Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

und über das Denken.
sich auch hier zeigten, unterschied zwo Klassen von einfa-
chen Verhältnissen (relations). *) Zu der einen sollten
die eigentlichen Verhältnisse, die nemlich, welche aus
der Vergleichung der Dinge entspringen, die Jdenti-
tät und Diversität, Aehnlichkeit und Unähnlichkeit, mit
allen ihren Arten, die er Vergleichungsverhältniße
nannte, gehören. Unter die andern aber die Beziehun-
gen gebracht werden, die ihren Grund in einer wirkli-
chen Verknüpfung der Objekte haben, dergleichen die
Dependenz, die Ordnung, die Verbindung der Dinge
zu einem Ganzen, ihre Stellung und Lagen u. s. f. sind.
Er nannte sie Verhältnisse aus der Verbindung
(relations de concours). Diese Abtheilung giebt der Sa-
che schon etwas mehr Licht. Aber ist sie vollständig?
Wie kann die ursachliche Verbindung mit den un-
wirksamen Beziehungen,
die von der verschiede-
nen Art der bloßen Mitwirklichkeit
abhange, und
Folgen des gleichzeitigen Daseyns mehrerer Dinge sind,
in Eine gemeinschaftliche Gattung zusammen gebracht
werden, da diese beiden letztern Klassen eben so wesent-
lich von einander, als beide von der ersten Klasse der
Verhältnisse, aus der Vergleichung, unterschieden sind?
Leibnitz hatte nun zwar, wie Wolf und andere Phi-
losophen nach ihm, die Meinung, die Mitwirklich-
keitsarten,
und die daraus entstehende unwirksame Be-
ziehungen, welche durch Raum und Zeit bestimmet wer-

den,
*) Essais sur l'entendement humain lib. II. p. 98. Selon
mon sens la Relation est plus generale, que la com-
paraison. Car les Relations sont ou de comparaison
ou de concours. Les premieres regardent la convenance
ou disconvenance (je prens ces termes dans un sens
moins etendau) qui comprend la ressemblance, l'egalite,
l'inegalite, etc. Les secondes renferment quelque
liaison, comme de la cause et de l'effet, du tout et
des parties, de la situation et de l'ordre, etc.

und uͤber das Denken.
ſich auch hier zeigten, unterſchied zwo Klaſſen von einfa-
chen Verhaͤltniſſen (relations). *) Zu der einen ſollten
die eigentlichen Verhaͤltniſſe, die nemlich, welche aus
der Vergleichung der Dinge entſpringen, die Jdenti-
taͤt und Diverſitaͤt, Aehnlichkeit und Unaͤhnlichkeit, mit
allen ihren Arten, die er Vergleichungsverhaͤltniße
nannte, gehoͤren. Unter die andern aber die Beziehun-
gen gebracht werden, die ihren Grund in einer wirkli-
chen Verknuͤpfung der Objekte haben, dergleichen die
Dependenz, die Ordnung, die Verbindung der Dinge
zu einem Ganzen, ihre Stellung und Lagen u. ſ. f. ſind.
Er nannte ſie Verhaͤltniſſe aus der Verbindung
(relations de concours). Dieſe Abtheilung giebt der Sa-
che ſchon etwas mehr Licht. Aber iſt ſie vollſtaͤndig?
Wie kann die urſachliche Verbindung mit den un-
wirkſamen Beziehungen,
die von der verſchiede-
nen Art der bloßen Mitwirklichkeit
abhange, und
Folgen des gleichzeitigen Daſeyns mehrerer Dinge ſind,
in Eine gemeinſchaftliche Gattung zuſammen gebracht
werden, da dieſe beiden letztern Klaſſen eben ſo weſent-
lich von einander, als beide von der erſten Klaſſe der
Verhaͤltniſſe, aus der Vergleichung, unterſchieden ſind?
Leibnitz hatte nun zwar, wie Wolf und andere Phi-
loſophen nach ihm, die Meinung, die Mitwirklich-
keitsarten,
und die daraus entſtehende unwirkſame Be-
ziehungen, welche durch Raum und Zeit beſtimmet wer-

den,
*) Eſſais ſur l’entendement humain lib. II. p. 98. Selon
mon ſens la Relation eſt plus generale, que la com-
paraiſon. Car les Relations ſont ou de comparaiſon
ou de concours. Les premieres regardent la convenance
ou disconvenance (je prens ces termes dans un ſens
moins étendû) qui comprend la reſſemblance, l’égalité,
l’inégalité, etc. Les ſecondes renferment quelque
liaiſon, comme de la cauſe et de l’effet, du tout et
des parties, de la ſituation et de l’ordre, etc.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0391" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und u&#x0364;ber das Denken.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ich auch hier zeigten, unter&#x017F;chied zwo Kla&#x017F;&#x017F;en von einfa-<lb/>
chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en (<hi rendition="#aq">relations</hi>). <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">E&#x017F;&#x017F;ais &#x017F;ur l&#x2019;entendement humain</hi> lib. II. p. 98. Selon<lb/>
mon &#x017F;ens la <hi rendition="#i">Relation</hi> e&#x017F;t plus generale, que la com-<lb/>
parai&#x017F;on. Car les <hi rendition="#i">Relations</hi> &#x017F;ont ou de <hi rendition="#i">comparai&#x017F;on</hi><lb/>
ou de <hi rendition="#i">concours.</hi> Les <hi rendition="#i">premieres</hi> regardent la <hi rendition="#i">convenance</hi><lb/>
ou <hi rendition="#i">disconvenance</hi> (je prens ces termes dans un &#x017F;ens<lb/>
moins étendû) qui comprend la re&#x017F;&#x017F;emblance, l&#x2019;égalité,<lb/>
l&#x2019;inégalité, etc. Les <hi rendition="#i">&#x017F;econdes</hi> renferment quelque<lb/>
liai&#x017F;on, comme de la cau&#x017F;e et de l&#x2019;effet, du tout et<lb/>
des parties, de la &#x017F;ituation et de l&#x2019;ordre, etc.</hi></note> Zu der einen &#x017F;ollten<lb/>
die eigentlichen <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e,</hi> die nemlich, welche aus<lb/>
der <hi rendition="#fr">Vergleichung</hi> der Dinge ent&#x017F;pringen, die Jdenti-<lb/>
ta&#x0364;t und Diver&#x017F;ita&#x0364;t, Aehnlichkeit und Una&#x0364;hnlichkeit, mit<lb/>
allen ihren Arten, die er <hi rendition="#fr">Vergleichungsverha&#x0364;ltniße</hi><lb/>
nannte, geho&#x0364;ren. Unter die andern aber die Beziehun-<lb/>
gen gebracht werden, die ihren Grund in einer wirkli-<lb/>
chen <hi rendition="#fr">Verknu&#x0364;pfung</hi> der Objekte haben, dergleichen die<lb/>
Dependenz, die Ordnung, die Verbindung der Dinge<lb/>
zu einem Ganzen, ihre Stellung und Lagen u. &#x017F;. f. &#x017F;ind.<lb/>
Er nannte &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e aus der Verbindung</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">relations de concours</hi>). Die&#x017F;e Abtheilung giebt der Sa-<lb/>
che &#x017F;chon etwas mehr Licht. Aber i&#x017F;t &#x017F;ie voll&#x017F;ta&#x0364;ndig?<lb/>
Wie kann die <hi rendition="#fr">ur&#x017F;achliche Verbindung</hi> mit den <hi rendition="#fr">un-<lb/>
wirk&#x017F;amen Beziehungen,</hi> die von der <hi rendition="#fr">ver&#x017F;chiede-<lb/>
nen Art der bloßen Mitwirklichkeit</hi> abhange, und<lb/>
Folgen des gleichzeitigen Da&#x017F;eyns mehrerer Dinge &#x017F;ind,<lb/>
in Eine gemein&#x017F;chaftliche Gattung zu&#x017F;ammen gebracht<lb/>
werden, da die&#x017F;e beiden letztern Kla&#x017F;&#x017F;en eben &#x017F;o we&#x017F;ent-<lb/>
lich von einander, als beide von der er&#x017F;ten Kla&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, aus der Vergleichung, unter&#x017F;chieden &#x017F;ind?<lb/><hi rendition="#fr">Leibnitz</hi> hatte nun zwar, wie <hi rendition="#fr">Wolf</hi> und andere Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophen nach ihm, die Meinung, die <hi rendition="#fr">Mitwirklich-<lb/>
keitsarten,</hi> und die daraus ent&#x017F;tehende unwirk&#x017F;ame Be-<lb/>
ziehungen, welche durch Raum und Zeit be&#x017F;timmet wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0391] und uͤber das Denken. ſich auch hier zeigten, unterſchied zwo Klaſſen von einfa- chen Verhaͤltniſſen (relations). *) Zu der einen ſollten die eigentlichen Verhaͤltniſſe, die nemlich, welche aus der Vergleichung der Dinge entſpringen, die Jdenti- taͤt und Diverſitaͤt, Aehnlichkeit und Unaͤhnlichkeit, mit allen ihren Arten, die er Vergleichungsverhaͤltniße nannte, gehoͤren. Unter die andern aber die Beziehun- gen gebracht werden, die ihren Grund in einer wirkli- chen Verknuͤpfung der Objekte haben, dergleichen die Dependenz, die Ordnung, die Verbindung der Dinge zu einem Ganzen, ihre Stellung und Lagen u. ſ. f. ſind. Er nannte ſie Verhaͤltniſſe aus der Verbindung (relations de concours). Dieſe Abtheilung giebt der Sa- che ſchon etwas mehr Licht. Aber iſt ſie vollſtaͤndig? Wie kann die urſachliche Verbindung mit den un- wirkſamen Beziehungen, die von der verſchiede- nen Art der bloßen Mitwirklichkeit abhange, und Folgen des gleichzeitigen Daſeyns mehrerer Dinge ſind, in Eine gemeinſchaftliche Gattung zuſammen gebracht werden, da dieſe beiden letztern Klaſſen eben ſo weſent- lich von einander, als beide von der erſten Klaſſe der Verhaͤltniſſe, aus der Vergleichung, unterſchieden ſind? Leibnitz hatte nun zwar, wie Wolf und andere Phi- loſophen nach ihm, die Meinung, die Mitwirklich- keitsarten, und die daraus entſtehende unwirkſame Be- ziehungen, welche durch Raum und Zeit beſtimmet wer- den, *) Eſſais ſur l’entendement humain lib. II. p. 98. Selon mon ſens la Relation eſt plus generale, que la com- paraiſon. Car les Relations ſont ou de comparaiſon ou de concours. Les premieres regardent la convenance ou disconvenance (je prens ces termes dans un ſens moins étendû) qui comprend la reſſemblance, l’égalité, l’inégalité, etc. Les ſecondes renferment quelque liaiſon, comme de la cauſe et de l’effet, du tout et des parties, de la ſituation et de l’ordre, etc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/391
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/391>, abgerufen am 22.12.2024.