diesen eröffnen neue Aussichten für den lang- sam forschenden Beobachter, und geben ihm Gelegenheit, Wege zu finden, wo sein Gang leichter ist. Der Systemmacher hat sie zu fürchten, da sie oft mit Gewalt durch seine Gewebe von Betrachtungen hindurch fahren, und es zerreißen; aber richtiges Raisonne- ment, auf wahre Beobachtungen gebauet, kann dabey sicher seyn. Dieß läßt sich nicht von Einfällen umwerfen.
Eine der vornehmsten Operationen bey der beobachtenden Methode bestehet in der Ver- allgemeinerung der besondern Erfahrungs- sätze, die aus einzelnen Fällen gezogen sind. Hievon hängt die Stärke der Methode ab. Die Beobachtung hat für sich allein nur mit dem Jndividuellen zu thun. Was hierinn enthalten ist, die Art, wie es hervorgebracht wird, und das Gesetz, wornach die Ursachen wirken, das lehret die Beobachtung. Aber dasselbige wird auf ganze Gattungen von Din- gen übertragen, von denen man weiß, daß sie den beobachteten ähnlich sind. Jst es die Vergleichung, welche diese Aehnlichkeit in ihrem ganzen Umfange zeiget, oder, erstrecket sich die beobachtete Aehnlichkeit auf die wesent- lichen Beschaffenheiten, von welchen auf die Aehnlichkeit in den übrigen Beschaffenheiten geschlossen werden kann, wie von der Aehnlich- keit der Ursachen, auf die Aehnlichkeit der Wir- kungsgesetze und der Wirkungen, und umge- kehrt, so hat die Allgemeinheit der Sätze ihre
nicht
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Vorrede.
dieſen eroͤffnen neue Ausſichten fuͤr den lang- ſam forſchenden Beobachter, und geben ihm Gelegenheit, Wege zu finden, wo ſein Gang leichter iſt. Der Syſtemmacher hat ſie zu fuͤrchten, da ſie oft mit Gewalt durch ſeine Gewebe von Betrachtungen hindurch fahren, und es zerreißen; aber richtiges Raiſonne- ment, auf wahre Beobachtungen gebauet, kann dabey ſicher ſeyn. Dieß laͤßt ſich nicht von Einfaͤllen umwerfen.
Eine der vornehmſten Operationen bey der beobachtenden Methode beſtehet in der Ver- allgemeinerung der beſondern Erfahrungs- ſaͤtze, die aus einzelnen Faͤllen gezogen ſind. Hievon haͤngt die Staͤrke der Methode ab. Die Beobachtung hat fuͤr ſich allein nur mit dem Jndividuellen zu thun. Was hierinn enthalten iſt, die Art, wie es hervorgebracht wird, und das Geſetz, wornach die Urſachen wirken, das lehret die Beobachtung. Aber daſſelbige wird auf ganze Gattungen von Din- gen uͤbertragen, von denen man weiß, daß ſie den beobachteten aͤhnlich ſind. Jſt es die Vergleichung, welche dieſe Aehnlichkeit in ihrem ganzen Umfange zeiget, oder, erſtrecket ſich die beobachtete Aehnlichkeit auf die weſent- lichen Beſchaffenheiten, von welchen auf die Aehnlichkeit in den uͤbrigen Beſchaffenheiten geſchloſſen werden kann, wie von der Aehnlich- keit der Urſachen, auf die Aehnlichkeit der Wir- kungsgeſetze und der Wirkungen, und umge- kehrt, ſo hat die Allgemeinheit der Saͤtze ihre
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[XIX/0023]
Vorrede.
dieſen eroͤffnen neue Ausſichten fuͤr den lang-
ſam forſchenden Beobachter, und geben ihm
Gelegenheit, Wege zu finden, wo ſein Gang
leichter iſt. Der Syſtemmacher hat ſie zu
fuͤrchten, da ſie oft mit Gewalt durch ſeine
Gewebe von Betrachtungen hindurch fahren,
und es zerreißen; aber richtiges Raiſonne-
ment, auf wahre Beobachtungen gebauet,
kann dabey ſicher ſeyn. Dieß laͤßt ſich nicht
von Einfaͤllen umwerfen.
Eine der vornehmſten Operationen bey der
beobachtenden Methode beſtehet in der Ver-
allgemeinerung der beſondern Erfahrungs-
ſaͤtze, die aus einzelnen Faͤllen gezogen ſind.
Hievon haͤngt die Staͤrke der Methode ab.
Die Beobachtung hat fuͤr ſich allein nur mit
dem Jndividuellen zu thun. Was hierinn
enthalten iſt, die Art, wie es hervorgebracht
wird, und das Geſetz, wornach die Urſachen
wirken, das lehret die Beobachtung. Aber
daſſelbige wird auf ganze Gattungen von Din-
gen uͤbertragen, von denen man weiß, daß
ſie den beobachteten aͤhnlich ſind. Jſt es die
Vergleichung, welche dieſe Aehnlichkeit in
ihrem ganzen Umfange zeiget, oder, erſtrecket
ſich die beobachtete Aehnlichkeit auf die weſent-
lichen Beſchaffenheiten, von welchen auf die
Aehnlichkeit in den uͤbrigen Beſchaffenheiten
geſchloſſen werden kann, wie von der Aehnlich-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/23>, abgerufen am 22.12.2024.
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