören bekam, da zog er von dannen, und ist nicht wieder gekommen.

v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte (Historie v.d. Grafschaft Sützkow), S. 742.
77. Die hochmüthige Edelfrau zu Wusseken.

Vor vielen Jahren war zu Wusseken am Jamundschen See eine sehr hochmüthige Edelfrau. Als dieselbe eines Tages zum heiligen Abendmahl ging und vor den Altar trat, da kam ein Schweinehirt gerade vor ihr zu sitzen, also daß der Priester ihm eher denn ihr das Abendmal hätte reichen müssen. Darüber wurde die Frau in ihrem Hochmuthe so wüthig, daß sie den Schweinehirten mit Gewalt zurückstieß, und zwar dergestalt, daß die Hostie dem Priester aus der Hand und zur Erde fiel. Allein der Zorn des Himmels über solche Frechheit offenbarte sich auf der Stelle. Denn die hingefallene Hostie war auf einmal blutig geworden, und die Edelfrau sank eben so plötzlich bis an die Kniee in die Erde hinein. Daraus konnte sie auch nicht eher wieder befreiet oder erlöset werden, als bis sie die Buße that, die ihr auferlegt wurde, und eine Pilgerfahrt nach Rom gelobte, um sich vom Papste selbst Ablaß für ihren Frevel zu holen. - Die Hostie aber wurde von der Erde aufgehoben, und weil sich ein Wunder des Himmels an ihr offenbart hatte, in eine Monstranz gelegt und

sandte sie zu ihrem Oheim, dem Bischof von Cammin, und bat ihn um seinen geistlichen Beistand und Segen. Der Bischof erschien auch alsbald an ihrem Lager, und vertrieb den Teufel blos dadurch, daß er ihr die Fabel von der Mutter erzählte, die ihr Kind dem Wolf wollte geben, welches der Wolf hörte und wahr meinte, und darauf wartete. Also stelle sich auch, sagte er, unser Herr Gott, als wolle er sie dem Teufel übergeben, und der Teufel harre vergebens darauf. Als dieses der Teufel zu hören bekam, da zog er von dannen, und ist nicht wieder gekommen.

v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte (Historie v.d. Grafschaft Sützkow), S. 742.
77. Die hochmüthige Edelfrau zu Wusseken.

Vor vielen Jahren war zu Wusseken am Jamundschen See eine sehr hochmüthige Edelfrau. Als dieselbe eines Tages zum heiligen Abendmahl ging und vor den Altar trat, da kam ein Schweinehirt gerade vor ihr zu sitzen, also daß der Priester ihm eher denn ihr das Abendmal hätte reichen müssen. Darüber wurde die Frau in ihrem Hochmuthe so wüthig, daß sie den Schweinehirten mit Gewalt zurückstieß, und zwar dergestalt, daß die Hostie dem Priester aus der Hand und zur Erde fiel. Allein der Zorn des Himmels über solche Frechheit offenbarte sich auf der Stelle. Denn die hingefallene Hostie war auf einmal blutig geworden, und die Edelfrau sank eben so plötzlich bis an die Kniee in die Erde hinein. Daraus konnte sie auch nicht eher wieder befreiet oder erlöset werden, als bis sie die Buße that, die ihr auferlegt wurde, und eine Pilgerfahrt nach Rom gelobte, um sich vom Papste selbst Ablaß für ihren Frevel zu holen. – Die Hostie aber wurde von der Erde aufgehoben, und weil sich ein Wunder des Himmels an ihr offenbart hatte, in eine Monstranz gelegt und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0147" n="115"/>
sandte sie zu ihrem Oheim, dem Bischof von Cammin, und bat ihn um seinen geistlichen Beistand und Segen. Der Bischof erschien auch alsbald an ihrem Lager, und vertrieb den Teufel blos dadurch, daß er ihr die Fabel von der Mutter erzählte, die ihr Kind dem Wolf wollte geben, welches der Wolf hörte und wahr meinte, und darauf wartete. Also stelle sich auch, sagte er, unser Herr Gott, als wolle er sie dem Teufel übergeben, und der Teufel harre vergebens darauf. Als dieses der Teufel zu hören bekam, da zog er von dannen, und ist nicht wieder gekommen.</p>
          <listBibl>
            <bibl>v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte (Historie v.d. Grafschaft Sützkow), S. 742.</bibl><lb/>
          </listBibl>
        </div>
        <div n="2">
          <head>77. Die hochmüthige Edelfrau zu Wusseken.</head><lb/>
          <p>Vor vielen Jahren war zu Wusseken am Jamundschen See eine sehr hochmüthige Edelfrau. Als dieselbe eines Tages zum heiligen Abendmahl ging und vor den Altar trat, da kam ein Schweinehirt gerade vor ihr zu sitzen, also daß der Priester ihm eher denn ihr das Abendmal hätte reichen müssen. Darüber wurde die Frau in ihrem Hochmuthe so wüthig, daß sie den Schweinehirten mit Gewalt zurückstieß, und zwar dergestalt, daß die Hostie dem Priester aus der Hand und zur Erde fiel. Allein der Zorn des Himmels über solche Frechheit offenbarte sich auf der Stelle. Denn die hingefallene Hostie war auf einmal blutig geworden, und die Edelfrau sank eben so plötzlich bis an die Kniee in die Erde hinein. Daraus konnte sie auch nicht eher wieder befreiet oder erlöset werden, als bis sie die Buße that, die ihr auferlegt wurde, und eine Pilgerfahrt nach Rom gelobte, um sich vom Papste selbst Ablaß für ihren Frevel zu holen. &#x2013; Die Hostie aber wurde von der Erde aufgehoben, und weil sich ein Wunder des Himmels an ihr offenbart hatte, in eine Monstranz gelegt und
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0147] sandte sie zu ihrem Oheim, dem Bischof von Cammin, und bat ihn um seinen geistlichen Beistand und Segen. Der Bischof erschien auch alsbald an ihrem Lager, und vertrieb den Teufel blos dadurch, daß er ihr die Fabel von der Mutter erzählte, die ihr Kind dem Wolf wollte geben, welches der Wolf hörte und wahr meinte, und darauf wartete. Also stelle sich auch, sagte er, unser Herr Gott, als wolle er sie dem Teufel übergeben, und der Teufel harre vergebens darauf. Als dieses der Teufel zu hören bekam, da zog er von dannen, und ist nicht wieder gekommen. v. Schwarz, Pommersche Städte-Geschichte (Historie v.d. Grafschaft Sützkow), S. 742. 77. Die hochmüthige Edelfrau zu Wusseken. Vor vielen Jahren war zu Wusseken am Jamundschen See eine sehr hochmüthige Edelfrau. Als dieselbe eines Tages zum heiligen Abendmahl ging und vor den Altar trat, da kam ein Schweinehirt gerade vor ihr zu sitzen, also daß der Priester ihm eher denn ihr das Abendmal hätte reichen müssen. Darüber wurde die Frau in ihrem Hochmuthe so wüthig, daß sie den Schweinehirten mit Gewalt zurückstieß, und zwar dergestalt, daß die Hostie dem Priester aus der Hand und zur Erde fiel. Allein der Zorn des Himmels über solche Frechheit offenbarte sich auf der Stelle. Denn die hingefallene Hostie war auf einmal blutig geworden, und die Edelfrau sank eben so plötzlich bis an die Kniee in die Erde hinein. Daraus konnte sie auch nicht eher wieder befreiet oder erlöset werden, als bis sie die Buße that, die ihr auferlegt wurde, und eine Pilgerfahrt nach Rom gelobte, um sich vom Papste selbst Ablaß für ihren Frevel zu holen. – Die Hostie aber wurde von der Erde aufgehoben, und weil sich ein Wunder des Himmels an ihr offenbart hatte, in eine Monstranz gelegt und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/147
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/147>, abgerufen am 24.11.2024.