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Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wenige billigten die Wahl und das Glück des schönen Findelkindes mit dem heidnischen Namen und unbekannter Herkunft. -- Einige dieser theilnehmenden Nachbarn standen jetzt neben dem Haublock in stummer Neugierde auf das Benehmen und die Unterhaltung des Freimeisters von Amsterdam mit dem Baas vom Zorgenhof.

Laßt uns gehen, drängte die ängstliche Frau Sara, ich bin schon müde vom langen Stehen.

Du hast Recht, Mutter, gab der Baas zu, mich verlangt nach einem frischen Trunk, und unseren Mädchen wird eine Schüssel Zuckerwaffeln auch nicht schlecht schmecken.

Der Meister Jan vertrat ihnen, höflich grüßend, den Weg. Ei, wie freut es mich, Euch endlich zu finden. Ihr dürft mir unmöglich die Freude versagen, dabei zu sein, wie ich zur Ehre meiner schönen Braut einen Kuchen hacke.

Der Zorgenwirth versuchte, mit Entschuldigungen dieser verdächtigen Gemeinschaft zu entgehen; aber der Scharfrichter ließ ihn nicht los; nach wiederholt dringendem Zureden zog der Freimeister seine Börse, hielt sie hoch und rief mit gewaltiger Stimme: Wer will gegen den Meister Jan von Amsterdam hacken? Ich wette hundert Dukaten, daß die Jevrouv Galinda Floor die schönste und ehrbarste Jungfrau in ganz Holland ist! Damit warf er die goldklingende Börse auf den Haublock.

Allgemeines Schweigen folgte dieser Herausfor-

Wenige billigten die Wahl und das Glück des schönen Findelkindes mit dem heidnischen Namen und unbekannter Herkunft. — Einige dieser theilnehmenden Nachbarn standen jetzt neben dem Haublock in stummer Neugierde auf das Benehmen und die Unterhaltung des Freimeisters von Amsterdam mit dem Baas vom Zorgenhof.

Laßt uns gehen, drängte die ängstliche Frau Sara, ich bin schon müde vom langen Stehen.

Du hast Recht, Mutter, gab der Baas zu, mich verlangt nach einem frischen Trunk, und unseren Mädchen wird eine Schüssel Zuckerwaffeln auch nicht schlecht schmecken.

Der Meister Jan vertrat ihnen, höflich grüßend, den Weg. Ei, wie freut es mich, Euch endlich zu finden. Ihr dürft mir unmöglich die Freude versagen, dabei zu sein, wie ich zur Ehre meiner schönen Braut einen Kuchen hacke.

Der Zorgenwirth versuchte, mit Entschuldigungen dieser verdächtigen Gemeinschaft zu entgehen; aber der Scharfrichter ließ ihn nicht los; nach wiederholt dringendem Zureden zog der Freimeister seine Börse, hielt sie hoch und rief mit gewaltiger Stimme: Wer will gegen den Meister Jan von Amsterdam hacken? Ich wette hundert Dukaten, daß die Jevrouv Galinda Floor die schönste und ehrbarste Jungfrau in ganz Holland ist! Damit warf er die goldklingende Börse auf den Haublock.

Allgemeines Schweigen folgte dieser Herausfor-

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[0055] Wenige billigten die Wahl und das Glück des schönen Findelkindes mit dem heidnischen Namen und unbekannter Herkunft. — Einige dieser theilnehmenden Nachbarn standen jetzt neben dem Haublock in stummer Neugierde auf das Benehmen und die Unterhaltung des Freimeisters von Amsterdam mit dem Baas vom Zorgenhof. Laßt uns gehen, drängte die ängstliche Frau Sara, ich bin schon müde vom langen Stehen. Du hast Recht, Mutter, gab der Baas zu, mich verlangt nach einem frischen Trunk, und unseren Mädchen wird eine Schüssel Zuckerwaffeln auch nicht schlecht schmecken. Der Meister Jan vertrat ihnen, höflich grüßend, den Weg. Ei, wie freut es mich, Euch endlich zu finden. Ihr dürft mir unmöglich die Freude versagen, dabei zu sein, wie ich zur Ehre meiner schönen Braut einen Kuchen hacke. Der Zorgenwirth versuchte, mit Entschuldigungen dieser verdächtigen Gemeinschaft zu entgehen; aber der Scharfrichter ließ ihn nicht los; nach wiederholt dringendem Zureden zog der Freimeister seine Börse, hielt sie hoch und rief mit gewaltiger Stimme: Wer will gegen den Meister Jan von Amsterdam hacken? Ich wette hundert Dukaten, daß die Jevrouv Galinda Floor die schönste und ehrbarste Jungfrau in ganz Holland ist! Damit warf er die goldklingende Börse auf den Haublock. Allgemeines Schweigen folgte dieser Herausfor-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/55>, abgerufen am 14.05.2024.