Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

einhundert vier und zwanzig, unter dem Papste Calixtus und dem Kaiser Heinrich dem Fünften, als er mit vielen Begleitern, denn er wollte nicht armselig erscheinen wie Bernhardus, nach dem Lande zu Pommern zog. Er begab sich zuerst zu dem Pommerschen Herzoge Wartislav, der schon ein Christ war. Derselbe empfing ihn freundlich, und gab ihm auch seinen Feldobersten Paulitius mit mehrerem Gefolge mit, daß sie ihn unterstützen sollten, wenn die Pommern es sich möchten einfallen lassen, ihn ungebührlich zu behandeln. Also zog Sanct Otto weiter und kam zuerst gegen Abend nach Pyritz: allda waren an viertausend Menschen versammelt, die ein heidnisches Fest feierten. Als das der Bischof hörte, blieb er die Nacht draußen und zog erst am anderen Morgen zu den Leuten. Denen hielt er dann eine große und freundliche Anrede, sie beredend, daß sie ihre Götter verlassen und den wahren und einzigen Gott verehren sollten; der Oberst und die Räthe des Herzogs unterstützten ihn. Da geschah es denn wunderbarer Weise durch die Gnade Gottes, daß alle das versammelte Volk sogleich bereit war, sich taufen zu lassen und Christen zu werden. Darauf säumte der Bischof Otto auch nicht, und er begab sich schleunig an sein heiliges Werk. Dieß that er auf folgende Weise: Zuerst unterrichtete er, mit Hülfe seiner Mitpriester, das Volk sieben Tage lang, und ließ sie die Worte im kleinen Catechismus auswendig lernen. Danach legte er ihnen auf, drei Tage lang zu fasten. Wann sie so gefastet, dann mußten sie baden und reine Kleider anziehen, also daß sie nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit sauberem Leibe zur Taufe gehen möchten. Dann ließ er sie ihren Catechismus aufsagen und sie beten. Unterdeß hatte er drei Taufen zurichten lassen, eine jede besonders, nämlich eine für die Männer, die andere für die Frauen und Jungfrauen, und die dritte für die Knaben.

einhundert vier und zwanzig, unter dem Papste Calixtus und dem Kaiser Heinrich dem Fünften, als er mit vielen Begleitern, denn er wollte nicht armselig erscheinen wie Bernhardus, nach dem Lande zu Pommern zog. Er begab sich zuerst zu dem Pommerschen Herzoge Wartislav, der schon ein Christ war. Derselbe empfing ihn freundlich, und gab ihm auch seinen Feldobersten Paulitius mit mehrerem Gefolge mit, daß sie ihn unterstützen sollten, wenn die Pommern es sich möchten einfallen lassen, ihn ungebührlich zu behandeln. Also zog Sanct Otto weiter und kam zuerst gegen Abend nach Pyritz: allda waren an viertausend Menschen versammelt, die ein heidnisches Fest feierten. Als das der Bischof hörte, blieb er die Nacht draußen und zog erst am anderen Morgen zu den Leuten. Denen hielt er dann eine große und freundliche Anrede, sie beredend, daß sie ihre Götter verlassen und den wahren und einzigen Gott verehren sollten; der Oberst und die Räthe des Herzogs unterstützten ihn. Da geschah es denn wunderbarer Weise durch die Gnade Gottes, daß alle das versammelte Volk sogleich bereit war, sich taufen zu lassen und Christen zu werden. Darauf säumte der Bischof Otto auch nicht, und er begab sich schleunig an sein heiliges Werk. Dieß that er auf folgende Weise: Zuerst unterrichtete er, mit Hülfe seiner Mitpriester, das Volk sieben Tage lang, und ließ sie die Worte im kleinen Catechismus auswendig lernen. Danach legte er ihnen auf, drei Tage lang zu fasten. Wann sie so gefastet, dann mußten sie baden und reine Kleider anziehen, also daß sie nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit sauberem Leibe zur Taufe gehen möchten. Dann ließ er sie ihren Catechismus aufsagen und sie beten. Unterdeß hatte er drei Taufen zurichten lassen, eine jede besonders, nämlich eine für die Männer, die andere für die Frauen und Jungfrauen, und die dritte für die Knaben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="33"/>
einhundert vier und zwanzig, unter dem Papste Calixtus und dem Kaiser Heinrich dem Fünften, als er mit vielen Begleitern, denn er wollte nicht armselig erscheinen wie Bernhardus, nach dem Lande zu Pommern zog. Er begab sich zuerst zu dem Pommerschen Herzoge Wartislav, der schon ein Christ war. Derselbe empfing ihn freundlich, und gab ihm auch seinen Feldobersten Paulitius mit mehrerem Gefolge mit, daß sie ihn unterstützen sollten, wenn die Pommern es sich möchten einfallen lassen, ihn ungebührlich zu behandeln. Also zog Sanct Otto weiter und kam zuerst gegen Abend nach Pyritz: allda waren an viertausend Menschen versammelt, die ein heidnisches Fest feierten. Als das der Bischof hörte, blieb er die Nacht draußen und zog erst am anderen Morgen zu den Leuten. Denen hielt er dann eine große und freundliche Anrede, sie beredend, daß sie ihre Götter verlassen und den wahren und einzigen Gott verehren sollten; der Oberst und die Räthe des Herzogs unterstützten ihn. Da geschah es denn wunderbarer Weise durch die Gnade Gottes, daß alle das versammelte Volk sogleich bereit war, sich taufen zu lassen und Christen zu werden. Darauf säumte der Bischof Otto auch nicht, und er begab sich schleunig an sein heiliges Werk. Dieß that er auf folgende Weise: Zuerst unterrichtete er, mit Hülfe seiner Mitpriester, das Volk sieben Tage lang, und ließ sie die Worte im kleinen Catechismus auswendig lernen. Danach legte er ihnen auf, drei Tage lang zu fasten. Wann sie so gefastet, dann mußten sie baden und reine Kleider anziehen, also daß sie nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit sauberem Leibe zur Taufe gehen möchten. Dann ließ er sie ihren Catechismus aufsagen und sie beten. Unterdeß hatte er drei Taufen zurichten lassen, eine jede besonders, nämlich eine für die Männer, die andere für die Frauen und Jungfrauen, und die dritte für die Knaben.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0065] einhundert vier und zwanzig, unter dem Papste Calixtus und dem Kaiser Heinrich dem Fünften, als er mit vielen Begleitern, denn er wollte nicht armselig erscheinen wie Bernhardus, nach dem Lande zu Pommern zog. Er begab sich zuerst zu dem Pommerschen Herzoge Wartislav, der schon ein Christ war. Derselbe empfing ihn freundlich, und gab ihm auch seinen Feldobersten Paulitius mit mehrerem Gefolge mit, daß sie ihn unterstützen sollten, wenn die Pommern es sich möchten einfallen lassen, ihn ungebührlich zu behandeln. Also zog Sanct Otto weiter und kam zuerst gegen Abend nach Pyritz: allda waren an viertausend Menschen versammelt, die ein heidnisches Fest feierten. Als das der Bischof hörte, blieb er die Nacht draußen und zog erst am anderen Morgen zu den Leuten. Denen hielt er dann eine große und freundliche Anrede, sie beredend, daß sie ihre Götter verlassen und den wahren und einzigen Gott verehren sollten; der Oberst und die Räthe des Herzogs unterstützten ihn. Da geschah es denn wunderbarer Weise durch die Gnade Gottes, daß alle das versammelte Volk sogleich bereit war, sich taufen zu lassen und Christen zu werden. Darauf säumte der Bischof Otto auch nicht, und er begab sich schleunig an sein heiliges Werk. Dieß that er auf folgende Weise: Zuerst unterrichtete er, mit Hülfe seiner Mitpriester, das Volk sieben Tage lang, und ließ sie die Worte im kleinen Catechismus auswendig lernen. Danach legte er ihnen auf, drei Tage lang zu fasten. Wann sie so gefastet, dann mußten sie baden und reine Kleider anziehen, also daß sie nicht nur mit reinem Herzen, sondern auch mit sauberem Leibe zur Taufe gehen möchten. Dann ließ er sie ihren Catechismus aufsagen und sie beten. Unterdeß hatte er drei Taufen zurichten lassen, eine jede besonders, nämlich eine für die Männer, die andere für die Frauen und Jungfrauen, und die dritte für die Knaben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/65
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/65>, abgerufen am 24.11.2024.