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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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welcher der Bischof gestanden hatte, und erhielt augenblicklich seine Gesundheit wieder.

An einem Feiertage, nämlich am Tage des heiligen Laurentius, sah ein Priester im Gefolge des Bischofs, Namens Bocetis oder Bock, als er hinaus auf ein Landgut gegangen war, mehrere Landleute das Korn schneiden. Er redete sie an, belehrte sie, welch ein heiliger Feiertag heute sey, und ermahnte sie, daß sie die Arbeit unterlassen sollten. Allein der Aufseher, der über ihre Arbeit gestellt war, wollte das nicht leiden, und befahl ihnen, sie sollten weiter arbeiten. Da fiel auf einmal ein helles, grausames Feuer vom Himmel, und verzehrte nicht nur die noch stehende Saat, sondern auch die Ernte, die schon geschnitten war.

Derselbe Priester war nicht lange nachher wiederum aufs Land gegangen, wo er einen Mann und eine Frau bei der Kornernte traf. Und weil es an diesem Tage Mariä Himmelfahrt war, so wollte er sie an ihrer Arbeit hindern und er ermahnte sie, der Mutter Gottes die Ehre zu geben. Es war aber gerade an einem Montag. Da antwortete ihm der Bauer: Gestern durften wir nicht arbeiten, weil es Sonntag war, und heute sollen wir abermals nichts thun. Was ist das für eine Lehre, welche uns verbietet, unsere Früchte einzusammeln. Wie er also mitten in seinem Lästern war, und fortfuhr, das Getreide zu mähen, da stürzte er plötzlich todt in die Furche. Die Sichel, mit der er gearbeitet, behielt er in der rechten Hand, und die Saat, so er gerade abgeschnitten, in der linken. Man konnte auch beides nicht eher aus seinen Händen ziehen, als bis die ganze Gemeinde vor dem Geistlichen die Sünde des Mannes anerkannt hatte.

Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chr. I. 95.
Kanngießer, Gesch. v. Pomm. S. 800-804.

welcher der Bischof gestanden hatte, und erhielt augenblicklich seine Gesundheit wieder.

An einem Feiertage, nämlich am Tage des heiligen Laurentius, sah ein Priester im Gefolge des Bischofs, Namens Bocetis oder Bock, als er hinaus auf ein Landgut gegangen war, mehrere Landleute das Korn schneiden. Er redete sie an, belehrte sie, welch ein heiliger Feiertag heute sey, und ermahnte sie, daß sie die Arbeit unterlassen sollten. Allein der Aufseher, der über ihre Arbeit gestellt war, wollte das nicht leiden, und befahl ihnen, sie sollten weiter arbeiten. Da fiel auf einmal ein helles, grausames Feuer vom Himmel, und verzehrte nicht nur die noch stehende Saat, sondern auch die Ernte, die schon geschnitten war.

Derselbe Priester war nicht lange nachher wiederum aufs Land gegangen, wo er einen Mann und eine Frau bei der Kornernte traf. Und weil es an diesem Tage Mariä Himmelfahrt war, so wollte er sie an ihrer Arbeit hindern und er ermahnte sie, der Mutter Gottes die Ehre zu geben. Es war aber gerade an einem Montag. Da antwortete ihm der Bauer: Gestern durften wir nicht arbeiten, weil es Sonntag war, und heute sollen wir abermals nichts thun. Was ist das für eine Lehre, welche uns verbietet, unsere Früchte einzusammeln. Wie er also mitten in seinem Lästern war, und fortfuhr, das Getreide zu mähen, da stürzte er plötzlich todt in die Furche. Die Sichel, mit der er gearbeitet, behielt er in der rechten Hand, und die Saat, so er gerade abgeschnitten, in der linken. Man konnte auch beides nicht eher aus seinen Händen ziehen, als bis die ganze Gemeinde vor dem Geistlichen die Sünde des Mannes anerkannt hatte.

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[52/0084] welcher der Bischof gestanden hatte, und erhielt augenblicklich seine Gesundheit wieder. An einem Feiertage, nämlich am Tage des heiligen Laurentius, sah ein Priester im Gefolge des Bischofs, Namens Bocetis oder Bock, als er hinaus auf ein Landgut gegangen war, mehrere Landleute das Korn schneiden. Er redete sie an, belehrte sie, welch ein heiliger Feiertag heute sey, und ermahnte sie, daß sie die Arbeit unterlassen sollten. Allein der Aufseher, der über ihre Arbeit gestellt war, wollte das nicht leiden, und befahl ihnen, sie sollten weiter arbeiten. Da fiel auf einmal ein helles, grausames Feuer vom Himmel, und verzehrte nicht nur die noch stehende Saat, sondern auch die Ernte, die schon geschnitten war. Derselbe Priester war nicht lange nachher wiederum aufs Land gegangen, wo er einen Mann und eine Frau bei der Kornernte traf. Und weil es an diesem Tage Mariä Himmelfahrt war, so wollte er sie an ihrer Arbeit hindern und er ermahnte sie, der Mutter Gottes die Ehre zu geben. Es war aber gerade an einem Montag. Da antwortete ihm der Bauer: Gestern durften wir nicht arbeiten, weil es Sonntag war, und heute sollen wir abermals nichts thun. Was ist das für eine Lehre, welche uns verbietet, unsere Früchte einzusammeln. Wie er also mitten in seinem Lästern war, und fortfuhr, das Getreide zu mähen, da stürzte er plötzlich todt in die Furche. Die Sichel, mit der er gearbeitet, behielt er in der rechten Hand, und die Saat, so er gerade abgeschnitten, in der linken. Man konnte auch beides nicht eher aus seinen Händen ziehen, als bis die ganze Gemeinde vor dem Geistlichen die Sünde des Mannes anerkannt hatte. Cramer, Gr. Pomm. Kirch. Chr. I. 95. Kanngießer, Gesch. v. Pomm. S. 800-804.

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/84>, abgerufen am 21.11.2024.