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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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29. Wunderwerke des heiligen Otto.

Der heilige Bischof Otto, als er im Pommerlande zur Bekehrung der Heiden war, hat allda viele und große Wunderwerke verrichtet.

Einstmals, als er zu Julin gerade die Messe las, kam eine arme blinde Frau zu ihm, und bat ihn, daß sie wiederum möchte sehend werden. Als der Bischof solchen Glauben bei ihr fand, da befahl er ihr, sie sollte zur Kirche des heiligen Adalbert selbigen Ortes gehen, und die Glocke ziehen, um dadurch den heiligen Adalbert zu wecken, damit er ihr helfe. Das hat die Frau denn gethan, und wie sie eine Weile an der Glocke gezogen und dabei fleißig gebetet, so ist sie plötzlich durch ein großes Wunder sehend geworden. Als die Julinschen Bürger das erfahren, wollten sie die Heilung des Weibes dem Bischofe zuschreiben. Der verbot ihnen das aber und sprach: Ihr müßt wissen, daß ich kein Wunderthäter bin, sondern ein Sünder. Was Ihr gesehen habet, das ist allein den Verdiensten des heiligen Adalbert zuzuschreiben. Durch Solches wurden die Juliner in ihrem Glauben von Neuem befestigt.

Ein andermal brachte ein Edelmann seinen Sohn, der mondsüchtig war, zu dem Bischofe, und bat diesen, dem Knaben seinen Segen zu ertheilen, auf daß er wieder gesund werde. Er führte auch vier fettgeweidete Ochsen mit sich, die er dem Bischofe zum Geschenk machen wollte. Solches Geschenk schlug der Bischof zwar aus, den Knaben aber segnete er, und wies ihn an, daß er mit seinem Vater in das Gezelt gehe, in welchem die Gebeine der Heiligen aufbewahrt wurden, dort sollten sie beten und Gottes Barmherzigkeit anrufen. Also thaten sie, und der Kranke genesete von Stund' an.

Ein anderer Edelmann, der zuweilen an Verwirrung und Wahnsinn litt, warf sich auf der Stelle nieder, auf

29. Wunderwerke des heiligen Otto.

Der heilige Bischof Otto, als er im Pommerlande zur Bekehrung der Heiden war, hat allda viele und große Wunderwerke verrichtet.

Einstmals, als er zu Julin gerade die Messe las, kam eine arme blinde Frau zu ihm, und bat ihn, daß sie wiederum möchte sehend werden. Als der Bischof solchen Glauben bei ihr fand, da befahl er ihr, sie sollte zur Kirche des heiligen Adalbert selbigen Ortes gehen, und die Glocke ziehen, um dadurch den heiligen Adalbert zu wecken, damit er ihr helfe. Das hat die Frau denn gethan, und wie sie eine Weile an der Glocke gezogen und dabei fleißig gebetet, so ist sie plötzlich durch ein großes Wunder sehend geworden. Als die Julinschen Bürger das erfahren, wollten sie die Heilung des Weibes dem Bischofe zuschreiben. Der verbot ihnen das aber und sprach: Ihr müßt wissen, daß ich kein Wunderthäter bin, sondern ein Sünder. Was Ihr gesehen habet, das ist allein den Verdiensten des heiligen Adalbert zuzuschreiben. Durch Solches wurden die Juliner in ihrem Glauben von Neuem befestigt.

Ein andermal brachte ein Edelmann seinen Sohn, der mondsüchtig war, zu dem Bischofe, und bat diesen, dem Knaben seinen Segen zu ertheilen, auf daß er wieder gesund werde. Er führte auch vier fettgeweidete Ochsen mit sich, die er dem Bischofe zum Geschenk machen wollte. Solches Geschenk schlug der Bischof zwar aus, den Knaben aber segnete er, und wies ihn an, daß er mit seinem Vater in das Gezelt gehe, in welchem die Gebeine der Heiligen aufbewahrt wurden, dort sollten sie beten und Gottes Barmherzigkeit anrufen. Also thaten sie, und der Kranke genesete von Stund’ an.

Ein anderer Edelmann, der zuweilen an Verwirrung und Wahnsinn litt, warf sich auf der Stelle nieder, auf

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[51/0083] 29. Wunderwerke des heiligen Otto. Der heilige Bischof Otto, als er im Pommerlande zur Bekehrung der Heiden war, hat allda viele und große Wunderwerke verrichtet. Einstmals, als er zu Julin gerade die Messe las, kam eine arme blinde Frau zu ihm, und bat ihn, daß sie wiederum möchte sehend werden. Als der Bischof solchen Glauben bei ihr fand, da befahl er ihr, sie sollte zur Kirche des heiligen Adalbert selbigen Ortes gehen, und die Glocke ziehen, um dadurch den heiligen Adalbert zu wecken, damit er ihr helfe. Das hat die Frau denn gethan, und wie sie eine Weile an der Glocke gezogen und dabei fleißig gebetet, so ist sie plötzlich durch ein großes Wunder sehend geworden. Als die Julinschen Bürger das erfahren, wollten sie die Heilung des Weibes dem Bischofe zuschreiben. Der verbot ihnen das aber und sprach: Ihr müßt wissen, daß ich kein Wunderthäter bin, sondern ein Sünder. Was Ihr gesehen habet, das ist allein den Verdiensten des heiligen Adalbert zuzuschreiben. Durch Solches wurden die Juliner in ihrem Glauben von Neuem befestigt. Ein andermal brachte ein Edelmann seinen Sohn, der mondsüchtig war, zu dem Bischofe, und bat diesen, dem Knaben seinen Segen zu ertheilen, auf daß er wieder gesund werde. Er führte auch vier fettgeweidete Ochsen mit sich, die er dem Bischofe zum Geschenk machen wollte. Solches Geschenk schlug der Bischof zwar aus, den Knaben aber segnete er, und wies ihn an, daß er mit seinem Vater in das Gezelt gehe, in welchem die Gebeine der Heiligen aufbewahrt wurden, dort sollten sie beten und Gottes Barmherzigkeit anrufen. Also thaten sie, und der Kranke genesete von Stund’ an. Ein anderer Edelmann, der zuweilen an Verwirrung und Wahnsinn litt, warf sich auf der Stelle nieder, auf

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/83>, abgerufen am 24.11.2024.