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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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und noch immer wollte das Röllchen nicht kleiner werden. Darüber verwunderte sie sich, und sie wollte doch sehen, wie viel Leinewand sie denn eigentlich noch hätte; sie maß deshalb weiter, nochmals drei Ellen, und wiederum so viel, und die Leinewand wollte noch immer nicht zu Ende gehen. Und das Wunderbarste war, daß sie immer weiter messen mußte, und gar nicht aufhören konnte, wenn sie auch gewollt hätte. So mußte sie denn stehen und messen, den ganzen Tag, und sie entsann sich nun der Worte des alten Mannes, den sie für einen Bettler gehalten hatte. Sie maß also lustig und fröhlich weiter, denn der Berg von Leinewand, den sie abmaß, wurde immer größer und größer, daß im Hause kein Platz mehr dafür war, und sie zuletzt bis vor die Thür und weit in das Feld hinein messen mußte, Alles von dem einen Röllchen, das in ihrem Koffer gelegen hatte. Das dauerte bis die Sonne unterging; da erst konnte sie aufhören; nun war sie aber auch eine reiche Frau.

Die Geschichte wurde bald bekannt, und auch die geizige Frau erfuhr sie. Die ärgerte sich recht boshaft in ihrem Sinne. Sie hatte aber den alten Bettler weggehen sehen, und sich die Gegend gemerkt, in die er gegangen war. Der Geiz und der Neid trieben sie daher, daß sie ihm nachlief, so böses Wetter es auch war. Sie fand ihn wirklich noch auf der Insel, denn bei dem Sturme hatte ihn Keiner übersetzen mögen. Sie redete ihn alsbald mit heuchlerischen Worten an, und bat ihn um Verzeihung, daß sie ihn des vorigen Abends nicht aufgenommen, und lud ihn ein, daß er für die folgende Nacht in ihrem Hause sein Quartier nehmen möge. Der alte Mann war das zufrieden, und kehrte mit ihr heim; und sie pflegte sein, und gab ihm vom Besten, was sie hatte. Denn sie dachte in ihrem heuchlerischen Sinne, daß er auch zu ihr sagen

und noch immer wollte das Röllchen nicht kleiner werden. Darüber verwunderte sie sich, und sie wollte doch sehen, wie viel Leinewand sie denn eigentlich noch hätte; sie maß deshalb weiter, nochmals drei Ellen, und wiederum so viel, und die Leinewand wollte noch immer nicht zu Ende gehen. Und das Wunderbarste war, daß sie immer weiter messen mußte, und gar nicht aufhören konnte, wenn sie auch gewollt hätte. So mußte sie denn stehen und messen, den ganzen Tag, und sie entsann sich nun der Worte des alten Mannes, den sie für einen Bettler gehalten hatte. Sie maß also lustig und fröhlich weiter, denn der Berg von Leinewand, den sie abmaß, wurde immer größer und größer, daß im Hause kein Platz mehr dafür war, und sie zuletzt bis vor die Thür und weit in das Feld hinein messen mußte, Alles von dem einen Röllchen, das in ihrem Koffer gelegen hatte. Das dauerte bis die Sonne unterging; da erst konnte sie aufhören; nun war sie aber auch eine reiche Frau.

Die Geschichte wurde bald bekannt, und auch die geizige Frau erfuhr sie. Die ärgerte sich recht boshaft in ihrem Sinne. Sie hatte aber den alten Bettler weggehen sehen, und sich die Gegend gemerkt, in die er gegangen war. Der Geiz und der Neid trieben sie daher, daß sie ihm nachlief, so böses Wetter es auch war. Sie fand ihn wirklich noch auf der Insel, denn bei dem Sturme hatte ihn Keiner übersetzen mögen. Sie redete ihn alsbald mit heuchlerischen Worten an, und bat ihn um Verzeihung, daß sie ihn des vorigen Abends nicht aufgenommen, und lud ihn ein, daß er für die folgende Nacht in ihrem Hause sein Quartier nehmen möge. Der alte Mann war das zufrieden, und kehrte mit ihr heim; und sie pflegte sein, und gab ihm vom Besten, was sie hatte. Denn sie dachte in ihrem heuchlerischen Sinne, daß er auch zu ihr sagen

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und noch immer wollte das Röllchen nicht kleiner werden. Darüber verwunderte sie sich, und sie wollte doch sehen, wie viel Leinewand sie denn eigentlich noch hätte; sie maß deshalb weiter, nochmals drei Ellen, und wiederum so viel, und die Leinewand wollte noch immer nicht zu Ende gehen. Und das Wunderbarste war, daß sie immer weiter messen mußte, und gar nicht aufhören konnte, wenn sie auch gewollt hätte. So mußte sie denn stehen und messen, den ganzen Tag, und sie entsann sich nun der Worte des alten Mannes, den sie für einen Bettler gehalten hatte. Sie maß also lustig und fröhlich weiter, denn der Berg von Leinewand, den sie abmaß, wurde immer größer und größer, daß im Hause kein Platz mehr dafür war, und sie zuletzt bis vor die Thür und weit in das Feld hinein messen mußte, Alles von dem einen Röllchen, das in ihrem Koffer gelegen hatte. Das dauerte bis die Sonne unterging; da erst konnte sie aufhören; nun war sie aber auch eine reiche Frau.</p>
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[168/0200] und noch immer wollte das Röllchen nicht kleiner werden. Darüber verwunderte sie sich, und sie wollte doch sehen, wie viel Leinewand sie denn eigentlich noch hätte; sie maß deshalb weiter, nochmals drei Ellen, und wiederum so viel, und die Leinewand wollte noch immer nicht zu Ende gehen. Und das Wunderbarste war, daß sie immer weiter messen mußte, und gar nicht aufhören konnte, wenn sie auch gewollt hätte. So mußte sie denn stehen und messen, den ganzen Tag, und sie entsann sich nun der Worte des alten Mannes, den sie für einen Bettler gehalten hatte. Sie maß also lustig und fröhlich weiter, denn der Berg von Leinewand, den sie abmaß, wurde immer größer und größer, daß im Hause kein Platz mehr dafür war, und sie zuletzt bis vor die Thür und weit in das Feld hinein messen mußte, Alles von dem einen Röllchen, das in ihrem Koffer gelegen hatte. Das dauerte bis die Sonne unterging; da erst konnte sie aufhören; nun war sie aber auch eine reiche Frau. Die Geschichte wurde bald bekannt, und auch die geizige Frau erfuhr sie. Die ärgerte sich recht boshaft in ihrem Sinne. Sie hatte aber den alten Bettler weggehen sehen, und sich die Gegend gemerkt, in die er gegangen war. Der Geiz und der Neid trieben sie daher, daß sie ihm nachlief, so böses Wetter es auch war. Sie fand ihn wirklich noch auf der Insel, denn bei dem Sturme hatte ihn Keiner übersetzen mögen. Sie redete ihn alsbald mit heuchlerischen Worten an, und bat ihn um Verzeihung, daß sie ihn des vorigen Abends nicht aufgenommen, und lud ihn ein, daß er für die folgende Nacht in ihrem Hause sein Quartier nehmen möge. Der alte Mann war das zufrieden, und kehrte mit ihr heim; und sie pflegte sein, und gab ihm vom Besten, was sie hatte. Denn sie dachte in ihrem heuchlerischen Sinne, daß er auch zu ihr sagen

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/200>, abgerufen am 27.11.2024.