unmittelbaren Verbindung, daß so wie die Aktion die Wirkung zuerst hervorgebracht hat, so kann auch die letz- tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir also die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge- wahrwerden, so sehen wir unser Denken gleichsam von hinten, wir halten es vor uns durch seine gegenwärtig in uns bestehende Wirkung, und suchen es wieder zurück- zubringen und zu erneuern.
3) Jn den Vorstellungen entstehet keine Verände- rung, die nicht mit einer gewissen dazu gehörigen Mo- difikation des Gehirns verbunden ist, so wie auch umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von Rückwirkung auf die Seele verbunden ist, wodurch in dieser eine Empfindung oder ein Gefühl verursachet wird. Jch gebrauche hier diesen Satz nicht sowohl zu einem Beweis, als zur Erläuterung, und wer das Gehirn und die Seele noch als ein Einziges Wesen betrachtet, der darf nur die Redensarten abändern, so bleibet alles be- stehen, was hier behauptet wird. Wenn also von ei- nem auswärts gerichteten Bestreben der Denkkraft eine Veränderung in den Vorstellungen verursachet wird, so ist hiemit eine Veränderung in den Organen verbunden, die wiederum von der Seele empfunden werden kann. So ist es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion auf die Jdeen in der Seele selbst auf die nemliche Art entstehen könne, wie von einem Eindruck auf das Or- gan, den ein äußeres Objekt hervorbringet, eine Em- pfindung verursachet wird. Dieß würde das Gefühl des Denkens seyn, das Gefühl nemlich von der Wir- kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thä- tigkeit entstanden ist. Die Augenblicke des thätigen Denkens und des Gefühls dieser Thätigkeit sind verschie- den, oder lassen sich so ansehen. Diese Empfindung des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung
haben,
I.Band. D
der Vorſtellungen.
unmittelbaren Verbindung, daß ſo wie die Aktion die Wirkung zuerſt hervorgebracht hat, ſo kann auch die letz- tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir alſo die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge- wahrwerden, ſo ſehen wir unſer Denken gleichſam von hinten, wir halten es vor uns durch ſeine gegenwaͤrtig in uns beſtehende Wirkung, und ſuchen es wieder zuruͤck- zubringen und zu erneuern.
3) Jn den Vorſtellungen entſtehet keine Veraͤnde- rung, die nicht mit einer gewiſſen dazu gehoͤrigen Mo- difikation des Gehirns verbunden iſt, ſo wie auch umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von Ruͤckwirkung auf die Seele verbunden iſt, wodurch in dieſer eine Empfindung oder ein Gefuͤhl verurſachet wird. Jch gebrauche hier dieſen Satz nicht ſowohl zu einem Beweis, als zur Erlaͤuterung, und wer das Gehirn und die Seele noch als ein Einziges Weſen betrachtet, der darf nur die Redensarten abaͤndern, ſo bleibet alles be- ſtehen, was hier behauptet wird. Wenn alſo von ei- nem auswaͤrts gerichteten Beſtreben der Denkkraft eine Veraͤnderung in den Vorſtellungen verurſachet wird, ſo iſt hiemit eine Veraͤnderung in den Organen verbunden, die wiederum von der Seele empfunden werden kann. So iſt es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion auf die Jdeen in der Seele ſelbſt auf die nemliche Art entſtehen koͤnne, wie von einem Eindruck auf das Or- gan, den ein aͤußeres Objekt hervorbringet, eine Em- pfindung verurſachet wird. Dieß wuͤrde das Gefuͤhl des Denkens ſeyn, das Gefuͤhl nemlich von der Wir- kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thaͤ- tigkeit entſtanden iſt. Die Augenblicke des thaͤtigen Denkens und des Gefuͤhls dieſer Thaͤtigkeit ſind verſchie- den, oder laſſen ſich ſo anſehen. Dieſe Empfindung des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung
haben,
I.Band. D
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0109"n="49"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Vorſtellungen.</hi></fw><lb/>
unmittelbaren Verbindung, daß ſo wie die Aktion die<lb/>
Wirkung zuerſt hervorgebracht hat, ſo kann auch die letz-<lb/>
tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir<lb/>
alſo die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge-<lb/>
wahrwerden, ſo ſehen wir unſer Denken gleichſam von<lb/>
hinten, wir halten es vor uns durch ſeine gegenwaͤrtig in<lb/>
uns beſtehende Wirkung, und ſuchen es wieder zuruͤck-<lb/>
zubringen und zu erneuern.</p><lb/><p>3) Jn den Vorſtellungen entſtehet keine Veraͤnde-<lb/>
rung, die nicht mit einer gewiſſen dazu gehoͤrigen <hirendition="#fr">Mo-<lb/>
difikation des Gehirns</hi> verbunden iſt, ſo wie auch<lb/>
umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als<lb/>
dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von<lb/>
Ruͤckwirkung auf die Seele verbunden iſt, wodurch in<lb/>
dieſer eine Empfindung oder ein Gefuͤhl verurſachet wird.<lb/>
Jch gebrauche hier dieſen Satz nicht ſowohl zu einem<lb/>
Beweis, als zur Erlaͤuterung, und wer das Gehirn und<lb/>
die Seele noch als ein Einziges Weſen betrachtet, der<lb/>
darf nur die Redensarten abaͤndern, ſo bleibet alles be-<lb/>ſtehen, was hier behauptet wird. Wenn alſo von ei-<lb/>
nem auswaͤrts gerichteten Beſtreben der Denkkraft eine<lb/>
Veraͤnderung in den Vorſtellungen verurſachet wird, ſo<lb/>
iſt hiemit eine Veraͤnderung in den Organen verbunden,<lb/>
die wiederum von der Seele empfunden werden kann.<lb/>
So iſt es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion<lb/>
auf die Jdeen in der Seele ſelbſt auf die nemliche Art<lb/>
entſtehen koͤnne, wie von einem Eindruck auf das Or-<lb/>
gan, den ein aͤußeres Objekt hervorbringet, eine Em-<lb/>
pfindung verurſachet wird. Dieß wuͤrde das <hirendition="#fr">Gefuͤhl<lb/>
des Denkens</hi>ſeyn, das Gefuͤhl nemlich von der Wir-<lb/>
kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thaͤ-<lb/>
tigkeit entſtanden iſt. Die Augenblicke des thaͤtigen<lb/>
Denkens und des Gefuͤhls dieſer Thaͤtigkeit ſind verſchie-<lb/>
den, oder laſſen ſich ſo anſehen. Dieſe Empfindung<lb/>
des Denkens kann nun auch ihre <hirendition="#fr">Nachempfindung</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">I.</hi><hirendition="#fr">Band.</hi> D</fw><fwplace="bottom"type="catch">haben,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[49/0109]
der Vorſtellungen.
unmittelbaren Verbindung, daß ſo wie die Aktion die
Wirkung zuerſt hervorgebracht hat, ſo kann auch die letz-
tere wiederum ihre Aktion wieder erregen. Jndem wir
alſo die Folge des vorhergegangenen Denkens in uns ge-
wahrwerden, ſo ſehen wir unſer Denken gleichſam von
hinten, wir halten es vor uns durch ſeine gegenwaͤrtig in
uns beſtehende Wirkung, und ſuchen es wieder zuruͤck-
zubringen und zu erneuern.
3) Jn den Vorſtellungen entſtehet keine Veraͤnde-
rung, die nicht mit einer gewiſſen dazu gehoͤrigen Mo-
difikation des Gehirns verbunden iſt, ſo wie auch
umgekehrt eine jede Modifikation in dem Organ, als
dem Sitz der materiellen Jdeen, mit einer Art von
Ruͤckwirkung auf die Seele verbunden iſt, wodurch in
dieſer eine Empfindung oder ein Gefuͤhl verurſachet wird.
Jch gebrauche hier dieſen Satz nicht ſowohl zu einem
Beweis, als zur Erlaͤuterung, und wer das Gehirn und
die Seele noch als ein Einziges Weſen betrachtet, der
darf nur die Redensarten abaͤndern, ſo bleibet alles be-
ſtehen, was hier behauptet wird. Wenn alſo von ei-
nem auswaͤrts gerichteten Beſtreben der Denkkraft eine
Veraͤnderung in den Vorſtellungen verurſachet wird, ſo
iſt hiemit eine Veraͤnderung in den Organen verbunden,
die wiederum von der Seele empfunden werden kann.
So iſt es begreiflich, wie eine Empfindung der Aktion
auf die Jdeen in der Seele ſelbſt auf die nemliche Art
entſtehen koͤnne, wie von einem Eindruck auf das Or-
gan, den ein aͤußeres Objekt hervorbringet, eine Em-
pfindung verurſachet wird. Dieß wuͤrde das Gefuͤhl
des Denkens ſeyn, das Gefuͤhl nemlich von der Wir-
kung, die aus der unmittelbar vorhergegangenen Thaͤ-
tigkeit entſtanden iſt. Die Augenblicke des thaͤtigen
Denkens und des Gefuͤhls dieſer Thaͤtigkeit ſind verſchie-
den, oder laſſen ſich ſo anſehen. Dieſe Empfindung
des Denkens kann nun auch ihre Nachempfindung
haben,
I. Band. D
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/109>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.